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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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hatte, aus Angst, ich würde Schwierigkeiten bekommen, wenn ich irgendetwas berührte und dadurch in seiner Pracht befleckte.
    Ich musste stehen bleiben und auf Keen und Casper warten. Sie waren so fasziniert von ihrer Umgebung, dass sie sich mehr wie Futtersklaven vom Lande benahmen denn wie ordentliche Diener.
    »Nicht zurückbleiben, meine kleinen Snacks«, mahnte ich in meinem kultiviertesten Tonfall. Ein Mitglied der Milizija kam auf uns zu und klopfte mit seinem Schlagstock leicht gegen die zahlreichen Medaillen auf seiner eleganten Uniformjacke. »Es ist ihr erstes Mal in unserer großartigen Stadt«, sagte ich kokett zu ihm, als würden wir beide uns über einen großartigen Witz amüsieren. »Können Sie sich das vorstellen?«
    »Leinen könnten da sinnvoll sein, gnädige Dame«, antwortete er höflich, während er Keens schmuddeligen Aufzug beäugte.
    »Ich werde mich darum kümmern, danke.«
    Vielleicht hatte ich ein wenig zu viel Spaß dabei, als ich Keen am Kragen mit mir schleppte und ihr eine Warnung ins Ohr zischte.
    »Benimm dich, oder man wird dich festnehmen«, sagte ich, und der Ausdruck in ihrem Gesicht war unbezahlbar. Es war eine sehr reale Drohung, doch natürlich galt die nur für freie Pinkies und nur auf den eleganteren Straßen.
    Danach ging ich schneller und drängte sie, sich ebenfalls zu beeilen. Es war schon zu lange her, seit ich auf einen frostländischen Kalender geschaut hatte, und so wusste ich nicht, wie viele Tage es noch bis zum Ball des Zuckerschnees sein mochten. Wir hatten ihn noch nicht verpasst, denn die Luft roch noch nicht nach Schnee und die Straßen waren warm und trocken unter meinen Stiefeln. Aber es war nicht mehr viel Zeit, und man konnte nie wissen, wie sich das Wetter änderte. Je früher wir mein altes Kindermädchen ausfindig machten, desto besser. Verusha sah und hörte mehr als jede andere lebende Seele.
    Es war schwierig, die großen Prachtstraßen entlangzugehen, ohne sich an den vielen Schönheiten der Weißen Stadt zu erfreuen. Wir hatten die meisten Sommer dort verbracht, und ich wusste genau, welche Läden die schönsten Hüte im Angebot hatten, die weichsten Tanzschuhe und die Haarkämme mit dem feinsten Federschmuck. Vor einer meiner Lieblingsboutiquen begegneten wir einer vornehmen Dame, die an einer juwelenbesetzten Leine ein kostbares kleines Pinkiemädchen mitführte, ein Anblick so hübsch, wie er nur sein konnte, und ich holte tief und anerkennend Luft. Reinlichkeit, ein guter Stammbaum und ein Verständnis des eigenen Status zeichneten königliche Diener höchster Qualität aus.
    Doch als ich genauer hinsah, bemerkte ich, wie das Halsband sich in den zarten weißen Hals des Kindes drückte und dort ein rotes Mal hinterließ. Eigentlich hätte das meinen Hunger anregen sollen, doch nun empfand ich einfach nur Mitleid. In dem Kind erkannte ich ein Spiegelbild von Keen – doch gebrochen und gezähmt. Das Lächeln des Kindes schwand, als seine Herrin es von dem funkelnden Schaufenster eines Spielzeuggeschäftes wegzog, wo es hineingesehen hatte, als sei es in einem Traum. Als die Kleine hinter dem Rock der vornehmen Dame hereilte, sah ich sie als das, was sie war: eine Sklavin, eine Gefangene, festgehalten gegen ihren Willen.
    »Schneller«, murmelte ich und ging die Treppe zur Untergrundbahn hinab, die mit einem Minimum an Schmutz und Hässlichkeit Verbindungen durch ganz Moskovia bot. Einstmals hätte ich den Weg zu Verushas Wohnung als ein Vergnügen betrachtet, doch nun war ich viel zu besorgt, auf etwas zu treffen, das dazu führen könnte, dass Keen das Falsche zum falschen Bludmann sagte, oder dass Caspers innere Bestie sich auf selbstmörderische Weise Bahn brach. Die Zeit drängte.
    Als wir die Marmortreppe hinter uns ließen und die Haltestelle betraten, drehte ich mich in eine Ecke, um die Münzen und das Collier aus meinem Korsett zu holen. Die Münzen waren noch da. Doch das Collier war verschwunden.
    »Suchst du das hier?« Mit einem selbstgefälligen Grinsen hielt Keen mir das glitzernde Schmuckstück hin, und ich nahm es ihr hastig aus der Hand, bevor noch irgendjemandem in der Menge eine Pinkie auffiel, die etwas derart Wertvolles bei sich trug.
    »Allein dafür, dass du das anfasst, könntest du gepfählt werden, kleine Närrin.«
    Als ich die Kette glättete, um sie wieder zu verstecken, fiel mir auf, dass nun fünf Steine fehlten, anstelle der drei, die ich selbst entfernt hatte.
    »Du gemeine kleine Diebin!«, zischte

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