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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Fensterläden, und Casper bewegte sich unmerklich, um meinen Rückzug zu decken.
    »Klingt, als ob sie hier die richtige Einstellung hätten«, brummte Keen.
    »Wenn es dir bei denen gefällt, darfst du gerne bleiben.« Ich sah mich nicht um, aber ich konnte ihre Stiefel hinter mir über die Pflastersteine schrammen hören. Das Mädel hatte einen fantastischen Überlebensinstinkt, wenn schon sonst nichts. Bei den Toren zur Haltestelle ließ sie drei weitere Münzen in meine Hand gleiten.
    Wieder in der U-Bahn, meinte Casper: »Ich sage es nur ungern, aber Menschen können echt alles ruinieren.«
    »Da muss ich dir zustimmen. Es war einmal so wunderschön hier.«
    »Freiheit ist schöner als schicker Marmor«, sagte Keen.
    »Nicht, wenn du am Verhungern bist.«
    Daraufhin zuckte sie nur mit den Schultern, und ich beließ es dabei. Als wir uns von dem neu beanspruchten Pinkieviertel fortbewegten, zurück in die vertrauten Gebiete mit Parks und Wegen nahe der zentralen Basilika der Aztarte, wurde der Waggon wieder voller, und meine Nerven beruhigten sich. Ich wusste genau, wie mein Volk funktionierte, nach wohl durchdachten Regeln, in jahrelanger Überlegenheit und Wohlstand. Unter Bludvolk wusste ich, was ich zu erwarten hatte. Aber Menschlinge – die waren unberechenbar, wild und gefährlich. Zum ersten Mal stellte ich fest, dass ich mich für sie interessierte. Vielleicht waren die Leute, die mit Unrat nach mir geworfen hatten, einst kleine Mädchen mit einem Halsband gewesen. Vielleicht waren es ihre Eltern.
    Als wir die richtige Haltestelle erreichten, hielt ich sorgfältig die Augen auf, um sicherzugehen, ob auch viele gut gekleidete Passagiere mit ausstiegen. Dieser Teil der Stadt gehörte doch sicherlich noch zur gehobenen Schicht.
    »Haltet euch nahe bei mir«, flüsterte ich Casper und Keen zu, und wir stürzten uns in die farbenfrohe und fröhliche Menge.
    Diese Station war immer sehr beliebt gewesen, denn auf dem Gelände um den Park der Zarina gab es öffentliche Gärten, Skulpturen, Brunnen, das Ballet und mehrere herausragende Museen. Außerdem gab es dort ein fantastisches Uhrwerkkarussell, das ich schon als Kind geliebt hatte. Ich hatte gehört, dass der Magistrat von Sangland ein ähnliches in Auftrag gegeben hatte, doch bei der Eröffnung war etwas schiefgelaufen und beinahe wären Menschen zu Tode gekommen. Ich drehte mich um, um Casper danach zu fragen – doch dann fiel mir wieder ein, dass Frauen meines Standes nicht Arm in Arm mit ihrem Diener gingen und sich über Karusselle unterhielten.
    Zu meiner großen Zufriedenheit war der Park genauso wundervoll wie immer, sauber, hell und funkelnd im Sonnenlicht. Um einen Aussichtspavillon herum hatte sich eine große Menge gesammelt, und ich konnte ein gelegentliches Aufblitzen der berühmten Ballerinas vom Bolschoj-Theater sehen, die dort in federigen weißen Schwanenkostümen übten. Ich huschte um die Menge herum, hielt den Kopf unten und hoffte, dass niemand mich durch den Schleier an meinem neuen Hut erkannte. In den Schatten gingen wir herum zum Dienstboteneingang des Zarinapalastes, wo meine Familie sich immer während der unangenehm warmen Sommermonate aufgehalten hatte. Eine Heerschar von Pinkies arbeitete draußen, trimmte Büsche zu kunstvollen Spiralen und putzte bereits glänzende Fenster. Königliche Pfauen tanzten auf der Ziegelmauer und riefen von den Bäumen herab. Keen schauderte, doch in mir stiegen Stolz und Wiedersehensfreude auf.
    Anstatt durch die Vordertür einzutreten, wie es mein Recht gewesen wäre, schlich ich um die Ecke und versteckte mich hinter einem Zierbusch in Form einer Bludstute.
    »Casper, geh und klopfe an diese Tür da. Sag ihnen, du musst Lady Verusha finden. Sag ihnen sonst nichts weiter, auch wenn sie neugierig sind. Mache ein ausdrucksloses Gesicht, und gib nicht nach, aber vor allem, sei höflich.«
    Ich ging auf die Zehenspitzen, um über seine Schultern zu wischen und seinen Hut zu richten. Er grinste mich an, mit Grübchen und tanzenden Augen, und ich machte die Schnüre, die seinen Hut mit seinem Kragen verbanden, fester. Es war ein Wagnis, ein Halbblud an die Tür der königlichen Familie zu schicken, aber ich traute ihm mehr als Keen. Als ich anerkennend nickte, ging er entschlossen zur Tür und klopfte.
    Ein paar Augenblicke später öffnete sich die Tür, nur einen Spalt, und ich war noch nie so glücklich darüber gewesen, mich in einem Versteck zu befinden. Die Hauswirtschafterin hatte mich noch

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