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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Haltung und Energie von mörderisch und brutal zu verdutzt und verlegen. Ich bewunderte derweil sein Hinterteil im Licht der sternförmigen Lampen, als er in die Knie ging, um etwas vom Boden aufzuheben.
    »Blut?«
    »Es ist ein Gasthaus«, rief ich. »Der Zimmerpreis beinhaltet zwei Phiolen pro Tag. Das ist so üblich.«
    Er starrte auf das Tablett und schüttelte nachdenklich den Kopf. »Hätte der Wirt nur fünf Minuten früher geklopft, wäre er jetzt ein toter Mann.«
    Seine nackten Füße tappten kurz über den Fliesenboden zwischen den beiden Zimmern, und sein Gang war leicht und selbstsicher. Er stellte das Tablett auf das Bett und hielt mir eine Phiole hin, und ich entkorkte sie und goss ihren Inhalt in eine der beiden Teetassen. Casper fingerte an seinem Korken und versuchte ihn, so wie ich, mit dem Daumen zu lösen. Ich lächelte nachsichtig und fuhr die kunstvoll gemalten mährischen Muster in strahlendem Rot und hellem Blau auf dem dünnen Porzellan nach. Eine meiner Geographielehrerinnen war eine Weltenbummlerin gewesen, und ich erinnerte mich an ihre Geschichten, wie die Mährer mit ihren kunstvollen Porzellanmalereien das Sprühen frischen Blutes in den Wüstenhimmel nachempfanden.
    Schließlich gelang es Casper, den Korken herauszubekommen, und ein wenig Blut spritzte auf seinen Oberkörper. Ich hatte ganz vergessen, dass wir nackt waren.
    »Besser, als deine Weste zu ruinieren, eh?« Ich fing das Blut mit dem Finger auf und leckte es ab.
    »Wie es aussieht, muss ich noch viel lernen.« Er goss das übrige Blut in die andere Teetasse und schwenkte sie, fasziniert und nachdenklich.
    »Trink schnell, sonst gerinnt es. Falls du Zeit brauchst, dann schwenke es weiter. An wärmeren Orten bleibt es länger frisch, aber hier im kalten Moskovia gerinnt es schnell, wenn es der Luft ausgesetzt ist.« Ich nahm einen eleganten Schluck aus meiner Tasse.
    Er probierte einen kleinen Schluck und rollte das Blut im Mund herum. »Verdammt. Das ist bizarr. Salzig und süß zugleich. Beinahe wie Sirup. Aber mit Zimt.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Einheimisches Aroma.«
    Während das Blut meine Kehle hinabrann, fragte ich mich unwillkürlich, wie es wohl wäre, es zum ersten Mal im Leben zu kosten, wenn man keine Liste an Geschmacksrichtungen hatte, die einem dabei half, die Unterschiede zu erkennen. Menschliche Nahrung gab es in so vielen Variationen, in unterschiedlichen Texturen, Formen und Farben. Blut sah eigentlich immer gleich aus, egal wie die äußere Hülle ausgesehen hatte. Und doch besaß jeder einen anderen persönlichen Geschmack, und die meisten Bludleute mochten das Blut am liebsten, das sie am häufigsten zu sich genommen hatten, als sie jung waren. Ich hatte schon mährisches Blut getrunken, obwohl ich mehr an den schwerblütigen, herzhaften Geschmack kultivierter frostländischer Diener gewöhnt war. Einen Fremdling oder Almerikaner hatte ich meines Wissens nach nie gekostet, und so drängte sich mir die Frage auf, wie Casper wohl geschmeckt hatte, bevor das Blud in seinen Körper gelangt war und begonnen hatte, ihn zu verändern. Nun würde ich es nie erfahren.
    Das brachte mich auf Keen, und ich hätte ihn beinahe nach ihr gefragt. Seit ich sie im Pinkiesalon den Pflegerinnen übergeben hatte, hatte ich sie nicht mehr gesehen. Hatte er mit ihr über seine Verwandlung gesprochen, oder würde er sie später um Vergebung bitten? So oder so würde sie mich hassen, aber ich hoffte, dass wir eine Lösung finden würden. Auch wenn ich jetzt nicht über sie reden wollte, musste ich doch zugeben, dass mir das Schmuddelkind am Herzen lag. Sie würde einen Platz in meinem Palast bekommen, komme, was da wolle. Das schwor ich mir.
    Er stellte seine leere Tasse vorsichtig zurück auf das emaillierte Tablett, als fürchte er, sie zu zerschlagen. Auch ich stellte meine Tasse ab und entfaltete eine der Servietten, die wie Schwäne gefaltet waren, um mir damit elegant über die Lippen zu tupfen, obwohl ich genau wusste, dass ich nicht einen Tropfen verschüttet hatte. Mein Haar war noch immer klebrig von der Sauerei bei der Verwandlung, aber mein Mund war tadellos sauber.
    »Ich fühle mich so merkwürdig«, sagte Casper, streckte die Hände aus und bewegte die Finger. »Wie angespannt von Kopf bis Fuß, als sei ich bereit, jeden Augenblick loszurennen.«
    »Du bist jetzt ein Raubtier. Du bist bereit, jeden Augenblick loszurennen. Hast du gespürt, wie die Bestie dich zur Tür gejagt hat, als du eine Bedrohung

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