Von der Liebe verschlungen
sein Angebot liebend gerne an. Gemeinsam hielten wir den Körper an Ort und Stelle fest, während sein Besitzer vergebens gegen sein Ende ankämpfte. Dieses Mal bestand ich darauf, dass er den letzten Zug nahm, und sah derweil nach Casper.
Ich kauerte mich neben seine bewusstlose Gestalt und hob die Waffe auf, die ihn außer Gefecht gesetzt hatte.
»Bumerang«, erklärte McHale und nahm ihn mir aus der Hand. »Er sollte keinen Schaden genommen haben.«
Ich fuhr den dunkelroten Bluterguss an Caspers Schläfe nach, wo das polierte Holz gegen seinen Kopf geprallt war. Es war ein seltsamer Anblick, meine schwarzgeschuppten Hände mit weißen Krallen an seiner goldfarbenen Haut. Er war ein Mittelding aus Bludmann und Pinkie, Raubwesen und Beute, und ich wollte nur zu gern wissen, was wohl aus seinen Händen würde, sollte er jemals verwandelt werden. Würde die Veränderung plötzlich vonstattengehen, oder würden seine feingliedrigen Finger nur ganz allmählich dunkel? Wenigstens hätte er noch immer sein Cembalo, sollte es jemals so weit kommen. Solange ein Bludmann seine Klauen regelmäßig schnitt, konnte er ebenso gut spielen wie jeder Pinkie, wenn nicht sogar noch schneller und besser.
Ohne es zu wollen, ertappte ich mich dabei, dass ich ihm das Haar aus dem reglosen Gesicht strich und mich dabei an das Gefühl kupferfarbener Strähnen erinnerte, die sich wie Fragezeichen um meine Finger wanden. Hätte er doch nur noch mehr Bludwein in seiner Flasche. Ich wollte wieder davon kosten. Die Gelöstheit, die Befreiung, ich hatte sie mehr genossen, als ich zugeben wollte.
Hoch geschnürte Stiefel kamen näher, und schuldbewusst zog ich meine Hand zurück.
»Er sollte bald wieder aufwachen«, meinte McHale. Er stieß Casper mit der Stiefelspitze in die Seite, und unvermittelt öffnete Casper die Augen.
»Ahna!«
Hastig kam er auf die Füße und schob mich hinter sich. Er war noch immer benommen und schwankte, und es traf mich tief ins Herz, dass sein erster Instinkt, trotz seiner Verletzung, meiner Verteidigung galt. McHale lachte nur, ein eindeutig frostländischer Laut, und klopfte ihm auf die Schulter, als sei er ein widerspenstiger Hund.
»Das ist ein guter Diener, Eure Hoheit. So wie er sich vor Euch stellt.«
Casper schüttelte die Hand des Piraten ab und sah sich gereizt im Zimmer um. Zwei Leichen und nur ein Minimum an vergossenem Blut. Und ich stand hinter ihm, leicht verärgert, mit von Blut geröteten Wangen, und fühlte mich schlecht, obwohl ich den Grund dafür nicht benennen konnte.
»Bist du okay, Ah–?« Er schluckte. »Anne. Hat er dir wehgetan?«
»Er hat mich gerettet. Der große Kerl auf dem Bett hat dich außer Gefecht gesetzt und war hinter mir her, aber McHale hat ihn aufgehalten.«
Casper sah zwischen meinem und McHales Mund hin und her, beide befleckt von Blut. »Verstehe.«
Ich schob mich an Casper vorbei zwischen die beiden Männer. Der Geruch von Blut hing schwer in der Luft, und ich konnte fühlen, wie sich bei beiden die Nackenhaare aufstellten, als wollten sie nichts mehr als einen Kampf. Es war ein schrecklich kleines Zimmer für zwei gereizte Männer, und es war an mir, die Spannung zu entschärfen, bevor ich einen oder mehrere meiner Verbündeten verlor.
»McHale, Ihr wart schon so freundlich zu mir. Könnt Ihr uns sagen, was auf dem Schiff vor sich geht?«
Der Pirat nahm eine entspanntere Haltung ein und lachte leise auf. »Bitte nennt mich Mikhail, Prinzessin. Und was hier vor sich geht, nennt man gemeinhin Piraterie. Kapitän Corvus von der Bludeagle hat gerade die Maybuck geentert.«
»Dann werden all die Mädchen jetzt …« Ich schluckte schwer. Was der große Pirat mit mir im Sinn gehabt hatte, mochte ja deren übliches Geschäftsgebaren sein, aber der Gedanke, dass all den Frauen an Bord Gewalt angetan wurde, gefiel mir ganz und gar nicht.
Doch Mikhail schüttelte den Kopf. »Die Maybuck ist berühmt, nicht nur für ihren Preis. Ich vermute, mein Kapitän und eure Miss May haben eine Abmachung, von der beide Seiten profitieren. Vor einigen Tagen haben wir einen Kundschafter ausgesandt, um alles zu arrangieren. Er kehrte zwar nicht mehr zurück, aber Miss May muss wohl akzeptiert haben, denn so wie das Schiff hier hing und auf uns gewartet hat, war es viel zu leicht zu entern. Ihr hattet nur Pech, dass Big Gar Euch zuerst gefunden hat.«
»Und warum befindet Ihr Euch unter diesen Barbaren?«, fragte ich, denn für einen Piraten erschien er mir zu höflich, zu
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