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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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flach über den Boden weht und die Erde in wirbelnde Schleier hüllt, bis auch diese Winde abflauen, die Intervalle der Ruhe größer werden und der Sand niederfällt, wenn der Wind endlich einschläft. Gleichwohl ist die Natur unberechenbar, sodass es auch Stürme gibt, die tagelang anhalten. All das hatte ich schon erlebt und eine Menge Sandstürme abgewettert, vor allem im nordafrikanisch-arabischen Raum, wo die Einheimischen den Sandstürmen unterschiedliche Namen gegeben haben: Gibli, Chamsin, Samum, Scirocco und Habub. Allesamt sehr trockene Stürme, die mit warmen oder heißen Windfurien daherkommen und über große Entfernungen ungeheure Mengen von Sand bewegen. Stürme, die verschiedenste Erscheinungsformen haben, denn die Welt der Winde ist so mannigfaltig wie die Schöpfung selbst.
    Mehr als zwei Stunden wütete der Sandsturm schon, als ich das Gefühl hatte, dass seine Stärke noch weiter anwuchs. Die Böen schienen sich zu überschlagen und peitschten mit brachialer Gewalt heran. Wie von Urkräften erfasst, fuhren die tobenden Winde in steilem Aufstieg gegen den unsichtbaren Himmel, um von dort in rasantem Sturzflug auf die Erde zu stürzen. Mir war, als würden sich die Kamele unter dem Hagel prickelnder Sandkörner krümmen. Und während schrille Töne in den Lüften gellten, klammerte ich mich an die Tiere wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See an seinen Rettungsring.
    Plötzlich bekam ich einen Schlag in den Rücken. Was war das? Ein Stück Holz? Ein Gepäckstück? Keine Ahnung. Nur: Deutlich fiel mir jetzt das Atmen schwerer. Die Hustenanfälle häuften sich. Immer wieder keuchte ich und sehnte mich nach Luft, frischer Luft. Wie herrlich doch dieses Atemholen ist! Seltsam, dass einem so etwas erst auffällt, wenn man sich in einer extremen Lage befindet.
    Quälend langsam verging die Zeit im Geprassel des Sandes hinter meiner Deckung. Zäh verrann Stunde um Stunde, und ich fragte mich, wie viele Menschen wohl schon in dieser Wüste so wie ich im Sandsturm gelegen hatten und darauf hofften, dass das unbändige Toben endlich aufhörte. Und für wie viele Menschen war es wohl das Letzte, was sie hörten: das Tosen des Windes, ehe sie ihr Leben verloren, erstickt und begraben von Sand und Staub.
    Ich dagegen hatte Glück, als der Sandsturm nach fast fünf Stunden spürbar nachließ. Im ersten Moment dachte ich, es wäre nur Einbildung. Ich brauchte eine Weile, bis ich begriff, dass der Sandhagel und die Treibsandschwaden an Heftigkeit verloren und auch die brüllenden Windstimmen verstummten. Deutlich konnte ich es hören, fast fühlen. Der Sturm flaute ab. Leer und ausgebrannt verharrten Himmel und Erde.
    Wie in Trance befreite ich mich von den Flugsandverwehungen, verscheuchte die Benommenheit und zog an den Führungsleinen der Kamele, die sich sofort erhoben, ein paar Schritte machten und den Sand abschüttelten. Dann ging ich steifbeinig zu den Wasserkanistern, gab den Tieren zu trinken und trank selbst mit gierigen Zügen, ehe ich einige Stücke Fladenbrot mit Schmierkäse aß und einen Energieriegel. Brennstoff für den Körper.
    Nur ein fahler Schimmer deutete am grauen Himmel das Vorhandensein der Sonne an, die noch für Stunden verschwunden blieb. Doch es gab wieder einen Horizont, auch wenn ganz feiner Sandnebel die Luft noch trübte.
    Der Sturm hatte eine seltsame Stille hinterlassen, die sich nun ringsum ausbreitete. Eine spannungsgeladene, fast unheimliche Stille, die mir die enorme Einsamkeit dieser Region unvermittelt bewusst machte. Eine Stille, an die ich mich erst gewöhnen musste, ehe ich sie ganz tief in meinen Körper und meine Seele hineinließ. Es war, als hielt die Welt den Atem an – und immer wieder horchte ich in die Weite hinaus, lauschte nach einem Geräusch. Da musste doch etwas sein? Doch da war nichts. Nur Schweigen – und das Pochen meines Blutes in den Schläfen.
    Irgendwann machte ich mich daran, die Kamele zu beladen und das Gepäck am hölzernen Sattelgestänge mit Seilen festzuschnüren, ehe ich meinen Weg wieder aufnahm. Noch immer war die Luft mit Sandpartikeln und Staubschwaden geschwängert, die um die Beine meiner Kamele huschten. Doch die Tiere, die ich im Schlepptau führte, ließen sich davon nicht beirren. Stoisch liefen sie im Rhythmus ihrer Gangart, zogen im Takt der immer gleichen Schritte dahin.
    Endlich konnte ich wieder in Bewegung sein, konnte frei ausschreiten und durch die schattenlose Stille wandern, in der die Schönheit und Größe der

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