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Von dir verfuehrt

Von dir verfuehrt

Titel: Von dir verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Omah
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Weihnachten gewünscht und nicht bekommen, weil ich böse war, hat Mami gesagt. Sie sagt mir nicht, warum, aber ich weiß es trotzdem. Papa ist gegangen, weil ich geweint habe. Mami weint jetzt auch oft. Ich tröste sie und versuche lieb zu sein. Deshalb schenkt sie mir Gli tzerstifte und ich freue mich.
    „Hier ist ein neuer Zeichenblock, Hanni.“
    Ich nehme ihn. Mami lächelt und sieht trotzdem traurig aus.
    Wir setzten uns auf eine Bank und Mami gibt mir meinen Rucksack.
    „Hanni?“ Mamis Stimme klingt komisch. „Da hast du zwei Trinkpäckchen und ein Bu tterbrot. Mami muss kurz weg.“
    Ich kommen mit“, sage ich.
    „Nein Hanni. Das geht nicht. Schau mal, all die bunten Stifte. Warte hier auf mich und mal Mami ein schönes Bild.
    „Ich will mitkommen.“ Ich mag malen, aber ich bin lieber bei Mama. Ich will sie t rösten, wenn sie wieder weint.
    Mama nimmt mich in den Arm und drückt mich ganz kurz. „Sei lieb und warte hier. Du kannst nicht mitkommen. Aber du kannst mir eine Freude machen. Du willst doch, dass Mami sich freut?“
    Ich nicke.
    „Dann warte hier und male Mami ein Bild. Mami ist gleich wieder zurück.“
    Mami steht auf und steigt in unser Auto. Ich weine nicht und bleibe sitzen. Ich will, dass Mami sich freut und fange an zu malen. Ein rotes Auto in dem Mami sitzt.

Achtzehn
    David
    I ch horchte und wartete auf Hannahs Reaktion. Gleich würde sie die Tür aufreißen und dieser unverschämten Person die Meinung sagen. So etwas würde sie nicht unkommentiert lassen und sich zur Wehr setzen. Nichts dergleichen geschah. Das Zurechtrücken eines Stuhls durchbrach die Stille und ich ahnte, dass Hannah schwer getroffen war. Den Drang für sie einzustehen, diese Frau einzuholen und sie dazu zu bringen, sich bei Hannah zu entschuldigen, unterdrückte ich. Keine Rechtfertigung dieser Welt würde rückgängig machen können, was sich vor wenigen Sekunden im Café abgespielt hatte. Gewisse Dinge ließen sich nun mal nicht zurücknehmen.
    Wie ein Spion, der unentdeckt bleiben wollte, stand ich auf der Treppe, unschlüssig, was ich tun sollte. Hatte ich überhaupt das Recht dazu, mich einzumischen? Obwohl es mich nichts anging, wollte ich zu ihr, sie in den Arm nehmen und für sie da sein. Die Worte dieser Frau abschwächen und Hannah wissen lassen, wie wundervoll und liebenswert sie war. Verflucht, ich hatte nur nach ihr sehen wollen und befand mich plötzlich mittendrin. Ich hätte kehrtmachen sollen, als Stefans Name gefallen war, doch die Neugierde hatte gesiegt. Nun kam ich mir vor, wie ein Voyeur in ihrer Vergangenheit, die offensichtlich gekennzeichnet von Enttäuschungen war. Allen voran eine Mutter, die sie nicht wollte und ins Heim gegeben hatte. Arme Hannah, dachte ich und sah ein kleines blondes Mädchen mit blauen, traurigen Augen vor mir, das sich alleingelassen fühlte. Nicht deine Baustelle, ermahnte ich mich und schlich zurück in ihre Wohnung. Als hätte ich von all dem nichts mitbekommen, legte ich mich in ihr Bett. Die Synapsen in meinem Gehirn schalteten unentwegt und versuchten Verknüpfungen herzustellen. Hannahs Regeln, diese kühle Distanz, die im Widerspruch zu ihrer Leidenschaft stand, wenn sie mich küsste oder wir miteinander schliefen. Und wer war diese unmögliche Frau? Was hatte sie mit diesem Stefan zu tun, bei dem es sich offensichtlich um Hannahs Ex handelte? All das beschäftigte mich, mehr als es sollte. Mehr als mir lieb war.
    Wortlos, b etrat Hannah das Schlafzimmer.
    „Und? Wer war’s?“, er kundigte ich mich scheinheilig.
    „Niemand Wichtiges“, entgegnete sie und wirkte fast so angeschlagen, wie an dem Tag, als sie mich vollkommen aufgelöst gebeten hatte, mit ihr zu schlafen.
    Ich ertappte mich dabei, wie ich mir wüns chte, sie würde es wieder tun.
    „Lust auf Frühstück?“, fragte ich und versuchte an etwas zu denken, das mich weniger erregte. Ich war hin und her gerissen zwischen dem Verlangen, mich in ihr zu verlieren und dem Wunsch für sie da zu sein, sie zu beschützen und – verdammt! Statt zu antworten, zog sie sich ohne Vorwarnung aus, bis sie nur noch im Höschen vor mir stand. Man sollte meinen, ich hätte mich mit einunddreißig Jahren an den Anblick eines entblößten Frauenkörpers gewöhnt. Doch mein Herz schlug von jetzt auf gleich um ein Hundertfaches schneller und belehrte mich eines Besseren. Der Ausdruck in Hannahs Augen, eine Mischung aus Verletzlichkeit und Sehnsucht, tat sein Übriges. Ich versuchte gar nicht erst, meine

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