Von Fall zu Fall
Sie hatten ja das Recht, auch mal vorbeizutippen. Im übrigen haben Sie Ihre Sache ganz fein gemacht.«
»Was meinen Sie mit >vorbeitippen« fragte ich.
Er wies mit dem Kopf in die Richtung nach Central Creek.
»Was hatten Sie denn geglaubt, beweisen zu können, wenn wir da so hineinstiefelten?« fragte ich.
»Ich habe das Mädchen gut beobachtet«, antwortete er. »Sie sah uns alle an, und dann blieb ihr Blick auf Ihnen ruhen. Wenn sie Allen gekannt hätte, besonders aber, wenn sie die Frau gewesen wäre, die als Anhalterin in Beckleys Wagen mitfuhr, wäre sie doch erschrocken.«
»Meinen Sie?« Ich konnte meine Skepsis nicht ganz verbergen.
»Hmhm. Ich betreibe dieses Geschäft ja schon lange.«
Ich wies mit dem Daumen auf den in einen Kasten gepackten Polygraphen. »Legen Sie das Ding dem Allen wieder an«, schlug ich vor, »und fragen Sie ihn, ob er die Kellnerin in Central Creek kennt.«
»Nanu, Moment mal«, widersprach Allen. »Ich habe für Sie getan, was Sie verlangten, aber jetzt mache ich nicht mehr mit.«
»Verstehen Sie nicht, was ich meine?« fragte ich den Vizesheriff.
Clover musterte Allen nachdenklich, dann blickte er den Polygraphexperten an und bestimmte: »Nehmen Sie ihn noch mal vor.«
»Fragen beantworte ich aber nicht mehr«, weigerte sich Allen.
»Nehmen Sie ihn ran!« befahl Clover.
Sie setzten Allen auf einen Stuhl und verbanden ihn mit der Apparatur. »Haben Sie seit unserer ersten Begegnung etwas gegessen?« fragte der Experte.
Allen schwieg.
»Ist Ihr Name Tom Allen?«
Wieder keine Antwort.
»Waren Sie kürzlich in Central Creek?«
Abermals Schweigen.
»Der Name ist Edith Jordan«, raunte ich dem Experten leise zu.
»Kennen Sie eine gewisse Edith Jordan?«
Allen schwieg noch verdrossen.
Der Polygraphmann betrachtete die Registrierkarte, blickte dann zu Clover auf und nickte.
Clover stieß einen unterdrückten Fluch aus.
»Allen, Sie lügen«, warnte der Experte. »Sehen Sie her, hier auf diese Kurven, das ist Ihr Blutdruck und das da Ihr Puls. Und Ihre Atmung — ja, sehen Sie sich die selbst an. Sie kennen Edith Jordan, sind sogar gut mit ihr bekannt gewesen. Also betrachten Sie mal diese Linien hier, da haben Sie Ihre Reaktionen während meiner Fragen.«
Tom Allen blickte stur geradeaus und wollte sich das Kurvenblatt, das der Mann ihm vorhielt, nicht einmal ansehen.
»Na, Allen«, sagte Clover, »was haben Sie darauf zu antworten?«
»Nichts«, erwiderte Allen. »Ich rede mit euch nicht mehr, Leute.«
»Dafür redet Ihr Blutdruck, reden alle Ihre Reaktionen«, erklärte der Experte. »Sie haben dieses Mädchen früher schon gesehen und kennen es.«
Allen begann die Bandagen und Kabel abzustreifen, die ihn mit dem Apparat verbanden.
»Scheren Sie sich alle zum Teufel!« rief er. »Kein Mensch braucht sich durch Aussagen selbst zu belasten, soviel weiß ich auch von den Gesetzen.«
»Erzählen Sie das den Behörden in Nevada, wenn Sie wieder hinkommen«, sagte Clover.
»Werde ich«, versicherte Allen.
Clover ging zum Telefon, nahm den Hörer und ließ eine Verbindung mit seiner Dienststelle in Carver City herstellen. Als sich der diensthabende Polizist meldete, wies ihn Clover an: »Steigen Sie in einen Wagen und fahren Sie zu dem Restaurant in Central Creek. Ein Café ist es eigentlich. Da arbeitet eine Blondine namens Edith Jordan als Kellnerin. Nehmen Sie die fest und rufen Sie mich danach an. Ich bin hier im Autohotel Summit in Rommelly, Wohnabteil 26. Also, sobald Sie die Kellnerin haben, anrufen... Ach, Mensch, einfach abholen und fertig... Meinetwegen, ja, sagen Sie ihr >Wegen Mordverdachts<... Jawohl, genau, wie ich erklärte: Mord=ver=dacht.«
Clover hieb den Hörer auf die Gabel und fixierte Tom Allen finster. »Jetzt«, sagte er, »sitzen Sie bis zum Hals in der Tinte.«
Allen erwiderte nichts, er blieb stumm und mürrisch auf seinem Platz.
»Nun packen Sie nur Ihren Kram wieder ein«, sagte Clover zum Polygraphexperten. »Sobald der Anruf aus Central Creek kommt, werden wir uns startbereit machen. Wir lassen uns die Blonde herbringen und steigen dann zusammen in die Sache.«
»Wenn sie noch da ist«, warf ich dazwischen.
»Was heißt das nun wieder — wenn sie noch da ist?« fragte Clover.
»Nichts«, gab ich zurück.
Wir packten alles Notwendige bereits in den Wagen und warteten.
Nach einiger Zeit klingelte das Telefon. Clover nahm das Gespräch an, redete eine Weile und sagte dann: »Also schön, geben Sie einen Steckbrief heraus.
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