Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von Fall zu Fall

Von Fall zu Fall

Titel: Von Fall zu Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
Vom Netzwerk:
zu heucheln, das geht gegen meine Natur. Ich liebe das Leben, lache gern und erfreue mich an dem bunten Lichterspiel nachts auf den Straßen, und wenn ich Ihnen die ganze Wahrheit sagen soll, Donald — ich halte ein Leben ohne Mann nicht aus.«
    Ich nickte wieder.
    »Na, dann sagen Sie mir also, was ich tun soll, Donald.«
    »Hören Sie zu. Wenn die Polizei Sie benachrichtigt, daß die Leiche Ihres Gatten identifiziert ist, werden Sie den Beamten erklären, Sie seien auf diese Nachricht schon vorbereitet gewesen, weil ich Ihnen bereits mitgeteilt hätte, daß er ermordet wurde. Sie brauchen dabei nicht zu weinen, sondern gewissermaßen nur vor Entsetzen wie betäubt zu sein. Bei der Beerdigung werden Sie weinen, dagegen können Sie gar nichts machen. Einerlei, wie Sie mit einem Mann gestanden haben — wenn Sie sehen, wie er in die Erde gesenkt wird, werden Sie weinen. Das geht jeder Frau so.«
    Sie nickte.
    »Dann aber«, fuhr ich fort, »werden Sie reisen — die ersten Versuche machen, alles zu vergessen. Sie besteigen ein Flugzeug, nachdem Sie allen Bekannten gesagt haben, Sie wollten nach Europa, und werden statt dessen mit einem Vergnügungsdampfer nach Südamerika fahren. Auf dem Schiff werden die Leute zwar wissen, daß Sie Witwe sind, aber nicht, wann Ihr Mann gestorben ist.«
    »Aber wenn ich wieder zurückkomme?«
    »Weshalb überhaupt zurück?« fragte ich.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Hält Sie denn hier noch etwas fest? Verwandte, Familie oder sonst jemand?«
    »Ein paar Freunde.«
    »Freunde von Ihnen beiden?«
    »Sie meinen, die mit Malcolm ebenso befreundet waren wie mit mir?«
    Ich nickte.
    »Stimmt«, antwortete sie. »Malcolm war ein sehr geselliger Mensch. Er hat Freunde haufenweise, und...«
    »Und jeder einzelne wird Ihnen dann vorschreiben wollen, wie Sie leben sollen«, entgegnete ich. »Von den Männern werden einige Sie aufs Korn nehmen, aber von den Frauen werden manche Sie immerfort kritisieren, ganz egal, was Sie tun. Trauern Sie, dann sagen die: >Meine Güte, nun wird's aber Tag. Man sollte doch meinen, Daphne könnte mit diesem Trübsalblasen mal Schluß machen. Sie müßte doch Vernunft annehmen. Und wenn sie noch soviel trauert und schluchzt — damit macht sie doch den armen Malcolm nicht wieder lebendig.«
    Ihre Augen wurden schmal. Sie überlegte.
    »Wenn Sie aber«, fuhr ich fort, »so weiterzuleben versuchen, wie Sie bisher gelebt haben, werden Sie etwas ganz anderes feststellen. Ihre Bekannten sind verheiratete Leute, so ungefähr in Ihrem Alter, stimmt's?«
    Sie nickte stumm.
    »Nun sind Sie eine alleinstehende Frau, eine Witwe, und bilden dadurch eine mögliche Gefahr für die Stabilität der Ehen in Ihrem Freundeskreis. Also werden die Frauen sich allmählich von Ihnen zurückziehen, damit ihre Männer mit Ihnen nicht mehr in Berührung kommen. Sie werden dann ein paar unverheiratete Männer kennenlernen, und sobald Sie mit denen mal ein bißchen ausgehen oder so, gibt's gleich ein Gerede, etwa: >Um Himmels willen, nein, man sollte doch meinen, Daphne Beckley wäre wenigstens so anständig, zu warten, bis Malcolm im Grabe kalt geworden ist, ehe sie mit anderen Männern flirtet und loszieht! Habt ihr bemerkt, wie sie diesen Künstler mit der Lockenmähne angehimmelt hat, nachdem sie mit ihm getanzt hatte? Es war ihr ja alles an den Augen abzulesen. Mich hat noch nie etwas derart angewidert.<«
    Nach langem, nachdenklichem Schweigen sagte Daphne: »Donald, ich glaube, Sie haben recht. Ich bin ja so froh, daß ich mich an die Agentur Cool & Lam gewandt habe. Sie...«
    Das Telefon begann zu läuten.
    Sie blickte stirnrunzelnd zum Apparat und fragte: »Finden Sie mich wirklich so hübsch, Donald?«
    »Sicher, das sind Sie ohne Zweifel«, antwortete ich. »Möchte wetten, daß unter all Ihren Bekannten, den jungen Ehepaaren, keine einzige Frau ist, die eine so prachtvolle Figur hat.«
    Das Telefon läutete weiter.
    Daphne machte eine ungeduldige Bewegung, stand auf und ging an den Apparat. Sie nahm den Hörer, sagte »Hallo?« und gleich danach »Ja, selbst.«
    Ein paar Sekunden blieb sie still, während eine Stimme am anderen Ende sprach, dann erwiderte sie: »Ich bin über die Lage schon orientiert. Mr. Donald Lam, ein Detektiv von der Agentur Cool & Lam, hat mir soeben Bericht erstattet... Ich bin im Moment noch ganz erregt. Würden Sie mir nicht noch ein wenig Zeit lassen, mich zu — zu fassen? Ich — ich möchte mich lieber erst später dazu äußern... Ja, ganz recht,

Weitere Kostenlose Bücher