Von Feuer und Nacht
dankbar, wenn Sie meiner Schwester und mir etwas Privatsphäre gewähren könnten.«
»Selbstverständlich, Euer Majestät.« McCammon und die beiden anderen Wächter zogen sich zurück.
Sarein und Estarra gingen langsam an exotischen Gewächsen vorbei. Sonnenschein wärmte den Dunst, der von einem komplexen Bewässerungssystem aufstieg.
»Was hat es mit diesem Hausarrest auf sich?«, fragte Sarein leise, als die Wächter weit genug entfernt waren. »Das ist doch lächerlich. Du bist die Königin!«
»Und Peter ist der König, aber das bedeutet dem Vorsitzenden nicht viel. Du ahnst nicht, wie sehr er Peter hasst. Und auch mich, weil ich seiner Ansicht nach so dumm gewesen bin, zu einem unpassenden Zeitpunkt schwanger zu werden.«
Sarein schnitt eine finstere Miene. »Werd nicht melodramatisch, Estarra. Die Hanse hatte es nie zuvor mit so vielen Problemen zu tun. Der Vorsitzende muss jeden Tag außerordentlich schwere Entscheidungen treffen. Das solltest du ihm zubilligen.«
Estarra seufzte schwer. »Du bist meine ältere Schwester und sehr klug, aber derzeit erscheinst du mir auch naiv. Du stehst dem Vorsitzenden Wenzeslas so nahe, dass du seine Schwächen nicht erkennst. Er wird alles versuchen, um Peter und mich aus dem Weg zu räumen.«
Sarein sprach wie zu einem Kind. »Ach, Estarra! Du bist im Palast isoliert und weißt nicht, was vor sich geht. Ich treffe mich regelmäßig mit Repräsentanten der Hanse. Die Soldaten-Kompis sind zu Verrätern geworden, und dadurch haben wir sechzig Prozent der Terranischen Verteidigungsflotte verloren. Jetzt sagen die Ildiraner, dass die Hydroger zur Erde unterwegs sind, um uns alle zu töten. Was erwartest du in einer solchen Situation vom Vorsitzenden?«
»Vielleicht sollte er sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und keine Zeit mit dummem Neid vergeuden.« Estarra blieb vor einer Riff-Pflanze von Rhejak stehen, die wie eine Ansammlung fleischiger blauer Finger aussah. Als Sarein einen berührte, wich das ganze Büschel in den harten Stängel zurück.
»Basil sucht nach Lösungen. Da wir einen so großen Teil unseres Militärs verloren haben, stellt er erneut Nachforschungen in Hinsicht auf die bei Qronha 3 verschwundenen Rammschiffe an. Wenn unser Scout sie lokalisieren kann, sieht unsere Verteidigungsposition ganz anders aus.« Estarra kniff die Augen zusammen. »Für die Erde vielleicht. Aber was ist mit all den Hanse-Kolonien - und Theroc -, die der Vorsitzende im Stich lässt?« Sie verharrte bei einer Fauldur-Pflanze von Theroc und betrachtete ihre hübschen, aber tödlichen Beeren. »Ich will dir etwas sagen, Sarein. Du kannst es glauben oder nicht - es hängt davon ab, wie sehr die Ge- hirnwäsche durch die Hanse dich beeinflusst.«
Halb belustigt und halb abschätzig hörte Sarein zu, als Estarra erzählte, wie der Vorsitzende versucht hatte, Peter und sie mit einer Brandbombe an Bord der königlichen Jacht zu töten.
»Das hat Basil mir bereits erklärt«, sagte Sarein. »Es sollte nur eine Warnung sein, weil Peter so störrisch war. Er hätte euch nie etwas zuleide getan.«
»Nur eine Warnung? Glaubst du das wirklich? Der Vorsitzende hatte bereits einen Roamer-Händler in Haft, dem er die Schuld an dem Mordanschlag geben wollte, einen gewis sen Denn Peroni - du kannst in den Aufzeichnungen nachsehen. Basil Wenzeslas wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Peter und mich beseitigen und einen Vorwand dafür bekommen, gegen die Roamer vorzugehen. Peter entdeckte den Plan und sorgte mit einer königlichen Verfügung dafür, dass Peroni freigelassen wurde.«
Sarein runzelte die Stirn, als sie sich an die feierliche Regatta im Königlichen Kanal erinnerte, an dem Tag, als sie vom Angriff der Hydroger auf Theroc erfahren hatte. Sie hatte neben Basil gestanden, der sehr angespannt gewesen zu sein schien, als erwartete er irgendetwas. Und als nichts geschehen war, hatte er sehr überrascht gewirkt.
»Das alles ist schwer zu glauben, Estarra«, sagte Sarein.
»Sieh dir die Einzelheiten an, dann wirst du feststellen, dass alles zueinanderpasst. Der Vorsitzende hat uns immer wieder gedroht und wollte sogar, dass ich mein Kind abtreibe, weil es nicht in seine Pläne passte. Als meine Schwangerschaft bekannt wurde, konnte dein geliebter Basil die Abtreibung nicht mehr erzwingen.« Estarras Zorn war deutlich spürbar.
Sarein entsann sich daran, dass Basil tatsächlich davon gesprochen hatte, Estarra eine Abtreibung nahe gelegt zu haben. »Er hätte
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