Von Feuer und Nacht
Archivs. »Friedliche Zeiten ergeben langweilige Geschichten, Erinnerer Anton.«
Die beiden Historiker bemühten sich, die im Archiv unter dem Zitadellenpalast lagernden Aufzeichnungen zu retten. Zuerst versuchten sie, alles zu organisieren, doch dann warfen sie die Unterlagen einfach in Schutzbehälter. Yazra'h half ihnen, als eine besondere Geste Anton gegenüber, obwohl sie sich bei diesem überstürzten Exodus noch um hun- dert andere Dinge kümmern musste.
Beim Raumhafen herrschte ohrenbetäubender Lärm. Kriegsschiffe landeten, jeweils vierzehn, was die normale Kapazität des Raumhafens weit überstieg. Die großen Schiffe gingen auf offenen Feldern und leeren Plätzen nieder, an jedem Ort, wo es für sie Platz genug gab. Shuttles retteten Ildiraner aus abseits gelegenen Siedlungen.
Anton fühlte sich jedes Mal von Kummer erfasst, wenn er die Evakuierungsbemühungen beobachtete. Er gewann den Eindruck, dass die Zeit immer knapper wurde. Alles fand mit geradezu verblüffender Effizienz statt, aber wie sollte es selbst mit fast siebenhundert ildiranischen Schlachtschiffen möglich sein, alle Bewohner des Planeten rechtzeitig weg- zubringen?
Der junge Designierte verzagte angesichts des Verlusts einer so alten und angesehenen Kolonie, und er tat Anton sehr leid. Wie er es von Yazra'h gelernt hatte, zeigte Ridek'h nur Entschlossenheit, wenn er vor sein Volk trat. Doch im Privaten verbarg er die Erschütterung nicht. »Ich hätte es ge- schafft«, sagte er und beobachtete, wie zwei Arbeiter einen mit Diamantfilm gefüllten Behälter an Bord eines gelandeten Shuttles trugen. »Wir hätten Hyrillka wieder in eine schöne Welt verwandelt.«
»Und die Bewohner dieses Planeten haben an dich geglaubt, Designierter.« Yazra'h sprach den jungen Mann mit seinem Titel an, um ihm Mut zu machen. »Doch jetzt haben sich deine Aufgaben geändert. Als Hyrillka-Designierter besteht deine Pflicht darin, dein Volk zu schützen, und unter den gegenwärtigen Umständen bedeutet das: Du musst diese Leute in Sicherheit bringen, damit sie nicht zusammen mit dieser Welt sterben.«
»Ich werde dafür sorgen, dass der Saal der Erinnerer Ihre Rolle bei diesen Ereignissen würdigt, Designierter Ridek'h«, sagte Vao'sh in einem Tonfall, der die innersten Gefühle des jungen Designierten berührte. »Nie zuvor hat sich ein so junger Mann einen Platz in der Saga der Sieben Sonnen verdient.«
Weder Anton noch Vao'sh sprachen, als sie an Bord des Shuttles gingen und zum wartenden Flaggschiff flogen. Stumm und niedergeschlagen saßen sie nebeneinander.
Im Kommando-Nukleus betrachtete Anton hochauflösende Bilder vom wilden Kampf bei der Sonne, und der Anblick entsetzte ihn. Hyrillkas primärer Stern war dem Tod nahe. Hunderte von flammenden Ellipsoiden warfen sich den Kugelschiffen der Hydroger entgegen. Irgendwo in den Tiefen der Sonne verwandelten feurige Geschöpfe Protuberanzen in Waffen. Große Bögen aus ionisiertem Gas formten sich, und ihrer enormen Hitze konnten nicht einmal die Kugelschiffe widerstehen. Doch die Faeros hatten es mit einem zahlenmäßig weit überlegenen Gegner zu tun, und ein Feu- erball nach dem anderen verschwand. Der blauweiße Stern schien regelrecht zu brodeln und wurde dunkler.
Ildiraner des Wissenschaftler-Geschlechts führten Berechnungen durch, um festzustellen, wie viel Zeit der primären Sonne noch blieb. Und wenn sie starb ... Wie schnell und auf welche Weise würde sich Hyrillkas Klima verändern, wenn der Planet nur noch das Licht der orangefarbenen sekundären Sonne empfing? Die drastische Reduzierung der Wärmeenergie würde fatale Folgen haben. Anton stellte sich enorme Stürme vor, die über Hyrillkas Oberfläche hinwegfegten. Vor dem inneren Auge sah er, wie fruchtbares Land unter Eis verschwand, wie sich der Planet innerhalb kurzer Zeit in eine tote Welt verwandelte.
»Eine wahre Katastrophengeschichte«, murmelte er.
115 JESS TAMBLYN
Das Wental-Schiff raste wie ein Geschoss in die Tiefe des Gasriesen. Zusammen mit den Wasser-Entitäten wollte Jess gegen die Droger kämpfen, Tasia und die anderen gefangenen Menschen befreien. Die Wentals hatten viel von ihm erfahren und verstanden seine Motive und Familienbande, seine Liebe zu anderen Individuen.
Verstärkung war unterwegs, aber Jess wollte nicht warten - immerhin befand sich Tasia dort unten. Als sein Schiff in die dichte Atmosphäre eintauchte, vibrierten die Wentals in ihm und um ihn herum. Sie bereiteten sich auf den Kampf vor, und Jess
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