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Von Flammen verzehrt

Von Flammen verzehrt

Titel: Von Flammen verzehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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obwohl sie den restlichen Tag verzweifelt versuchte, sich zu beschäftigen, gelang es ihr nicht, diese alles verzehrende Angst loszuwerden. Ihre Villa, hoch oben auf dem östlichen Hügel Roms erschien ihr mit einem Mal nicht länger sicher. Sie glaubte beinahe, Gespenster zu sehen.
    Schlecht gelaunt griff Marzia zur Fernbedienung und schaltete Musik an. Sie brauchte etwas, um ihre Nerven zu beruhigen.
    War er – der Wanderer – wirklich hier, um eine Drohung wahr zu machen, die er vor fast zweitausend Jahren ausgesprochen hatte? War er hier, um ihr alles zu nehmen, was sie so mühsam erreicht hatte?
    Sie atmete tief durch, um sich zu fassen und roch dabei ihren Schweiß. Es war der Geruch nach Angst.
    „Das würde dir gefallen, du Mistkerl“, fluchte sie und versuchte, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken, als sie die Schublade ihres Sekretärs öffnete.
    Sollte er ruhig kommen, sie hatte Vorkehrungen getroffen. Als sie das Gewicht der Handfeuerwaffe spürte, fühlte sie sich besser. Sie schloss ihre Finger um den Griff ihrer Walther PPK und tastete in der Schublade nach der Munition. Als sie die speziell nach ihren Vorgaben angefertigten Patronen in ihre Hand schüttete, war ihre Angst wie weggeblasen. Der rubinrote Schimmer des Projektils entlockte ihr sogar ein Lächeln.
    Mit neu gewonnener Stärke trat sie auf den Balkon und ließ ihren Blick über den Pool und den parkähnlichen Garten ihres Anwesens wandern, welches in stiller nächtlicher Schönheit vor ihr lag. Marzia atmete tief den ihr vertrauten Duft Roms ein, doch sie erinnerte sich auch an eine Zeit, in der heißer Rauch und verbranntes Fleisch die einzigen Gerüche waren, die die Luft über den sieben Hügeln schwängerten.
    Sie war zu jener Zeit Sklavin im kaiserlichen Haushalt Neros gewesen, und, als dieser einen unangemeldeten Besucher empfangen hatte, schickte man sie, Wein, Brot und Früchte darzureichen.
    „Alle tot?“, hörte sie Nero ungläubig fragen und zögerte, das anscheinend wichtige Gespräch zu stören.
    Sie schlüpfte hinter eine der Säulen, um zu hören, wann sich die Unterhaltung beruhigen würde.
    „Am Tiberufer türmen sich die Leichen? Dann geh und verschließe den Kanal, in den du dieses Gift gegossen hast! Und tötet die Christen, die es bei sich trugen!“, befahl der Kaiser harsch. Marzia hörte, wie er den Überbringer der Nachricht, sicher ein Soldat, mit einer Peitsche schlug.
    „Da seht Ihr, was dieses Pack uns antun will! Bringen Gift in mein Reich – wohl, um uns zu vernichten!“, tobte ihr Herr.
    Marzia fragte sich, mit wem er jetzt sprach, da der Soldat längst aus dem Thronsaal geflohen war. Vorsichtig spähte sie um die Säule, hinter der sie sich verborgen hielt, denn sie wollte nicht auch die Peitsche zu spüren bekommen.
    Sie sah ihn im selben Moment, als er zu sprechen ansetzte. Er war groß, schlank und trug sein Haar so kurz, als wäre es mit einem Messer geschoren worden. Seine purpurne Toga schien erlesener als die Neros, und auch seine stolze Haltung stand der des Kaisers in nichts nach.
    „Ihr solltet den Soldaten zurückrufen“, schlug der Fremde emotionslos vor. „Er weiß zu viel – und außerdem nimmt er es mit Euren Befehlen nicht so genau.“
    Marzia konnte nicht sehen, was er tat, aber es schien, als zeigte er Nero etwas, das er aus einer der Falten seiner Toga nahm.
    „Beim Jupiter – was ist das?“, fragte Nero und streckte die Hand fordernd aus.
    Die Sklavin schnappte nach Luft, als sie den großen roten Edelstein sah, der nun in des Kaisers Händen lag.
    „Im Inneren dieses Rubins bewahrten die Christen eine mächtige Flüssigkeit. Wie Ihr ...“
    Der Fremde nahm Nero den Stein wieder ab und trat an den weitläufigen, von Säulen getragenen Balkon des offenen Thronsaals. „… wie Ihr, war auch ich hinter den Männern aus Judäa her – wenn auch aus anderen Gründen. Ich sah Euren Krieger mit dem Stein, aber ehe ich ihn davon abbringen konnte, den Inhalt zu vergießen, war es schon geschehen. Einzig den Rubin konnte ich ihm entwenden, denn in seiner Gier verzichtete er darauf, ihn ebenfalls zu zerstören.“
    „Für wen haltet Ihr Euch? Und wie kommt Ihr dazu, Euch in meine Belange einzumischen?“, fragte Nero sichtlich erzürnt.
    „Ich bin Eure Rettung. Ihr wisst nicht, was Ihr da freigesetzt habt, aber ich sage Euch, es kostet Euch Euren Thron.“
    Neros Gesicht färbte sich rot vor Wut, und Marzia presste sich dicht an die Säule. Sie flehte die Götter an, er

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