Von Flammen verzehrt
Hände in die Hüften. Die roten Locken fielen ihr wirr ins Gesicht, und Julien musste den Drang unterdrücken, ihr diese hinter die Ohren zu streichen.
„Fay, bitte …“
„Halt die Klappe! Ich versteh schon. Und weißt du was, Julien? Es ist okay! Ich hab in meinem Leben noch jede Rechnung beglichen. Wenn die letzte Nacht also der Preis für Chloés Rettung war, dann bitte! Aber wag es nicht, mir nochmal zu nahe zu kommen!“
Ruhig, als ginge ihn Fays Gefühlsausbruch nichts an, antwortete er: „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen, Fay.“
Er fuhr sich durchs Haar, was jedem, der ihn besser kannte, gezeigt hätte, dass er nicht so entspannt war, wie er vorgab zu sein.
„Aber was erwartest du denn, was ich Lamar sage?“
Ihre geballten Fäuste und die sich hektisch hebende Brust waren Zeichen für Fays Wut, und, obwohl sie ihn gewarnt hatte, hätte er sie am liebsten in seine Arme genommen. So aber gab er sich damit zufrieden, ihren ihm inzwischen so vertrauten Duft einzuatmen.
„Wo ich doch nicht einmal mir selbst erklären kann, was du mit mir anstellst?“, flüsterte er, um Frieden bemüht.
„Dann werd dir besser schnell klar darüber, denn das Letzte, was ich brauche, ist ein Scheißkerl, der sich nur ein wenig mit mir die Zeit vertreibt!“
Sie funkelte ihn böse an. „Können wir uns nun den wirklich wichtigen Dingen zuwenden, oder müssen wir weiter diese Sache zwischen uns breittreten?“
Julien gab sich geschlagen, denn es war wirklich wichtiger, Chloé zu retten, als sein verworrenes Gefühlsleben zu ergründen.
„Sicher, Fay. Ganz, wie du willst.“
Er würde später einen Weg finden, sich mit ihr auszusöhnen. Auch wenn er bedauerte, wie es nun zwischen ihnen stand, war es vielleicht ganz gut, um konzentriert das eigentliche Problem zu lösen.
„Lamar sagt, die Nachricht hat dich sehr mitgenommen?“
Fay lehnte am Fensterbrett, und Julien konnte im Halbdunkel des Raumes ihr Gesicht kaum mehr erkennen. Er wünschte, sie käme näher.
„Im ersten Moment ja“, gestand sie. „Aber jetzt geht es mir besser. Es muss ja überhaupt nicht Chloés Blut sein, oder? Es könnte auch von einem Tier stammen!“
Julien glaubte nicht, dass der Wanderer leere Drohungen machte, aber das wollte er Fay besser nicht sagen.
„Er will sich mit uns beiden treffen“, sprach er an, was ihm viel größere Kopfschmerzen bereitete. Es behagte ihm überhaupt nicht, den Kerl noch einmal an Fay heranzulassen.
„Was hat er vor, Julien? Was will dieser Psycho von mir?“
„Nichts. Er will mich durch dich und deine Schwester treffen.“
Fay kam um das Bett und setzte sich neben ihn. Juliens Herz schlug schnell. Ihre Nähe ließ ihn wünschen, einfach aufstehen zu können, und seine Verantwortung, seine Aufgabe und seine Unsterblichkeit zurückzulassen, um mit Fay davonzugehen. Doch das war nicht möglich! Und wenn er wollte, dass dieser wunderschönen, leidenschaftlichen Frau nichts geschah, musste er den Wanderer vernichten, sobald sich die Gelegenheit dazu bot.
„Ist es das, was Cruz meint, wenn er sagt, es sei gefährlich, Gefühle für dich zu entwickeln?“
Ihre braunen Augen glänzten im schwachen Mondlicht, welches durch die Lamellen des Fensterladens hereinfiel, wie dunkle Seen, und die wenigen Zentimeter, die ihn und Fay trennten, erschienen Julien wie eine endlose Wüste, die ihn von einem rettenden Gewässer trennte.
„Wann hast du denn mit Cruz gesprochen?“
Fay zuckte die Schultern.
„Alessa war dabei, mir etwas darüber zu erzählen, dass Gabriels schwangere Freundin entführt worden war, als Cruz dazukam. Er sagt, Frauen, die sich in eurer Nähe aufhalten, leben gefährlich.“
Die Erwähnung von Gabriel und Elisabetta schlug ein dunkles Kapitel in Juliens Leben auf. Bilder, die er bewusst lange verdrängt hatte, erschienen vor seinem geistigen Auge, und er fasste nach Fays Hand, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich war – und die Bilder nur eine Erinnerung.
„Was ist mit ihr geschehen, Julien? Kannst du es mir sagen?“
Julien sah sie an, und er wusste, sie musste den Schmerz in seinen Augen sehen.
„Ich denke nicht, dass du das wissen willst.“
„Ist es so schlimm?“, fragte sie sanft und streichelte seine Finger.
Es fiel ihm so schwer, weiterzusprechen, denn Julien erkannte, dass er dabei war, Gabriels Fehler zu wiederholen. Er war dabei, sich zu verlieben. Und das machte ihm Angst.
„Nein, Fay. Es war schlimmer!“
Seine Kehle schmerzte vor
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