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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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nicht ewig vor Doktor G drücken.«
    »Sagt das Mädchen, das jedes Mal ausflippt, wenn ihr Freund zu Besuch kommt.«
    Naomi setzte sich auf. »Wenigstens stehe ich zu meinen Gefühlen. Aber du hast eine Heidenangst davor, Emily. Wir alle hier drinnen haben so eine beschissene Angst davor, glücklich zu sein. Wir haben uns schon so lange nicht mehr glücklich gefühlt, dass wir gar nicht mehr wüssten, was wir mit diesem Gefühl anfangen sollen.«
    Als ich danach wieder zu Lily schaute, nickte sie, und mein Herz verkrampfte sich. So geht es mir immer. Ich blicke nur für einen Moment weg, und schon werden ohne mich alle wieder ein Stück erwachsener.

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    D oktor Gilyard wirkte überrascht, als ich heute in ihr Büro kam.
    »Dann bist du jetzt also bereit dafür, Emily?«, fragte sie, als ich mich setzte.
    »Nein«, sagte ich.
    Sie lächelte und schlug ihr Notizbuch auf.
    »Erzähl mir von Sid.«
    Sobald sein Name fiel, spürte ich, wie mein Herz panisch zu klopfen anfing.
    Genauso wie jetzt, wenn ich seinen Namen schreibe.
    »Wann hast du ihn kennengelernt?«
    Ich musste eine Sekunde lang die Augen schließen. Dann holte ich tief Luft und zog die Beine auf dem Stuhl nah an mich heran, sodass ich das Kinn auf die Knie stützen konnte. »An dem Vormittag im Englischkurs, am ersten Unterrichtstag im College. Am Tag nachdem ich mir die Haare gefärbt hatte.«
    »Und was geschah da?«
    »Nichts. Er spazierte einfach nur herein.«
    Er kam in den Raum, und alle blickten ihn an, denn wenn Sid King in einen Raum kam, blickten ihn alle an. Manchmal frage ich mich, ob ich ihn in der Erinnerung verkläre, seine Gesichtszüge weicher mache, seine Augen dunkler und strahlender, seiner Haut einen wärmeren braunen Farbton gebe. Aber es war einfach so, dass jedes Mädchen dahinschmolz und jeder Junge sich aufrechter hinsetzte, die Schultern nach hinten, wenn er durch ein Klassenzimmer ging.
    Er war älter als die anderen, das erkannte ich sofort – mindestens so alt wie ich. Man merkte es daran, wie er ging, und daran, dass es ihm gleichgültig war, wo er saß. Statt den Blick durch den Raum schweifen zu lassen, ob er vielleicht irgendjemanden kannte, setzte er sich einfach auf den nächsten freien Platz.
    Er trug damals lange Haare, und an dem Morgen fielen sie ihm in noch feuchten Locken über die Ohren. »Sid fährt sich oft durch die Haare«, erzählte ich Doktor Gilyard, als ich mich daran erinnerte, wie schwarz sie an dem Tag im Licht der weißen Neonröhren glänzten. Aber es waren auch schon einzelne getrocknete, dunkelbraune Strähnen erkennbar. »Das ist so etwas wie ein Tick bei ihm. Juliet zieht sich die Ärmel ihres Pullis bis über die Hände, weil sie immer friert, und ich fass mir ans Ohrläppchen, wenn ich lüge. Sid fährt sich durch die Haare.«
    »Aha«, sagte Doktor Gilyard und machte sich eine Notiz.
    »Er war sich bereits zwei Mal durch die Haare gefahren, bevor er überhaupt an uns vorbeikam.«
    »Was ist dir sonst noch an ihm aufgefallen?«
    »Die Tattoos an seinen Handgelenken.« Ich berührte mit den Zeigefingern erst die Innenfläche meines rechten, dann meines linken Handgelenks. »Es stand dort: SINK und SWIM . Und er trug ein schwarzes
Sonic Youth
-T-Shirt –«
    Doktor Gilyard unterbrach mich. »Warum erinnerst du dich daran so genau?«
    »Weil Juliet damals ein Buch über No Wave las.«
    »New Wave?«
    »No Wave, Sie wissen schon, Post-Punk, Anti-New-Wave«, fing ich zu erklären an, aber Doktor Gilyard blickte mich so verwirrt an, dass ich es sofort aufgab. »Nicht weiter wichtig. Es war eben einfach alles an ihm perfekt.«
    Das war es. Ich glaube nicht groß an das Schicksal – ich glaub überhaupt nicht mehr an viel –, aber wegen dieser vielen kleinen Einzelheiten war ich überzeugt, dass unsere Begegnung tatsächlich schicksalhaft war.
    Ich erinnere mich daran, dass ich mich zu Juliet umdrehte und sah, wie sie ihn ebenfalls mit halb offenem Mund anstaunte, als er seinen abgewetzten Rucksack auf den Tisch vor uns fallen ließ. Von allen Tischen im Raum ausgerechnet den vor uns. Das ist noch so etwas, was ich mich immer wieder gefragt habe: Wäre das alles passiert, wenn er sich einen Platz auf der anderen Seite des Raums ausgesucht hätte? Wahrscheinlich nicht. Aber da saß er nun vor uns, so nah, dass ich das Shampoo in seinen Haaren riechen konnte.
    »Und dann – was hast du dann getan?«, fragte Doktor Gilyard, und ich musste lächeln.
    »Ich hab Juliet nach ihren

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