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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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Tür vorgekämpft hatte. Ununterbrochen trat ich Leuten auf die Füße, und als ich mich an Marilyn und Elvis vorbeizwängte, die sich wieder mit einer solche Hingabe zu küssen angefangen hatten, dass ich wegschauen musste, stieß ich aus Versehen eine ganze Batterie halb leerer Bierdosen vom Beistelltisch.
    Weil ich so damit beschäftigt war, dem küssenden Pärchen auszuweichen, stolperte ich geradewegs in einen Jungen mit einer
Scream
-Maske hinein. Er hob die Arme, und ich wollte zurückweichen, doch eine Gruppe Mädchen aus meinem Kunstkurs am College stand mir im Weg, die johlten, als er mich zu küssen versuchte.
    Als er mich schließlich losließ, taumelte ich kichernd in den Flur weiter, wo sich als Nächstes ein Typ in einer
Ghostbuster
-Uniform vor mir aufbaute, der mit einer Wasserpistole auf mich zielte.
    »Hände hoch!«, rief er mit einem fiesen Grinsen.
    »He, Mann, vor so was hab ich seit fünfzehn Jahren keine Angst mehr«, sagte ich.
    »Da ist Wodka drin!«, antwortete er. »Mach den Mund auf!«
    »Wodka?«, fragte ein Mädchen in einem roten Kleid und beäugte die Wasserpistole mit einem idiotisch breiten Grinsen. »Womit gemixt?«
    »Wahrscheinlich mit Schlaftabletten«, murmelte ich. Aber sie beachtete mich nicht mehr, und ich schob mich weiter. Aus dem Augenwinkel konnte ich noch sehen, wie sie den Kopf zurücklegte und den Mund öffnete.
    Im Flur herrschte ein genauso großes Gedränge wie im Wohnzimmer, und die Musik kam mir dort noch lauter vor. Ich konnte die Bässe durch und durch spüren, bis in die Knochen. Sogar als ich mich an der Heizung festhielt, weil ich beinahe wegen einer leeren Sambucaflasche hingefallen wäre, spürte ich es: dieses Summen und Vibrieren, ganz tief drinnen, als wären die Rohre lebendig. Und so fühlte sich auch das ganze Haus an – lebendig. Die Vorhänge flatterten, und die eingerahmten Fotos von Simone und ihren Brüdern erzitterten an den Wänden. Selbst die Dielen unter meinen Füßen schienen mitzuschwingen, als ich zur Küche weiterstolperte und dabei auch noch den letzten Rest von meinem Cider verschüttete.
    Als ich es endlich bis zur Küche geschafft hatte, halb aus eigener Kraft, halb von anderen geschubst, sah ich Sid auf der Arbeitsplatte sitzen und mit ein paar Jungs quatschen. Ich hatte nicht gewusst, dass er dort war, und mein Herz fing wie wild zu klopfen an. Er lächelte mir zu, als er mich bemerkte, und ich lächelte zurück. Und als er danach mit seinen Kumpels weiterquatschte, fühlte ich mich plötzlich sehr einsam. Ich wusste nicht, warum; ich hätte einfach ins Wohnzimmer zurückgehen können, um dort mit Juliet zu tanzen, solange es noch was zu trinken gab oder bis die Nachbarn die Polizei riefen, was auch immer zuerst eintreten würde. Und in diesem Augenblick traf es mich wie ein Schlag – es kam richtiggehend über mich; die Frage fiel mich an wie ein tollwütiger Hund –, und ich wusste auf einmal nicht mehr, warum ich eigentlich auf dieser Party war. Jedenfalls nicht, um mit Juliet zu tanzen oder mit Sid auf beste Freunde zu machen. Ich taumelte rückwärts, und mir glitt die Ciderdose aus der Hand. Ich hörte nicht, wie sie auf den Boden fiel, und während ich mich wieder aus der Küche schob, hörte ich nicht einmal mehr die Musik. Ich hörte nur diese Stimme in meinem Kopf, die ununterbrochen fragte: Was tust du hier? Was tust du hier?
    Ich wollte nur noch raus, aber an der Haustür gab es gerade ein besonderes Gedränge, weil Jason wieder hereingekommen war, zum Glück nicht mit einem Gewehr. Das öffentliche Liebesdrama zwischen Ashley und ihm ging in die nächste Runde, und sie brüllten einander wieder an. Da mir nichts Besseres einfiel, ging ich die Treppe hoch in den ersten Stock. Alle Zimmer waren abgesperrt, bis auf eine winzige Kammer neben dem Bad, eher ein Schrank als ein Raum. Es roch darin ganz frisch und sauber, wie nach frisch gewaschenen Handtüchern und Babypuder. An einer Wand war ein Futon aufgerollt, und an den anderen waren Kartons gestapelt. Ich hob bei einem den Deckel und spähte hinein. Sie schienen mit Dingen vollgepackt zu sein, die bei der Party besser nicht zu Bruch gehen sollten: Teller mit Goldrand, hastig eingewickelte Porzellanfiguren. Im nächsten Karton fand ich erstaunlicherweise eine Flasche Rotwein.
    »Aha, du hast was Besseres gefunden«, sagte jemand, als ich sie gerade herausholte.
    Ich drehte mich um und sah einen Jungen mit hellbraunen Haaren hinter mir stehen. Die Tür war zu.

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