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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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immer an, wie er sie ansah, und ich hätte ihm am liebsten gesagt, dass ich ihn verstand; dass ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn Juliet Shaw einem ein riesiges Loch in das eigene Leben riss. Ja, ich verstand ihn. Sid und ich hatten zwar vollkommen unterschiedliche Motive, aber die Macht, von der wir innerlich getrieben wurden, war bei uns beiden gleich stark. Der Brennpunkt unseres Denkens und Fühlens war derselbe. Wenn irgendjemand wusste, wie es war, ständig nur an Juliet Shaw zu denken, dann ich.
    Schweigen umwölkte uns wie Rauch. Als ich Sid nach einer Weile immer noch verlegen auf die Bierdose in seiner Hand starren sah, lachte ich. So konnte es zwischen uns nicht bleiben.
    »Schon in Ordnung, Sid«, sagte ich achselzuckend und nahm einen Schluck von meinem Bier. »Wirklich. Ich will da gar kein großes Thema draus machen. Aber ist doch so. Wenn ich nicht Nancys beste Freundin wäre, hätten wir wahrscheinlich nicht viel miteinander zu tun.«
    Er bekam einen roten Kopf und drehte sich weg. Als ich das merkte, versetzte es mir einen Stich. Nicht, weil er nicht entgegnete: »Doch, doch, natürlich hätten wir uns auch ohne Nancy angefreundet«, sondern weil ich bisher nicht bemerkt hatte, wie empfindsam Sid war. Man sagt etwas zu ihm, und es bleibt sofort hängen, schlägt in ihm Wurzeln.
    »Und wo habt ihr danach gewohnt?«, fragte er auf einmal und drehte sich wieder zu mir.
    Ich war davon so überrumpelt, dass ich fast »Godalming« geantwortet hätte, aber ich bremste mich gerade noch rechtzeitig ab. Ich hatte mir für Rose irgendwann eine eigene Vergangenheit ausgedacht. Nur, konnte es wirklich sein, dass Nancy, Sid und ich so viele Nachmittage miteinander im Park verbracht hatten, miteinander auf so vielen Gigs gewesen waren und gesungen hatten, bis wir stockheiser waren – und nie über die Vergangenheit von Rose Glass geredet hatten?
    »Barnsbury«, antwortete ich.
    Er nickte. »Hübsch da.«
    »Na ja, ist für mich auch schon wieder vorbei. Als Mum und Dad sich scheiden ließen, haben sie das Haus verkauft, und Mum und ich sind dann in die Wohnung in der Nähe der Angel Station gezogen.«
    »Trotzdem. Immer noch viel besser als Scarbrook. Wie habt ihr es geschafft, da wegzukommen?«
    Ich trank wieder von meinem Bier. Ich blickte Sid nicht an, sondern starrte auf die Dose. Als ich nicht antwortete, meinte er nach einer Weile: »Du brauchst nicht drüber zu reden, wenn du nicht magst.«
    »Das ist es nicht«, sagte ich und hielt einen Moment inne, während ich mit dem Finger die Buchstaben auf der Bierdose nachfuhr. »Ich hab nur gerade darüber nachgedacht, wie lange wir uns inzwischen eigentlich schon kennen.«
    Er führte meinen Gedanken zu Ende. »Und dass wir noch nie über diese ganzen Sachen geredet haben?«
    Ich lächelte, nickte und nahm noch einen Schluck Bier.
    »Ich weiß noch nicht mal, was dein Vater macht, Ro.«
    Er ist Chirurg. Ich hatte es schon so oft gesagt – zu Juliet, zu Mike und Eve, zu Grace Humm. Eigentlich hätte ich es wie aus der Pistole geschossen antworten müssen. Stattdessen rutschte mir heraus: »Er ist Automechaniker.«
    Ich presste die Lippen aufeinander, aber es war zu spät.
    Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    »Automechaniker?«
    Wieder fuhr ich mit dem Finger die Buchstaben auf der Bierdose nach. »Ja. Mein Onkel und er hatten eine Autowerkstatt. Für die zwei reichte das Geld, doch dann wurde meine Mutter mit mir schwanger. Mein Vater sagte immer, ich sei eine freudige Überraschung gewesen. Aber das ist nur eine nette Umschreibung dafür, dass ich ein Unfall war.« Die Geschichte war nicht komisch, deshalb weiß ich nicht, warum ich lachte. »Es war für beide noch viel zu früh. Sie waren noch nicht mal neunzehn. Mein Vater wollte erst so weit sein, dass er sich ein Haus leisten konnte, bevor er eine Familie gründete. Eine Ein-Zimmer-Wohnung in Scarbrook war nicht sein Traum.«
    Ich trank die zweite Dose Bier leer und ließ sie in die Plastiktüte fallen. »Deshalb riss er sich nach meiner Geburt den Arsch auf, um möglichst viel Geld zu verdienen«, fuhr ich fort, und da erst merkte ich, was ich gerade tat; dass ich Sid nicht die Geschichte von Rose erzählte, sondern meine eigene, Emilys Geschichte. Monatelang war ich vorsichtig gewesen und hatte immer aufgepasst, und jetzt auf einmal das. Ich verstand selber nicht, warum. Ich hätte einfach aufhören sollen, aber Sid blickte mich so teilnahmsvoll an und wartete darauf, dass ich fortfuhr – da

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