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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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 Prozent der Flecken im Nu beseitigt.
    Ich neigte den Kopf und blickte sie unter den Wimpern hervor an. »Tragen Sie keinen Ring, weil Sie unverheiratet sind oder weil wir nicht wissen sollen, ob Sie verheiratet sind?«
    Sie nickte und blickte mich an. »Wir bauen hier eine intime Beziehung auf, Emily. Da gibt es gewisse Erwartungen, es braucht Vertrauen. Es ist vollkommen natürlich, dass du gern wissen möchtest, ob –«
    »Ich hab nicht gefragt, ob es vollkommen natürlich ist. Ich hab gefragt, warum Sie keinen Ehering tragen«, fiel ich ihr ins Wort. Hätte ich direkt vor ihr gestanden, ich glaube, ich hätte sie in diesem Moment ins Gesicht geschlagen.
    »Lass uns weitermachen, Emily«, meinte sie daraufhin nur.
    Wie fühlt es sich an?, hätte ich am liebsten gebrüllt. Wie fühlt es sich an?
    »Waren Sie jemals so richtig verliebt?«, hakte ich nach.
    Sie nahm die Brille ab und schaute mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Ich hab gehört, dass du kaum was isst, Emily. Du wirkst sehr erschöpft. Wann hast du das letzte Mal ordentlich geschlafen?«
    »Wann haben Sie das letzte Mal auf eine Frage geantwortet?«
    »Möchtest du, dass ich dir etwas verschreibe, damit du besser schlafen kannst?«
    »Nein. Ich möchte, dass Sie auf meine Frage antworten.« Ich fühlte mich wie ein Kleinkind vor dem Regal mit den Süßigkeiten in einem Supermarkt, das einen Schokoriegel haben möchte und bittet und bettelt, aber seine Mutter beachtet es einfach nicht. »Waren Sie jemals so richtig verliebt?«
    »Warst du es denn, Emily?«
    Ich wandte das Gesicht weg. »Nein.«
    »Ich dachte, du liebst Sid.«
    Ich rutschte neben dem Haufen Bücher auf den Boden. »Das ist nicht Liebe«, sagte ich und lehnte mich zurück. Die Kante des Regals drückte sich zwischen meine Schulterblätter. »Jemanden zu lieben, der einen nicht zurückliebt, ist, wie einen Ball immer wieder gegen die Wand zu werfen.«
    Sie gab darauf keine Antwort, was mich überraschte. Ich dachte, sie würde weitermachen, den Druck erhöhen, am anderen Ende des Seils weiterzerren.
    Ich schaute sie an. »Sie tragen ein Kreuz um den Hals.«
    Sie nickte.
    »Warum?«
    Sie drückte mit zwei Fingern dagegen. »Warum nicht, Emily?«
    »Weil Sie eine Ärztin sind.«
    »Nicht alle Ärzte sind Atheisten.«
    »Und wie funktioniert das Ihrer Meinung nach? ›Wenn wir sie schon nicht retten können, lasst uns wenigstens für sie beten?‹« Ich blickte sie mit hochgezogener Augenbraue an. »Wahrscheinlich so eine Mischung aus dem Besten beider Welten, oder?«
    Sie nickte und setzte ihre Brille wieder auf. »Einstein sagte einmal: ›Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind.‹«
    »Einstein?«, lachte ich. »Was hat der denn gewusst?«
    Sie lächelte nur.
    »Beten Sie manchmal für mich?«, fragte ich. Meine Stimme klang dabei dünn und leise, wie früher, als ich noch klein war; wenn ich meinem Vater beichten musste, dass ich etwas kaputt gemacht hatte. Als ich damals die chinesische Vase im Esszimmer zerbrochen hatte, flüsterte ich so leise, dass ich nicht mal selber verstehen konnte, was ich sagte.
    Als sie darauf nicht antwortete, beugte ich mich vor. »Wenn Sie am Sonntag in die Kirche gehen und Lieder singen und Kerzen anzünden, beten Sie dann für mich? Für die arme, verrückte Emily Koll?«
    »Nein«, sagte sie, ohne eine Sekunde zu zögern.
    Ich musste den Blick abwenden, weil es mir wehtat, tief, tief drinnen in meiner Brust. Ich wäre am liebsten aus ihrem Büro hinausgerannt, hätte mich auf mein Bett geworfen und geweint. Aber ich konnte auf einmal kein Glied rühren. Vielleicht, dachte ich, während ich neben dem Bücherhaufen auf dem Boden saß, vielleicht betet sie deswegen nicht für mich, weil sie glaubt, dass sie mir helfen kann. Weil sie es damit ernst gemeint hat, als sie in mein Zimmer kam und die Linie auf den Boden zeichnete – dass ich kein hoffnungsloser Fall bin.
    Kaum war mir dieser Gedanke gekommen, spürte ich, wie mir das Blut heiß in die Wangen schoss. Hoffnung. Wilde, sinnlose, unerschütterliche Hoffnung.
    Deshalb schaute ich sie wieder an. »Sid hatte Karten gewonnen.«
    »Karten wofür?«
    »Für die Beastie Boys. Wir sind große Fans von ihnen.«
    »Wir?«
    »Sid, Juliet und ich. Wir waren total aufgeregt.«
    Ich holte tief Luft. Fast hätte ich husten müssen. »Ich hab ihnen erzählt, dass ich die Beastie Boys davor das letzte Mal in Glastonbury gehört hatte, und da packte Juliet mich kreischend

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