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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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in Wembley, es sind davor keine Stände aufgebaut und der ganze Kram. Wahrscheinlich würde man an anderen Tagen einfach dran vorbeigehen. Man bemerkt das Gebäude der Academy eigentlich erst, wenn man direkt davorsteht.«
    Wenn die Beastie Boys dort ein Konzert hatten, war das natürlich anders.
    Chaos ist das einzige treffende Wort, das mir dazu einfällt. Der Verkehr staute sich, und der Gehsteig war ein einziges Durcheinander von Leuten, die entweder darauf warteten, eingelassen zu werden, oder vergeblich versuchten, reinzukommen. Juliet, Sid und ich standen auf der anderen Straßenseite und beobachten das Ganze erst einmal. Fast jeder brüllte irgendwas; Taxifahrer lehnten sich aus den Fenstern und beschimpften die Leute, die vom Gehsteig auf die Straße traten, um Fotos von den roten Buchstaben unterhalb der Kuppel zu machen: BEASTIE BOYS SOLD OUT ; Männer in gelben Leuchtwesten schrien alle an, sich hinter den Absperrungen ordentlich in einer Reihe anzustellen.
    Keine Ahnung, wie lang die Schlange war, jedenfalls sehr lang. Ein Aufnahmewagen der BBC hatte in einer schmalen Seitenstraße geparkt, gleich neben dem Bühneneingang, und die Schlange wand sich daran vorbei. Es war zu dunkel, um erkennen zu können, wie weit sie reichte. Männer in dicken Anoraks, die ihre fellbesetzten Kapuzen über den Kopf gezogen hatten, gingen daran auf und ab und verteilten Flyer für Konzerte und Clubs in Dalston.
    Ein paar Mädchen, die neben uns standen, erzählten sich, dass die Leute da drüben schon den ganzen Tag anstanden. Keine Ahnung, wie sie das aushielten; es war nämlich arschkalt. Wir standen erst seit ein paar Minuten da, und ich schlotterte bereits. Der Typ in dem Check-Your-Head-T-Shirt ganz vorne in der Schlange wartete schon seit dem frühen Morgen, erzählten sie. Er sei extra aus Berlin für das Konzert gekommen und hatte wohl versucht, vor der Academy auf dem Gehsteig zu übernachten. Aber ein Polizist hatte ihm klargemacht, dass er entweder vollgepisst oder verhaftet werden würde, deshalb ging er dann doch lieber in ein Hotel und kam mit der ersten U-Bahn wieder zurück.
    Sid, Juliet und ich waren nur aus Islington gekommen, was im Vergleich dazu wirklich keine lange Anreise war. Aber ich hielt es vor Anspannung und Aufregung fast nicht aus. Ich musste unbedingt auf das Konzert.
    »Als wir vor der Academy standen, habe ich meinen Vater vermisst«, sagte ich zu Doktor Gilyard.
    »Warum, Emily?«
    »Wenn er noch da gewesen wäre, hätten wir das alles viel leichter regeln können. Ich hätte ihn einfach nur anrufen müssen und ihm gesagt, dass ich Karten brauchte, er hätte gefragt, wie viele – und bingo!«
    »Und was war euer Plan? Wie wolltet ihr es hinkriegen, zu dritt mit zwei Karten reinzukommen?«
    »Na ja, Sid hatte nicht wirklich Karten, sondern Ausweise. Damit sind Juliet und er erst mal rein, und danach ist er mit Juliets Ausweis noch mal zu mir raus und hat mich geholt.«
    »Okay, klingt überzeugend.«
    Und es klappte auch. Aber die Warterei war eine Qual. Ich stand auf der anderen Straßenseite und beobachtete, wie Sid und Juliet sich am Ende der Schlange von Leuten mit Ausweisen anstellten. Beobachtete sie, wie sie zusammen warteten. Beobachtete sie, wie sie die Stufen hochgingen. Beobachtete sie, wie sie eingelassen wurden. Fünf Minuten vergingen, dann zehn, dann fünfzehn.
    Ich wartete und wartete und wartete. Inzwischen war mir so kalt, dass ich nicht mehr still stehen konnte. Wenn ich einen Mantel angehabt hätte, wäre es natürlich nicht so schlimm gewesen. Aber das hätte bedeutet, dass ich ihn die ganze Zeit hätte mitschleppen oder extra für die Garderobe hätte zahlen müssen. Sid, Juliet und ich hatten eine Flasche Wodka dabei, die wir schon fast leer getrunken hatten. Das musste reichen, hatte ich vorher beschlossen – falsch!
    »Dann steckte eine Zeit lang ein Bus im Stau vor der Academy fest und versperrte mir die Sicht«, sagte ich. »Deshalb konnte ich den Eingang nicht mehr sehen. Auf der Seite war eine Werbung für so einen kitschigen Weihnachtsfilm, irgendwas mit einer Elfe oder einem Pinguin. Ich weiß noch, wie ich mir eine Zigarette angezündet und die Werbung angestarrt habe.«
    »Und dann?«
    »Dann fuhr der Bus endlich weiter, und ich entdeckte Sid.«
    Da musste ich lächeln. Das passiert mir in Doktor Gilyards Büro nicht oft. Aber als ich an diesen Moment dachte, an Sid, der auf der anderen Straßenseite stand und mich anlächelte, gaben meine Mundwinkel,

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