Von jetzt auf gleich
immer noch Kopfschmerzen …«
»Das ist ja kein Wunder.« Er hatte einen supersüßen Gesichtsausdruck. Ich war drauf und dran, seine Wange zu berühren, hatte aber das Gefühl, ihn nicht gut genug zu kennen.
»Es ist ziemlich normal, wenn man nicht gerne im Krankenhaus liegt, oder?«
»Absolut«, versicherte er.
Ich runzelte die Stirn. Ich wollte sagen, dass ich die Hilflosigkeit nicht mochte und die Unsicherheit und all die Aufmerksamkeit, aber ungelogen, ich konnte die passenden Worte nicht finden. Ich wollte auf mich selbst zeigen und sagen: »Schau – so fühle ich mich«, und hoffte, dass die Leute die Lücken selber füllen würden.
»Du wirst hier bald rauskommen. Und ich nehme dich mit nach Hause. Du musst dir überhaupt keine Sorgen machen. Ich werde mich um dich kümmern. Wie immer.« Wie immer. Das hörte sich gut an. Das war der erste beruhigende Satz, den ich gehört hatte, seit ich in diesem Krankenhaus aufgewacht war.
»Es tut mir leid, Dirk«, sagte ich. »Ich fühle mich schuldig, weil ich mich nicht an dich erinnere. Du bist so nett. Ich bin sicher, du bist ein großartiger Partner.«
»Du hast dich niemals beklagt.«
»Dann muss ich eine wirklich glückliche Person sein.« Er lächelte mich an, und mir wurde klar, warum ich mich in ihn verliebt hatte. Er hatte ein umwerfendes Lächeln, vertrauenerweckend und ja, ein bisschen eingebildet, aber er gab mir das Gefühl, dass ich zu ihm gehörte, also gab es nichts, worüber ich mir hätte Sorgen machen müssen. Ich konnte nicht verstehen, warum Todd gesagt hatte, ich hätte, was Männer betrifft, einen schlechten Geschmack. Wahrscheinlich war er eifersüchtig. Dann kam eine blonde Frau in mein Zimmer.
»Hi!«, sagte sie zu mir. Und dann, als sie Dirk bemerkte, veränderte sich ihr Ton völlig. »Hallo, Dirk.« Ich fragte mich, ob sie vielleicht mal etwas miteinander gehabt hatten. War sie seine Ex? Und wenn sie es war, warum war sie dann nett zu mir? War ich eine Freundin von ihr? War ich etwa mit jeder Ex von Dirk befreundet?
»So, dann sind wir jetzt also wieder am Nullpunkt angekommen?«, fragte sie mich mit hochgezogener Augenbraue.
Ich schaute sie an und hatte nicht wirklich verstanden, was sie meinte. Aber ich dachte mir wie bei jedem anderen auch, der in mein Zimmer gelatscht war: Im Zweifel für den Angeklagten. Wahrscheinlich war es wirklich so eine Art Nullpunkt.
»Unglaublich«, sagte sie, »ich kann es nicht fassen! Ich wundere mich, dass du noch keine Story in den Lokalnachrichten bist. Ich bin Cat, deine beste Freundin. Das sind wir schon ewig. Wir sind zusammen aufgewachsen.« Sie zog ein Foto heraus und zeigte es mir. Zwei kleine Mädchen mit Perücken. »Das sind wir. Du bist blond. Ich bin brünett. Das sind Perücken. Nicht sehr passend für Achtjährige, aber wir fanden uns ziemlich sexy.« Ich sah auf das Foto von uns und schaute sie dann an. Ich versuchte herauszufinden, wie sich ihr Gesicht verändert hatte. Ich kannte mein eigenes Gesicht nicht gut genug, um irgendwelche Vergleiche anzustellen. Ich hatte mich nur ganz kurz gesehen, als ich versuchte, mich mit meiner Miniatur-Mutter und -Schwester zu vergleichen.
Dann wechselte sie zu einem anderen Bild von uns als kleine Mädchen. »Und das sind wir ohne Perücken. Und wie du siehst, sind wir heute noch genauso süß wie damals.« Sie zog ein anderes Foto heraus. Es war von Todd und ihr, wie sie die Arme kreuzten, um damit einen Stuhl zu bilden, auf dem ich saß. »Und hier ist ein witziges.« Ich schaute mir die Bilder an und war völlig überfordert. Ich erkannte nicht eine Person darauf und erinnerte mich an keine der Situationen, in denen die Fotos entstanden waren. Meine Nasenlöcher zitterten, und mein Kinn flatterte, als ich versuchte nicht zu weinen, aber ich verlor irgendwie die Kontrolle, und Tränen liefen mir über die Wangen.
»Das tut mir leid«, sagte ich, während ich mir die Tränen wegwischte und die Nase hochzog. »Ich … Das ist wirklich seltsam.« Ich erinnerte mich an absolut nichts. Es sah so aus, als wären das alles meine lustigen Erinnerungen, aber wie lange ich mir die Fotos auch ansah oder wie sehr ich mich auch darauf konzentrierte, sie sagten mir nichts.
»Das ist in Ordnung«, sagte Cat. »Ich weiß, es ist beängstigend, wenn man sich an nichts und niemanden erinnert. Aber das geht vorbei. Das wird besser.« Dirk sah aus, als würde er sich etwas unbehaglich fühlen. Wahrscheinlich wegen des Weinens.
»Tut mir leid, dass du
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