Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
Vom Netzwerk:
etwa den rot-gelb gestreiften Löffel?!“
    „Ähm …“, machte ich und spürte, wie die Luft aus mir entwich.
    „Tja …“, sagte Agerian. „Hatten wir dir … das nicht erzählt?“
    Elenor schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war versteinert, das Lächeln verschwunden.
    „Haben wir wohl vergessen“, sagte Agerian.
    „Du wolltest ja lieber Shoppen gehen“, fügte ich hinzu und fühlte mich gleich wieder besser.
    „Wo ist er?“, frage Elenor.
    „In meinem Bauch“, sagte ich. „Strom-Tom hat ihn.“
    „Und Strom-Klaus“, ergänzte Strom-Klaus, der anscheinend befürchtete, dass man ihn sonst vergessen könnte.
    „Wir müssen den Löffel da rausholen“, verkündete Elenor in einem Tonfall, als handele es sich um verschüttete Minenarbeiter.
    „Warum?“, fragte Strom-Klaus. „Hier drinnen ist er doch supersicher.“
    Elenor schaute von mir zu Agerian und wieder zurück. Etwas in ihr schien zu brodeln. „Ihr wollt den Löffel doch benutzen, richtig?“
    Obwohl es eindeutig eine rhetorische Frage war, konnte ich nicht anders, als zu nicken.
    „Dafür müsst ihr aber an ihm lecken“, fuhr Elenor fort und hob die Stimme. „Und das geht wohl etwas schwer, wenn er in Dodos Bauch liegt!“ Ihr Federkleid raschelte aufgeregt.
    „Das ist überhaupt kein Problem“, entgegnete Strom-Tom ruhig. „Dodo sagt mir einfach, was er sich wünscht, und ich denke dann daran, wenn ich am Löffel lecke. Ganz simpel, oder?“
    Wortlos drehte sich Elenor Richtung Fenster. Es sah nicht so aus, als würde das Lächeln bald zurückkehren.
    „Na gut, dann los“, sagte ich. „Wünsch uns in Omis Speisekammer!“
    „Nicht so schnell“, bremste Strom-Tom meine Euphorie. „Schon vergessen? Jeden Tag nur einen Wunsch. Und heute haben Strom-Klaus und ich uns schon etwas gewünscht: die Flucht aus Dunkelstadt in deinen Bauch.“
    „Ach ja, stimmt …“ Ich rutschte ein Stück in meinen Sitz hinein.
    „Dann warten wir halt bis Mitternacht“, schlug Agerian vor. „Hat jemand eine Uhr dabei?“
    „Gleich halb sechs“, entgegnete Strom-Klaus. „Das heißt, noch sechseinhalb Stunden.“
    „Okay“, sagte ich und setzte mich wieder aufrecht hin. „Um Mitternacht wünschen wir uns zu mir nach Hause und dann …“ Ich linste zu Elenor hinüber. Sie zeigte keine Reaktion. „Und dann sehen wir weiter.“
    „Gutgut, so machen wir‘s“, sagte Agerian und drehte sich um. „Was ist denn nun mit den Eskimonaden? Ich bin wirklich durstig.“
    Zu meiner Überraschung sprach er ebenfalls unsinnigerweise in Richtung des Lautsprechers. Vielleicht vermutete er dort auch das Mikrofon.
    „Im vorletzten Waggon steht ein Getränkeautomat“, entgegnete der Pilot nach dem obligatorischen Knacken. „Bitte bedienen Sie sich.“ Seit der Brennnessel-Tee-Diskussion war er seltsam schmallippig geworden.
    Agerian stand auf. „Willst du auch eine, Dodo? Wir sitzen hier bestimmt noch einige Zeit lang fest.“
    „Vielleicht ist es besser, wenn wir zusammenbleiben“, äußerte ich meine Bedenken.
    „Du schaffst das schon. Außerdem sind deine Strom-Männchen ja auch noch da.“
    Agerian klopfte mir aufmunternd auf die Schulter und ging durch den schmalen Gang zwischen den Rückenlehnen. Kurz darauf zischte die Waggontür.
    Sechseinhalb Stunden, dachte ich. Sechseinhalb Stunden und wir würden uns nach Hause wünschen, und ich würde allen zeigen, dass Elenor die echte Elenor war. Alles würde gut werden.
    „Wann hast du aufgehört, mir zu vertrauen?“, fragte Elenor.
    Ihr Blick war vorwurfsvoll. Ich spürte, Hitze in mir aufsteigen.
    „Aber ich vertraue dir doch“, sagte ich und wischte mir über die Stirn.
    „Tust du nicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Sonst hättest du mir erzählt, dass ihr den rot-gelb gestreiften Löffel habt.“
    „Aber …“, begann ich. „Aber ich wollte dir doch davon erzählen. Wirklich! Es war nur immer jemand in der Nähe, deshalb konnte ich nicht.“
    Sie schüttelte erneut den Kopf, sah aus dem Fenster und schwieg, was irgendwie noch schlimmer war, als wenn sie mir weiter Vorwürfe gemacht hätte.
    Ich hielt die Stille nicht lange aus.
    „Elenor … bitte, du musst mir glauben! Ich wollte dir von dem Löffel erzählen, und ich vertraue dir.“
    „Agerian versucht, einen Keil zwischen uns zu treiben.“
    Ich überlegte. „Warum … warum sollte er das tun?“
    „Sag du es mir.“ Sie sah mich an und zog die Augenbrauen hoch.
    „Könntest du bitte kurz mal Elenors Hand nehmen?“, fragte

Weitere Kostenlose Bücher