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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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ich natürlich keine Ahnung hatte, wie lang so eine Bilbog-Elle eigentlich war.
    Agerian nickte. „Ich habe drei Schritte Anlauf genommen und bin gesprungen.“ Er zog große und kleine Glasscherben aus seinen Taschen und legte sie neben die Flaschen. „Wäre ich ein paar Sekunden später gekommen, wäre ich verloren gewesen.“
    „Wahrscheinlich war es ein technischer Defekt“, kommentierte Elenor mit leichtem Desinteresse.
    „Gerade in dem Augenblick, wenn ich im hinteren Teil des Zuges bin?“ Agerian schüttelte so vehement den Kopf, dass ich fürchtete, er könne wieder hysterisch werden. Wurde er aber glücklicherweise nicht. Stattdessen sagte er mit fester Stimme: „Ich habe mir die Verschlüsse angesehen. Jemand hat sie von Hand geöffnet.“
    „Aber wer?“, fragte Elenor. „Außer uns ist niemand an Bord.“
    Agerian setzte sich neben mich und sah mich ernst an. „Ihr wart beide die ganze Zeit über hier?“
    Ich nickte und versuchte, ein ähnlich ernstes Gesicht zu machen.
    „Wirklich die ganze Zeit?“, fragte Agerian.
    „Ja.“
    „Keiner von euch ist auch nur für eine Sekunde nach draußen gegangen?“
    „Nein, wirklich nicht. So lange warst du ja auch nicht weg“, fügte ich hinzu.
    Agerians Augen verengten sich zu Schlitzen. „Was ist mit dem Piloten?“
    „Wie sollte der denn vom Cockpit in den hinteren Teil des Wüstenwurms gelangen, ohne, dass wir ihn sehen?“, fragte Elenor.
    Agerian antwortete nicht. Dafür begann er, sich im Abteil umzusehen, als gäbe es hier vielleicht einen Geheimgang, den wir bislang übersehen hatten. „Jemand wird für dieses Attentat bezahlen! Jemand wird bezahlen. Ich weiß nur noch nicht, wer.“
    Ich kam zu dem Schluss, dass mir der panische Agerian doch irgendwie besser gefiel als der rachsüchtige. „Vielleicht … vielleicht sind wir ja gar nicht die Einzigen in diesem Zug“, versuchte ich, die Situation zu entspannen.
    „Wenn hier tatsächlich noch jemand außer uns wäre, dann müsste sich dieser Jemand noch immer in unserem Teil des Wüstenwurms befinden“, entgegnete Elenor sachlich. „Und das bedeutet, dass entweder Agerian oder wir ihn hätten sehen müssen. Wirklich viel Platz zum Verstecken gibt es hier ja nicht.“
    In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass Elenor sich verändert hatte. Vor unserer Abfahrt aus Las Voltas hätte man glauben können, der Geist einer schwer pubertären 14-Jährigen hätte Besitz von Elenors Körper ergriffen – jetzt argumentierte sie plötzlich wie eine normale junge Frau. Als hätte jemand in ihr einen Schalter umgelegt. Trotzdem war sie irgendwie anders als die Elenor, an die ich mich erinnerte.
    Menschen verändern sich, sagte Omi. Wahrscheinlich hatte sie recht damit.
    „Du sagst, du hättest etwas gesehen, kurz bevor die Waggons abgekoppelt wurden“, holte Strom-Klaus mich zurück an Bord des Wüstenwurms. „Eine Gestalt.“
    „Ja“, entgegnete Agerian. „Aber da war niemand.“
    „Vielleicht ja doch.“
    „Woran denkst du?“, fragte Strom-Tom.
    Strom-Klaus antwortete nicht sofort. Und als er es endlich tat, bestand seine Antwort nur aus einem Wort. Beziehungsweise zwei Wörtern, wenn man den Bindestrich wegließ.
    „Schatten-Assassinen.“
    „Ist das … ist das dein Ernst?“, fragte Strom-Tom, und ich glaubte, ein Zittern in seiner Stimme zu hören.
    „Du steckst einen Schatten-Assassin in einen Wüstenwurm, der erst in drei Tagen wieder anhält. Eine einfachere Art, jemanden aus dem Weg zu räumen, gibt es wahrscheinlich nicht.“
    „Was ist denn ein Schatten-Assassin?“, fasste Agerian in Worte, was uns allen auf der Seele brannte.
    „So genau weiß das niemand“, entgegnete Strom-Klaus.
    „Ich hab gehört, sie leben tief unter der Erde“, setzte Strom-Tom trotzdem zu einer Antwort an. „Der Chef ist beim Ausbau seiner unterirdischen Festung auf sie gestoßen. Ihr wisst ja, wie der Chef ist: Alles muss immer noch größer und größer werden. Und irgendwann fanden sie dann halt diese unterirdischen Höhlen. Die Schatten-Assassinen lebten da seit Jahrtausenden völlig abgeschnitten von allem. Da hatte niemand einen Job, geschweige denn eine Rentenversicherung. Das ging natürlich nicht. Also hat der Chef kurzerhand einen Deal mit den Schatten-Assassinen gemacht, und seitdem arbeiten sie für ihn.“
    „Wie sieht so ein Schatten-Assassin denn aus?“, fragte ich.
    „Eigentlich ist es nicht mehr als ein schwarzer Fleck“, erklärte Strom-Klaus. „Schwarze Materie. Ein

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