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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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die entlang des Straßenrands näher gejoggt kam.
    „Entschuldigen Sie“, rief sie mit piepsender Stimme. „Ich möchte Ihnen wirklich nicht zur Last fallen, aber würden Sie mir vielleicht verraten, wohin Sie wollen?“
    Es war der Pilot.
    Ich sah Agerian an, Agerian sah mich an, und beinahe gleichzeitig fragten wir: „Was machen Sie denn hier?“
    Der Pilot kam vor uns zum Stehen und schnaufte einmal durch. „Na, das nenn ich mal eine Begrüßung.“
    „Ja“, musste ich zugeben. „Aber was machen Sie hier?“
    Der Pilot kratzte sich am Kopf. „Das wüsste ich halt auch gerne.“
    Ich überlegte. „Strom-Tom, was genau hast du dir gewünscht?“
    „Dass wir alle im Garten deiner Omi sind“, antwortete Strom-Tom.
    „Dann wundert mich gar nichts mehr“, sagte Agerian. „Das bedeutet, alle, die im Zug waren, wurden hierher gewünscht.“
    „Das heißt, Sie waren ebenfalls in Omis Garten?“, fragte ich sicherheitshalber nach.
    „Ja.“ Der Pilot nickte. „Hinter dem kleinen Haus.“
    „Dem Geräteschuppen?“
    „Wenn Sie das so nennen wollen.“
    Agerian schüttelte den Kopf. „Na tolltoll … jetzt haben wir den Schlamassel …“ Er wandte sich an mich und sagte leise: „Vielleicht sollten wir den Löffel doch lieber aus dir herausholen.“
    „Der Löffel bleibt hier!“, blaffte Strom-Tom. „Das war ein einmaliger Ausrutscher! Das hätte jedem passieren können.“
    „Am besten kommen Sie einfach mit uns“, sagte ich zu dem Piloten, der verwirrt meinen Bauch anglotzte. „Wir bringen Sie wieder nach Hause.“
    „Aber Sie … Sie wissen doch gar nicht, wo ich wohne“, entgegnete er abwesend.
    Ich ignorierte seinen berechtigten Einwand.
    Die Telefonzelle war noch immer so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Groß und gelb thronte sie über dem flachen Land wie ein Denkmal längst vergangener Tage.
    „Erinnerst du dich noch, wie du aus der Steckdose geploppt bist?“, fragte ich Strom-Tom.
    „Spar dir deine Luft lieber fürs Laufen“, grummelte er zurück. „Ist ‚ne ganz schöne Strecke bis zum Steinbrücker Teich.“
    Schweigend passierten wir die Eisenbahnschienen. Auch danach wurde nur noch wenig gesprochen. Agerian wirkte aus irgendeinem Grund auf einmal sehr angespannt, ich wollte keinen neuen Ärger mit Strom-Tom provozieren und der Pilot war einfach viel zu verwirrt, um ein sinnvolles Gespräch führen zu können.
    Der Steinbrücker Teich war größer, als ich ihn in Erinnerung hatte. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich ihn nie zuvor völlig ohne Algen gesehen hatte. Auf dem Parkplatz davor stand der weiße Lieferwagen mit dem großen Seitenfenster. Einige Buchstaben waren abhandengekommen, sodass die Aufschrift aus einem etwas irritierenden is, Es, leck, lecker bestand.
    Die Eis-Friedel sah unverändert aus, was jedoch nicht weiter verwunderte, da ihre Haut früher schon grau gewesen war und den Feuchtigkeitsgehalt von altem Knäckebrot besessen hatte.
    „Hallo, Jungs“, grüßte sie und präsentierte mehrere große Zahnlücken, die bei unserem letzten Besuch definitiv noch nicht dagewesen waren. „Wollt ihr ein Eis?“
    „Sie haben immer noch geöffnet?“, fragte ich überflüssigerweise.
    „Selbstverständlich“, entgegnete die Eis-Friedel.
    Wenigstens hatte ich erreicht, dass die Zahnlücken wieder hinter den blutleeren Lippen verschwunden waren.
    „Haben Sie denn überhaupt noch Kundschaft?“
    „Ja. … Die Patrouillen kommen ab und zu vorbei.“
    Ich konnte spüren, wie Agerian neben mir erstarrte.
    „Nette Jungs“, fuhr die Eis-Friedel fort. „Haben auch wirklich keinen leichten Job.“ Sie stierte an uns vorbei. Vielleicht dachte sie auch über die widrigen Arbeitsbedingungen der Soldaten nach. „Was kann ich für euch tun?“, fragte sie, als sie fertig war.
    „Du kennst das Spiel, Dodo“, sagte Strom-Tom. „Mund auf und Klappe halten.“
    Strom-Klaus lachte.
    Ich öffnete meinen Mund, und Strom-Tom sagte: „Eis-Friedel, kannst du mich gut verstehen?“
    „Ja“, sagte sie und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Deine Stimme kommt mir irgendwie bekannt vor.“
    „Ja, ja, geschenkt!“ Strom-Toms Laune war wirklich unterirdisch. „Also, pass auf“, sagte er und legte, ohne Luft zu holen, los: „Drei-Null-Sechs-Sechs-Sechs-Fünf-Sieben-A-Strich-Eis-Friedel-Zweitausend-Zwölf-Enter-Frank.“
    Einen Augenblick lang passierte gar nichts. Dann fragte die Eis-Friedel: „Wie bitte?“
    „Verdammt, Dodo!“, fluchte Strom-Tom. „Du sollst deinen Mund

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