Von Liebe und Gift
„Es wird ja nicht ewig sein.“ Er umarmte Neal und drückte ihn ganz fest. „Ich bin so froh, dass du wieder bei uns bist.“
Francis musste schmunzeln, als sie die beiden Männer so vertraut sah. Auch sie war froh, dass ihr Bruder aus der Klinik entlassen worden war.
„Ist ja gut“, sage Neal. „Alles ist wieder gut.“
„Dann hole ich jetzt mal was zu trinken“, äußerte sich Francis. Sie nahm Nicholas bei der Hand. „Wenn du nichts essen magst, musst du wenigstens ausreichend trinken. Was möchtest du? Wasser, Cola, Tee oder Kaffee? Oder lieber Saft?“
Neal runzelte die Stirn. Seinen Freund hielt er noch immer in den Armen.
„Kann ich nicht ein Bier haben?“
Sofort wurden Francis’ Augen weit. „Was? Nichts essen wollen, aber Bier trinken? Das ist ja wirklich nicht in Ordnung. Ich hole dir Saft.“
Sie verschwand in der Küche. Neal verdrehte die Augen. „Na, super.“
„Du bekommst dein Bier, Neal, ausnahmsweise“, flüsterte Gero daraufhin. Obwohl ihm klar war, dass das wirklich nicht das passende Getränk war. „Ich geh nachher los und kaufe dir Guinness, ja?“
Am Abend saßen sie zusammen im Wohnzimmer und sahen fern. Francis hatte es sich im Sessel gemütlich gemacht. Neal und Gero saßen auf dem Sofa. Immer wieder sah Gero seinen Freund an, küsste ihn oder strich über dessen Oberschenkel. Es war unschwer zu erkennen, wie glücklich Gero über Neals Genesung war.
„Wollen wir noch einen Wein trinken?“, fragte er dann in die Runde. Francis nickte.
„Zur Feier des Tages darf ich wohl ein kleines Gläschen.“ Sie fuhr sich schmunzelnd über den Bauch.
„Für mich nur einen winzigen Schluck“, sagte Neal. „Ich habe das Gefühl, als ob ich Alkohol noch nicht so gut vertrage.“
Er lächelte und dachte dabei an die Tabletten, die er am späten Nachmittag eingenommen hatte. Nur zur Beruhigung. Irgendwas musste er nehmen. Und das Bier, das sein Freund ihm heimlich besorgt hatte, war ihm sofort zu Kopf gestiegen.
Als Gero in der Küche verschwand, sah Francis ihren Bruder eindringlich an.
„Du solltest vorm Schlafen gehen noch einmal mit Gero reden“, begann sie. „Und zwar alleine.“ Ihre Worte klangen nicht amüsiert, sondern eher ernst. „Der packt das sonst nicht die nächsten Tage - hier - mit uns - zu dritt.“
Neal nickte. Er wusste, was seine Schwester damit sagen wollte. Und als der Film zu Ende war, griff er Geros Hand und zwinkerte ihm zu.
„Wir gehen schon mal rüber, okay?“
Kaum waren sie im Schlafzimmer, sah Gero seinen Freund erwartungsvoll an. Aber Neal blieb vorerst sachlich.
„Kleiner, ich verlange von dir, dass du dich die nächsten Tage etwas zusammenreißt.“
Sofort wich das Lächeln aus Geros Gesicht.
„Was meinst du?“, fragte er zaghaft.
Neal seufzte und setzte sich auf das Bett. Ihm war wieder schwindelig, doch das musste er jetzt einfach missachten.
„Ich habe keine Lust auf Eifersuchtsszenen. Das ist das letzte, was Francis und ich jetzt brauchen können.“ Er atmete tief durch. Noch immer war Geros Blick erschrocken.
„Ich genieße es sehr mit dir.“ Er spürte deutlich, dass er seinem Freund die Angelegenheit so plausibel wie möglich erklären musste. „Aber Francis darf nicht das Gefühl haben, dass sie überflüssig ist.“
Da senkte Gero den Kopf.
„Sie ist ein Teil von mir, den man teilen muss, wenn man mit mir zusammen ist“, fügte Neal hinzu. „Sie ist zwar meine Schwester, aber ich liebe sie, und wir sind quasi eine Familie.“
Er machte eine Pause. Wie sollte er Gero klarmachen, wie der sich verhalten sollte? Ihm selbst fiel es nämlich verdammt schwer, eine gerade Linie zu ziehen. Er sah Gero prüfend an. Der trug heute eine helle Jeans. Sie saß perfekt an seinem Körper. Sein Hemd steckte fest in der Hose. Neal sah auf seine schmalen Hüften, auf seine schlanken Finger, auf sein glattes, feines Gesicht – und dann in seine entsetzten Augen.
„Was meinst du denn, Neal?“
„Ich meine“, begann Neal zu erklären. Verdammt, er wusste selbst nicht mehr, was er sagen sollte, ohne die Situation zu zerreden. „Ich will einfach nur sagen, dass …“
Er schüttelte den Kopf. Es war zwecklos. Er wählte einen anderen Weg.
„Kleiner, weißt du … seitdem ich dich kenne …“ Neal lächelte. Er wusste, dass er jetzt genau das sagen würde, was überhaupt nicht zu seinen vorherigen Worten passen würde. „Seitdem ich dich kenne, fühle ich mich stockschwul.“
Sie sahen sich an. Eine
Weitere Kostenlose Bücher