Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
Angels‹ sollte in Wohnung 3B sein, die Tür war jedoch abgeschlossen. An der Tür war die Stelle noch deutlich zu erkennen, wo das Namensschild angebracht gewesen war.
Das nächste Büro gehörte einem Steuerberater namens › Bruno and Associates‹. Wir gingen hinein und erkundigten uns nach der Wohltätigkeitsorganisation nebenan.
» Ach, die sind doch schon seit Monaten weg«, sagte die Rezeptionistin. Auf ihrem Namensschild stand » Minerva«. Ich wusste nicht, ob das ihr Vor- oder Nachname war. » Sie sind gleich nach dem Einbruch ausgezogen.«
Ich zog eine Augenbraue hoch und beugte mich näher heran. » Einbruch?«, sagte ich.
Ich bin ein wahrer Spezialist für eindringliche Verhörmethoden.
» Ja. Denen haben sie das Büro total ausgeräumt. Das muss…«, sie legte ihr Gesicht in Falten, » …hey, Bob, wann war der Einbruch nebenan?«
» Vor drei Monaten.«
Das war dann allerdings auch so ziemlich alles, was Minerva und Bob uns erzählen konnten. Im Fernsehen fragten die Polizisten immer, ob die Bewohner eine › Nachsendeadresse‹ hinterlassen hätten. In der Realität habe ich nie erlebt, dass irgendjemand wirklich so etwas tat. Wir gingen noch kurz nach nebenan und starrten ein paar Sekunden lang die › Save the Angels‹-Tür an. Sie verriet uns nichts.
» Bist du bereit, wieder an die Arbeit zu gehen?«, fragte Esperanza.
Ich nickte. Wir verließen das Gebäude. Ich sah blinzelnd in die helle Sonne, als Esperanza sagte: » Na, sieh mal einer an.«
» Was ist?«
Sie deutete auf ein Auto auf der gegenüberliegenden Straßenseite. » Guck dir mal den Sticker da hinten auf der Stoßstange an.«
Sie kennen diese Sticker. Es sind weiße Ovale mit schwarzem Rand und schwarzen Buchstaben, mit denen man zeigt, wo man gewesen ist. Angefangen hat das Ganze, glaube ich, mit europäischen Städten. Ein Tourist kam von einer Italienreise zurück und klebte sich so einen Aufkleber mit dem Schriftzug ROM hinten aufs Auto. Inzwischen scheint fast jeder Ort seinen eigenen Aufkleber zu haben– damit will man wohl zeigen, dass man stolz auf die eigene Stadt ist oder so was.
Auf dem Sticker stand: HHK.
» Ho-Ho-Kus«, sagte ich.
» Jau.«
Ich dachte wieder über diesen Code nach. » Opal in Ho-Ho-Kus. Vielleicht ist die vier, sieben, eins, zwei eine Hausnummer.«
» Opal könnte auch einfach der Name einer Person sein.«
Wir drehten uns um und wollten zum Auto gehen, als uns eine weitere Überraschung erwartete. Ein schwarzer Cadillac Escalade stand so hinter unserem Wagen, dass wir nicht herauskonnten. Ein kräftiger Mann in einem braunen Schulleiteranzug kam auf uns zu. Er hatte einen Bürstenschnitt, ein breites, eckiges Gesicht und sah aus wie ein Footballspieler der Green Bay Packer aus dem Jahr 1953.
» Mr. Bolitar?«
Ich erkannte die Stimme. Ich hatte sie schon zwei Mal gehört. Das erste Mal am Telefon, als ich Berleand angerufen hatte– und das zweite Mal in London, ein paar Sekunden bevor ich bewusstlos wurde.
Esperanza stellte sich vor mich, als wollte sie mich beschützen. Ich legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter, um ihr zu zeigen, dass mit mir alles in Ordnung war.
» Special Agent Jones«, sagte ich.
Zwei Männer, weitere Agenten, wie ich annahm, stiegen aus dem Cadillac. Sie ließen die Tür offen stehen und lehnten sich an den Wagen. Beide trugen Sonnenbrillen.
» Sie müssten mal kurz mit mir mitkommen«, sagte Jones.
» Bin ich verhaftet?«
» Noch nicht. Aber Sie sollten wirklich besser mit mir mitkommen.«
» Dann warten wir doch lieber auf den Haftbefehl«, sagte ich. » Ich bringe auch meine Anwältin mit. Damit das auch alles seine Richtigkeit hat.«
Jones trat einen Schritt näher heran. » Ich würde es vorziehen, es nicht zu einer Anklage kommen zu lassen. Aber ich weiß hundertprozentig, dass Sie Verbrechen begangen haben.«
» Und das können Sie selbst auch noch bezeugen, was?«
Jones zuckte die Achseln.
» Wo haben Sie mich hingebracht, als ich bewusstlos war?«, fragte ich.
Er tat so, als würde er seufzen. » Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass ich keine Ahnung habe, wovon Sie reden. Aber wir beide haben keine Zeit für so etwas. Machen wir eine kleine Spritztour, okay?«
Als er meinen Arm ergreifen wollte, sagte Esperanza: » Special Agent Jones?«
Er sah sie an.
» Ich hab hier jemand am Apparat, der Sie sprechen möchte«, sagte sie.
Esperanza reichte ihm ihr Handy. Er runzelte die Stirn, nahm es aber. Ich runzelte auch die Stirn und sah
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