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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Obergeschoß hinauf, hetzte weiter zum Dachboden und kletterte dann, mehrmals abrutschend, die schmale Stiege hinauf, die zur alten Räucherkammer führte. Endlich war er oben und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die immer noch stabile Tür.
    «Aufmachen! Ich weiß doch genau, daß du jetzt hier in der Räucherkammer steckst! Nun mach schon auf – oder ich…»
    «Oder?» Der Schlüssel wurde herumgedreht.
    «Idiot!» Machnik stieß die Tür auf; sie prallte gegen ein Hindernis, jemand stolperte, fiel auf ein zerschlissenes Sofa… Christian.
    «Schubs mich nicht rum! Faß mich nicht an, sonst…» Er hockte auf dem alten Sofa – naß, dreckig, sichtlich erschöpft; das war auch im trüben Licht der nackten Glühbirne, die von der Decke pendelte, gut zu erkennen.
    Machnik starrte ihn an. «Halt bloß die Schnauze, du dußliges Schwein du, sonst schlag ich dir wirklich alle Knochen im Leibe zusammen – und wenn du zehnmal mein Sohn bist!»
    «Es tut mir leid, aber ich konnte nicht mehr…» Christian schien in sich zusammenzusinken.
    Machnik äffte ihm nach, übertrieb das Weinerliche in der Stimme seines Sohnes: «Es tut mir leid, aber ich konnte nicht mehr… Was kannst du denn eigentlich? Nichts kannst du – du bist doch zum Scheißen zu dämlich! Jetzt kriegst du erst mal ‘n paar in die Fresse, ehe wir…» Er machte Anstalten, sich auf Christian zu stürzen; doch plötzlich prallte er zurück.
    Christian hatte blitzschnell in die aufgeplatzten Polster gegriffen. «Hau ab, ich hab Pooks Pistole hier!»
    Machnik schien es für einen Augenblick die Sprache verschlagen zu haben. «Pooks Pistole? Dann hast du also die ganze Zeit über drüben bei dem im Haus gehockt?»
    «Ja, hab ich. Das war doch der letzte Ort, wo mich einer gesucht hätte.»
    «Und jetzt habense dich da aufgestöbert… Das wollste doch auch – oder?» Machnik ließ seinen Sohn nicht aus den Augen.
    Christian fixierte die Glühbirne. «Ja, nein – ich bin jedenfalls noch schnell raus, übern Balkon, und auf ‘n Güterzug rauf…»
    «Und dann hier abgesprungen – rein ins Haus – rauf in die Räucherkammer… Du hast vergessen, daß die Tür so laut knarrt, wenn man sie langsam aufmacht.» – Pause.
    «Wo ist Mutter?» fragte Christian.
    «Die fährt noch immer in der Weltgeschichte rum, dich suchen… Und du versteckst dich da bei Pook!»
    «Dir wär’s wohl am liebsten gewesen, ich hätt mich irgendwo aufgehängt, ja?» schrie Christian.
    «Mir wär’s am liebsten gewesen, du hättest hier weitergemacht wie immer und die Schnauze gehalten», sagte Machnik.
    «Das hätt ich nicht fertiggebracht, mein ganzes Leben lang.»
    Machnik spuckte seinem Sohn vor die Füße. «Hätt ich doch bloß geahnt, was du für ‘n Waschlappen bist! Und was für ‘n hinterhältiges Schwein dazu: anstatt offen zur Polizei zu gehen und alles zu sagen, da…» Er spuckte noch einmal.
    Christian begann zu weinen. «Das könnt ich doch auch nicht! Ich könnt dich doch nicht so einfach so…»
    Machnik donnerte los. «Nein, das konntste nicht, aber du konntest ‘n schönen Abschiedsbrief schreiben und plötzlich verschwinden, so daß sie zwangsläufig den ganzen Stadtwald absuchen mußten, mit ihren Hunden. Klar, daß sie den Pook dann finden mußten. Den hätte doch sonst bis zum Jahre 2000 keiner gefunden, geschickt, wie wir das gemacht haben. Und was machst du? Du setzt sie haargenau auf die richtige Spur. Das haste doch mit Absicht gemacht – das haste doch so kalkuliert! Erst sollten sie Pook finden und dann dich bei Pook zu Hause!»
    «Ich konnte nicht anders…» schluchzte Christian.
    Machnik fetzte ein paar Schnüre von der Decke. «Ich konnte nicht anders, ich konnte nicht anders! Wie so ‘n Baby. Und weil du nicht anders konntest, krieg ich jetzt lebenslänglich, wie?»
    Christian richtete sich wieder auf. «Du hast ihn doch umgebracht, und du kannst doch nun nicht so einfach… So hab ich dich nicht eingeschätzt – ehrlich. Ich dachte immer…»
    Machnik schnitt ihm das Wort ab. «Quatsch doch nicht so dämlich rum – klar kann ich! Vielleicht kommste mir auch noch mit deinen Schulweisheiten: Schuld und Sühne und so. Der hat haargenau das gekriegt, was er verdient hat.»
    «Das hat er nu nicht verdient», sagte Christian schwach.
    «Du sei man still! Wer hat mich denn angespitzt, wer hat mich denn aufgehetzt – das warst doch du!» schrie Machnik. «Soll ich dir die Briefe mal zeigen? Ich hab sie noch unten. Wer hat mich denn dauernd

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