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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Kaffeetassen in Reichweite. Furmaniak tippte mit dem rechten Zeigefinger auf seiner Schreibmaschine herum, sinnlose Buchstabenfolgen. Dr. Splettstößer nahm die randlose Brille ab und rieb sich die Augen:
    «Und ihr habt wirklich nicht erkannt, wer’s gewesen ist?»
    Haiduck fühlte sich unmittelbar angesprochen. «Erst hat uns unser eigener Scheinwerfer geblendet, und dann war’s auch schon zu spät: der war auf den Zug aufgesprungen. Als wir dann auf dem Bahndamm oben waren, haben wir nur noch die Schlußlichter gesehen.»
    «Völlig unmöglich, irgendeine brauchbare Personenbeschreibung zu geben», fügte Furmaniak hinzu.
    «Und im Haus drinnen?» fragte Splettstößer.
    Haiduck nutzte die Chance, sich auch mal ins Licht zu rücken. «Nichts, Herr Doktor, nichts, was uns weiterbringen könnte, ‘ne Menge schmutziges Geschirr, aber nichts zerwühlt und so.»
    «In den paar Minuten konnten wir natürlich noch nicht alles lesen, aber bis jetzt deutet nichts darauf hin, daß Pook in irgendwelche unsauberen Geschäfte verwickelt war.» Furmaniak gab sich gewichtig-hohltönend wie ein Bundespressesprecher.
    Splettstößer schlürfte seinen Kaffee. «Aber irgend jemand muß doch da was ganz Bestimmtes gesucht haben – oder? Einer von euren Tatverdächtigen. Offensichtlich, um irgendein Indiz zu vernichten.»
    Furmaniak sah von seiner Schreibmaschine auf. «Schon, aber…»
    «Wie steht’s denn mit den Alibis – taugen die was?» fragte der Chef.
    Diesmal kam Furmaniak seinem jungen Kollegen zuvor. «Machnik war zur Tatzeit noch in Teheran. Seine Frau sagt, sie hat schon um halb neun im Bett gelegen und Schlaftabletten genommen – Dienstag ist bei denen Ruhetag. Christian hat unten in der Gaststube geflippert und dabei Radio gehört – wegen des starken Regens konnte er nicht zu Ines hin. Und Kujawa war allein zu Hause und hat ferngesehen, das Fernsehspiel im ersten. So haben sie’s mir jedenfalls erzählt.»
    «Klingt ja alles nicht sehr überzeugend», bemerkte Dr. Splettstößer.
    «Bis auf Machnik», warf Haiduck ein.
    «Sagen Sie, Herr Haiduck.»
    Furmaniak sprang Haiduck bei: «Wieso? Der ist doch nachweislich erst am Sonnabend in Köln-Bonn gelandet.»
    Splettstößer lächelte. «Und Pook hat nachweislich noch am Tage nach seiner Ermordung bei Jutta Machnik angerufen.»
    Furmaniak warf sein vollgetipptes Blatt in den Papierkorb. «Ich weiß beim besten Willen nicht, wie sich das zusammenreimen soll.»
    «Vielleicht kommen wir weiter, wenn wir bis an die Quellen zurückgehen», sagte Dr. Splettstößer.
    Haiduck staunte. «Welche Quellen denn?»
    «Na, hat nun der Anzeiger damals in seinem Bericht Machnik – und jeden der herumreisenden Ingenieure überhaupt – mit Odysseus verglichen oder hat er das nicht?» Der Chef sah sie der Reihe nach an.
    «Ja, hat er», bestätigte ihm Furmaniak, «aber ich seh da immer noch keine Antwort auf unsere Fragen.»
    Dr. Splettstößer wirkte ein wenig oberlehrerhaft, als er jetzt ein gelb-rotes Taschentuch aus der Schublade zauberte. «Kann aber sein, daß sie da drin stehen. Ehrlich gesagt, ich hab den Homer so genau auch nicht mehr im Kopf, aber ich hab mir vorhin das Taschenbuch gekauft und während der Sitzung mal schnell durchgeblättert, unterm Tisch natürlich. Hier – was haltet ihr denn von dieser Stelle hier: Lange saß er noch nicht, da trat in die Wohnung Odysseus / Der, wie ein alter Mann und mühebeladener Bettler / Wankend am Stabe schlich, mit häßlichen Lumpen bekleidet… »
    «Machnik ist doch ganz normal hier angekommen!» protestierte Haiduck.
    «Ja, beim zweitenmal», lächelte Splettstößer. «Aber beim erstenmal – siehe Inhaltsangabe des sechzehnten Gesanges: Ankunft des Telemachos in des Sauhirten Gehege. Während Eumäos der Königin die Botschaft bringt, entdeckt sich Odysseus dem Sohne und verabredet der Freier Ermordung.»
    «Das ist doch auch bloß ‘ne These unter vielen anderen», stellte Furmaniak fest. «Und außerdem ist Jutta Machnik nicht Penelope.»
    «Eben!» sagte Dr. Splettstößer. «Eben darum…»
     
     
    Machnik, der den ganzen Abend über die Gäste bedient hatte, setzte plötzlich, niemand ahnte, warum, das Bier, das er gerade in Arbeit hatte, auf den Tresen, sah zur Decke hinauf und horchte. Dann murmelte er ein paar entschuldigende Worte und verschwand dann hinter der mit PRIVAT gekennzeichneten Tür. In dem Augenblick, in dem ihn niemand mehr sehen konnte, begann er zu rennen, stürmte die Treppe zum

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