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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Höheren Handelsschule hatte er Spaß am Schnellschreiben gehabt. Auch als er jetzt sein kleines Transistorradio einschaltete und die Reportage von den samstäglichen Bundesligaspielen verfolgte, machte er kaum einen Tippfehler. Das geschah erst, als hinter ihm das Telefon pingelte.
    Auch heute war er korrekt. «FUNKTIONAL-BAU – Piesarczik…»
    Und es war gut so, denn am anderen Ende der Leitung ließ sich seine Mutter vernehmen. «Ich wollt bloß mal hören, ob du… Jetzt sitzt du ja schon wieder sonnabends im Büro und arbeitest! Ich sag dir, Michael, wenn du so weitermachst, dann…»
    «Hör doch endlich auf, mich dauernd zu kontrollieren», sagte er mit Nachdruck. «Mein Gott, Mutter, ich bin doch kein Kind mehr!»
    «Mein Kind bist und bleibst du.»
    «Ich fühl mich doch wieder fit, hundertprozentig!»
    «Wer einmal ‘n Herzinfarkt hatte, muß immer kürzer treten als vorher», belehrte sie ihn.
    «Ach, papperlapapp!»
    «Nix papperlapapp! Ein kleines Wörtchen hab ich ja auch noch mitzureden in der Firma – oder?»
    «Ja, hast du», sagte er.
    Sie drang weiter in ihn. «Such dir also gefälligst jemand, der dir die Arbeit abnimmt. Wie sieht’s denn mit Moderegger aus – der hat doch voll eingeschlagen bei uns?»
    Piesarczik lachte. «Moderegger! Der läuft doch immer mittem Kartellgesetz unterm Arm.»
    Sie widersprach ihm. «Irrtum. Der ist cleverer als du denkst.»
    «Ach, geh!»
    «Doch, doch, den halt dir man warm. Bei deiner angegriffenen Gesundheit… Hast du immer noch deinen nervösen Durchfall?»
    «Ja – jede Stunde ‘ne Notlandung», sagte er.
    «Bitte», triumphierte sie, «das ist doch der Beweis, daß ich recht habe. Mach Moderegger zum Prokuristen, weih ihn ein – und fahr mal ‘n Monat zur Kur. Wenn du denkst, daß…»
    Er unterbrach sie. «Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du… 2:0 für Mönchengladbach, wer sagt’s denn!»
    Sie wurde schärfer. «Mach bitte das Radio aus, wenn du mit mir sprichst!»
    Er stöhnte auf, tat es aber. «Ja, Mutter… Noch was?»
    «Hast du denn heute mittag mit dem Baudezernenten gegessen – im Hubertus?» wollte sie noch wissen.
    Er mußte Bericht erstatten. «Ja, hab ich. Die andern war’n auch alle bei. Erweiterungsbau Polizeipräsidium, weißt du doch. Kriegen wir ganz sicher über die Bühne.»
    «Im Hubertus wart ihr?»
    «Ja, sag ich doch. Wo denn sonst!?»
    «Na hör mal – ich hab doch da um halb zwei im Restaurant angerufen, und die haben mir gesagt, daß du nicht da bist!» Sie war empört.
    Piesarczik stellte die Sache schnell klar. «Die haben doch strenge Order, daß ich für keinen zu sprechen bin, wenn ich da esse.»
    «Du bist zu reizend! Aber Hauptsache, bei dem Gespräch is was Vernünftiges rausgekommen…?»
    «Ja, wie gesagt, es sieht ganz gut aus. Ich mach gerade ‘ne kleine Aktennotiz.»
    «Du hast wohl nich mehr alle!» rief sie. «Vater hat so was nie schriftlich festgehalten.»
    «Ich bin ja auch nicht Vater», stellte er fest.
    Sie schien sich immer mehr aufzuregen. «Fehlt bloß noch, daß du’s der kleinen Seywald zum Tippen gegeben hättest. Diese… Diese… Ich weiß Bescheid! Überall zeigst du dich mit der, rennst der hinterher wie, wie… ‘ner läufigen Hündin!»
    Er blieb ruhig. «Die kleine Seywald kann heute nicht, ihr Bruder kommt.»
    Sie wurde jetzt eklig. «Es würd mich freuen, wenn du endlich mal das deinige tust. Die Firma braucht ein bißchen mehr Eigenkapital – capito?»
    «Bitte laß das, ja?» sagte er scharf. «Klar, ich bin mit der Firma verheiratet – aber deswegen verheirate ich mich nicht auch noch wegen der Firma.»
    Sie schien für einen Augenblick die Sprache verloren zu haben, schluckte es aber. «Du kommst doch heute abend zur Feier?»
    «Ja, ich komme zur Feier.»
    «Dann reden wir noch mal drüber.»
    «Dann reden wir noch mal drüber, ja.» Er drehte demonstrativ das Radio lauter. «Tschüß denn!»
    «Ja, bis heute abend… Mein Gott, bist du gereizt heute!»
    «Ich bin gar nicht gereizt heute.»
    «Doch, du bist doch irgendwie anders als sonst», beharrte sie.
    «Quatsch; ich bin gar nicht anders als sonst!»
    «Ist was?» fragte sie nach einer kleinen Weile.
    «Nein, es ist nichts!»
    «Dann mach mal bald Schluß da.»
    «Ja! Ich mach ja schon Schluß!» Er knallte den Hörer auf die Gabel. «Das is ja nich zum Aushalten hier!» Er riß seine Schublade auf und goß sich einen Whisky ein. By Appointment of Her Majesty… Dann tippte er weiter und hörte dabei die

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