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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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nicht da?» fragte Piesarczik noch.
    «Rita? Keine Angst, die ist bei ihrem Vater im Krankenhaus. Dem haben sie vorgestern die Gallenblase entfernt.»
    «Ich komm dann mal…»
    «Passen Sie auf, die Steine sind noch glitschig», warnte Moderegger.
    «Ich kenn ja Ihren Garten, ich geh übern Rasen.»
    «Okay.» Moderegger schaltete die Anlage aus, schloß die Tür auf und entfernte die Sicherheitskette. Piesarczik war inzwischen von der Straße heraufgekommen. «Na, naß geworden? Dieser Schneeregen…»
    «Macht nichts, ist ja geheizt bei Ihnen», sagte Piesarczik.
    «So… Treten Sie ein, legen Sie ab.» Moderegger hielt schon einen Bügel in der Hand.
    «Danke, ja, den Mantel…»
    Moderegger führte ihn ins Wohnzimmer, früher hätte man gesagt: in den Salon. «Wenn Ihnen der Sessel da gefällt, direkt an der Heizung.»
    «Ja, danke…» Piesarczik streckte sich.
    «Ich sitz lieber auf der Couch», sagte Moderegger. «Möchten Sie was trinken?»
    «‘ne Cola mit Rum vielleicht…?»
    «Machen wir. Mir müssen Sie allerdings einen Whisky gestatten.» Moderegger ging in die Küche und hantierte dort ein Weilchen.
    Piesarczik rief ihm aus dem Zimmer hinterher: «Und vielleicht noch ‘ne Kopfschmerztablette…»
    «Kommt gleich.» Moderegger tat Eis in die Gläser, öffnete einen vor Medikamenten aller Art geradezu überquellenden Wandschrank, nahm die Tabletten heraus und ging dann wieder ins Zimmer hinüber.
    «Ah – danke.» Piesarczik lächelte.
    Moderegger stellte die Gläser ab und setzte sich ebenfalls. «Sie sehn ein bißchen angegriffen aus…?»
    Piesarczik stöhnte. «Kunststück… Ich trink schon mal.»
    «Ja, zum Wohl! Hoffentlich geht’s Ihnen bald wieder besser.»
    «Ich weiß nicht… Ich steck ganz schön tief drin in der Tinte», begann Piesarczik.
    «Die Firma ist es nicht?» fragte Moderegger tastend.
    «Nein, nein. Jedenfalls nicht direkt… Wir werden schon überleben. Seit Sie bei uns sind, hab ich keine Bange mehr.»
    «Schließlich können die nicht die ganze Bauwirtschaft ruinieren», sagte Moderegger, und es war klar, daß er die sozial-liberale Koalition meinte.
    «‘n paar werden schon übrigbleiben, sicher; und zu den paar, die übrigbleiben, wird auch die FUNKTIONAL-BAU gehören. Nur: ‘s wird ‘n ziemlicher Kraftakt werden. Und Sie wissen ja: ‘n zweiten Infarkt überlebe ich nicht mehr.»
    «Sie sind doch gerade erst vierzig geworden», sagte Moderegger.
    Piesarczik sah in den Garten hinaus, sah die nassen Schneeflocken im Strahlenbündel einer bunten Laterne aufleuchten. «Heiraten und Kinder haben müßte ich auch bald mal… Kurz und gut: ich brauche jemand, der einen Teil meiner Arbeit übernimmt. Jemand, auf den ich mich voll und ganz verlassen kann…»
    «Hat Ihre Mutter wieder gebohrt?» lächelte Moderegger.
    «Auch – ja», gab Piesarczik zu.
    «Dumme Frage: An wen denken Sie denn so?»
    «An jemand, der die Firma weiterführen könnte, wenn ich mal ‘n paar Jahre nicht da sein sollte.»
    Moderegger hatte genau hingehört. «Ein paar Jahre nicht da? Nun versteh ich gar nichts mehr.»
    Piesarczik hob den Blick. «Sie sind Bauingenieur, Moderegger, Sie verstehen außerdem ‘ne ganze Menge von Management und Verwaltung, und Sie können mit Leuten umgehen…»
    Moderegger nahm einen Schluck von seinem Bourbon. «Danke für die Blumen. Aber reden wir mal Tacheles, Herr Piesarczik; Sie schmieren mir doch nicht umsonst soviel Honig ums Maul?»
    «Sehen Sie, Moderegger, das gefällt mir so an Ihnen: Sie haben so ‘n Instinkt dafür, was jeweils Sache ist.»
    «Und was ist hier Sache?»
    «Ich brauch Ihre Hilfe», sagte Piesarczik und ließ seine Eiswürfel in der Cocabrühe kreisen.
    «Hilfe – wozu?» fragte Moderegger.
    «Nun…» Piesarczik stand auf, ging zu Modereggers großer Pendeluhr hinüber und ließ sie schlagen. Fünfmal. Big Ben. «Ein schöner Klang», sagte er.
    Moderegger lachte. «Fehlt nur noch Beethoven: Tam-tam-tam-tam.»
    «Wenn ich’s Ihnen sage, haben Sie mich voll und ganz in der Hand…»
    «Also doch was mit der Firma», sagte Moderegger. «Steht das Kartellamt vor der Tür, die Absprachen?»
    «Mein Gott, ich sag Ihnen doch – die Firma ist es nicht!»
    «Ihre Mutter?»
    «Nein. Ich selber…» Und dann, ganz schnell: «Ich brauche ein Alibi.»
    «Ein Alibi?» Moderegger starrte ihn an. «Wozu?»
    «Wozu, wozu! Um nachzuweisen, daß ich in der Zeit von eins bis zwei, dreizehn bis vierzehn Uhr, nicht da gewesen bin, wo ich gewesen

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