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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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offensichtlich heiraten – so was kann man doch nicht durch Erpressung erreichen.»
    Seywald suchte diese Bedenken zu zerstreuen. «Warum nicht? Außerdem kann man auch was anderes rausschlagen wollen. Meine Schwester war alles andere als ein edler Mensch, eher das Gegenteil. Nach oben wollte sie – um jeden Preis. So ‘n richtiges Produkt dieser Gesellschaft: dumm, aber attraktiv, geil auf Nerz und Swimmingpool und so ‘n bißchen Starlet-Ruhm – bei jeder Nachwuchskonkurrenz war sie dabei. Dann hat sie wohl begriffen, daß sie’s nur über die Betten schafft. So ‘n Junggeselle wie Piesarczik war natürlich ‘n gefundenes Fressen für sie. Sanftes Straps-Kätzchen. Bis er dann gemerkt hat, an was für’n Miststück er geraten ist. Egal – Mord bleibt Mord!»
    «Es wird nicht leicht sein, Herr Seywald, Ihre Hypothese…»
    «Ich weiß, Herr Gonschorek, ich weiß: Piesarczik ist ein hochgeachteter Bürger dieser Stadt. Aber ich werde nicht eher Ruhe geben, bis dieser Mord…»
    «… wenn; dann vermutlich eher Totschlag…»
    «… bis dieser Mord aufgeklärt ist und unser allseits verehrter Michael da sitzt, wo er schon lange hingehört: im Knast.»
    Gonschorek zögerte noch immer. «Ich kann doch nicht so einfach…»
    «Sie können schon: unser Strafgesetzbuch kennt da keine Klassenunterschiede.»
    «Herr Piesarczik…»
    «Herr Piesarczik ist den Leuten vom Kartellamt schon lange ein Dorn im Auge, lesen Sie mal im letzten Spiegel nach. Die FUNKTIONAL-BAU… Meine Schwester wird schon gewußt haben, womit er zu erpressen war.»
    Gonschorek spannte einen Bogen in die Maschine. «Gut, machen wir das Protokoll fertig und sehen dann weiter.»
     
     
    Die Wasserspülung rauschte noch, und Piesarczik wusch sich gerade die Hände, als Moderegger, der seine Frau zum Wagen gebracht hatte, wieder den leicht gewundenen Weg heraufkam.
    «Ich wasch mir nur noch die Hände!» rief Piesarczik. «Gleich…»
    «Sie können sich Zeit lassen, Herr Piesarczik…»
    Piesarczik kam aus der Toilette. «So, da wär ‘n wir wieder. Immer noch mein Durchfall…»
    «Morgen merken Sie nichts mehr davon, passen Sie auf.» Moderegger bürstete sich den Schnee vom Jackett und kämmte sich.
    «Ich glaub, ich fahr doch lieber nach Hause und leg mich ins Bett», sagte Piesarczik.
    Moderegger stellte sich so, daß Piesarczik nicht an die Garderobe kam. «Sie können jetzt wirklich nicht losfahren – in Ihrem Zustand. Bleiben Sie ruhig noch ein bißchen bei mir… Wir haben sicher noch eine Menge zu besprechen…»
    «Nein, ich möchte jetzt ganz einfach gehen. Vergessen Sie alles – ich war nie bei Ihnen.»
    «Wenn das so einfach wäre…»
    «Das ist ganz einfach! Wenn ich bitte meinen Mantel haben könnte.»
    «Nein.»
    «Was soll das heißen?»
    «Nein!» wiederholte Moderegger und verschloß die Haustür.
    «Wie soll ich ‘n das verstehen?»
    Moderegger sah auf seine Pelzmütze, die neben ihm auf dem Schuhschrank lag. «So, wie ich’s sage: Sie bleiben hier.»
    «Sie können mich doch nicht hindern…» Piesarczik trat einen Schritt zurück, als wollte er Anlauf nehmen.
    «Doch», sagte Moderegger. «Ich kann.»
    «Wie denn?» Piesarczik versuchte ein spöttisches Lächeln.
    Moderegger griff blitzschnell unter seine Pelzmütze. «Beispielsweise mit dieser Pistole, die ich mir eben aus Ihrem Wagen geholt habe, aus’m Handschuhfach.» Er richtete den Lauf auf Piesarcziks Brust.
    «Sie sind wohl verrückt geworden!»
    Moderegger blieb gelassen. «Im Gegenteil: Sie sind verrückt geworden mit Ihrer Idee, mir den Mörder vorzuspielen. Und dann bei mir hier in der verstopften Toilette herumzustökern. Ich hab Sie genau beobachtet, Piesarczik, durchs Toilettenfenster, von draußen, von der Regentonne aus. Ich hab gesehen, daß das Dings verstopft war und der ganze Kram wieder hochgekommen ist, den ich vorhin runtergespült hatte. Wühlen Sie da in der Jauche rum…»
    Piesarczik preßte die rechte Hand auf den Magen. Im Spiegel sah er aus wie ein Frischoperierter. «Ich hab Isys Handschrift erkannt, die erkennt man doch gleich, so klein und exakt. Und dann kam der kleine Stofflöwe hoch, der mal bei ihr auf dem Schreibtisch gestanden hat – ich hab ihm selber die kleine Blechmarke aus dem Ohr gepolkt.»
    «Und das haben Sie jetzt alles schön abgespült in einer Plastiktüte bei sich in der linken Hosentasche stecken – die zerrissenen Briefe und den Stofflöwen; in der Tüte, in der vorher Ihre Medikamente drin waren. Ich hab’s

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