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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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melden», antwortete Seywald.
    Gonschorek schob seine Rundschreiben beiseite. «Was kann ich für Sie tun? – Setzen Sie sich bitte.»
    «Es geht um meine Schwester.»
    «Wenn ich mal den Namen und die Adresse…»
    «Seywald, ARIANE-Hochhaus…»
    Gonschorek nickte. «Der Unfall, ja. Tut mir leid für Sie.»
    «Ja, ja, lassen Sie…» Seywald wehrte Gonschoreks Kondolation ab. «Sind Sie ganz sicher, daß es ‘n Unfall war?»
    «Ja. Warum?»
    «Ich glaub nicht, daß es einer war», sagte Seywald.
    «Und warum glauben Sie das?»
    «Isy hätte sich nie selber ‘ne Birne in die Lampe da oben geschraubt, die mit ihrem Hang zum Höheren. Die hätte garantiert den Hausmeister angerufen und ihm fünf Mark dafür gegeben.»
    Gonschorek wollte das nicht gelten lassen. «Der Hausmeister liegt seit Tagen mit Ischias im Bett… Außerdem hat sie sich die Birne von einem ihrer Nachbarn extra geborgt.»
    «Und wenn: sie wär nie von der Leiter gefallen; sie war viel zu geschickt dazu, die konnte klettern wie ‘ne Katze.»
    «Wie ‘ne Katze, so», wiederholte Gonschorek. «Sie als Sportlehrer müssen das ja beurteilen können.»
    Seywald zuckte zusammen. «Woher wissen Sie denn, daß ich…»
    «Sport und Politische Weltkunde. Sie haben ja schon in der Wohnung Ihrer Schwester so ‘n Spektakel gemacht, daß…»
    «Dann wissen Sie ja, daß ich verdammt unbequem werden kann», sagte Seywald.
    Gonschorek stand auf und piekte eine orangefarbene Stecknadel nach der anderen in seine große Wandkarte. «Sagen Sie doch gleich, was Sie wollen: die Sache hochspielen, sich noch mehr profilieren, mal wieder ‘n Bild in den Zeitungen. Unsere Nachwuchspolitiker…»
    «Das ist mir scheißegal!» polterte Seywald los. «Ich bin nicht als Wahlkämpfer hier; ich bin hier, damit ein Verbrechen aufgeklärt wird.»
    «Mir ist nicht bekannt, daß hier ein Verbrechen vorliegt», sagte Gonschorek kühl.
    Seywald mußte weiter Dampf ablassen. «Wenn ich nicht mit Parka, sondern mit Schlips und Kragen hier wäre und als Generaldirektor Soundso, dann würden Sie doch vor Eifer platzen.»
    «Jetzt reicht’s mir aber langsam, ja?» Gonschorek schlug mit der flachen Hand auf die Karte.
    «Klipp und klar: meine Schwester ist ermordet worden, und ich laß nicht zu, daß das vertuscht wird!»
    «Das ist doch absurd! Natürlich haben wir alles überprüft, was zu überprüfen war – keinerlei Anzeichen, daß es was anderes war als ein Unfall. Keinerlei Anzeichen für irgendeine Art von Gewaltanwendung.»
    «Und? Das sieht man doch hinterher nicht, wenn jemand mit ‘ner Leiter umgestoßen wird, ‘ne Treppe runter.»
    «Wir haben nicht eine einzige Zeugenaussage», beteuerte der Kriminalbeamte.
    «In der Wohnmaschine da? In dem Massenbetrieb?»
    Gonschorek setzte sich wieder. «Haben Sie denn einen bestimmten Verdacht? Wer sollte’s denn Ihrer Meinung nach gewesen sein?»
    «Ich hab nicht nur einen Verdacht, ich hab sogar einen Beweis.»
    «Und der wäre?»
    Seywald zog ein kleines Silberdings aus seinem Parka. «Ich hab ihr Tagebuch im Nachtschrank gefunden, den kleinen Taschenkalender hier. Und da geht deutlich daraus hervor, daß sie mit ihrem Chef was hatte.»
    «Was, mit dem Chef der FUNKTIONAL-BAU?» fragte Gonschorek schnell.
    Seywald nickte. «Mit diesem Piesarczik, ja. Michael Piesarczik, der liebe, gute, zärtliche Michael, genannt Mike. Seitenlange Berichte –hier, sehn Sie: Mit M. im Auto am Stadtwald, zweimal. Mit M. in Brüssel gewesen. Mit M. den Rhein runtergefahren bis Königswinter… Und so weiter, und so weiter. Große Liebe. Aber dann müssen sie langsam Knatsch gekriegt haben. Hier: lesen Sie selber, bitte.»
    Gonschorek entzifferte mühsam Isys Handschrift: M. will mich loswerden, er kommt von der Alten nicht los, die läßt ihn nicht weg…
    Seywald redete dazwischen. «Piesarcziks Mutter; daß er auf die fixiert ist – oder die auf ihn –, das haben mir schon die Nachbarn erzählt. Aber lesen Sie ruhig weiter, Herr Gonschorek, Herr Kommissar…»
    … aber ich lasse mich nicht so einfach weglegen, ich weiß genug über ihn und die Firma. Da ist er bei mir an die falsche Adresse geraten. Läßt er mich fallen, dann fallen wir beide…
    «Nun? Was sagen Sie nun?» fragte Seywald.
    «Ist das echt?» Gonschorek wendete den Taschenkalender hin und her.
    «Das ist echt. Und wenn Sie die nächsten Seiten lesen, werden Sie auch merken, daß sie ihn erpreßt hat», sagte Seywald.
    Gonschorek hatte Bedenken. «Sie wollte ihn doch

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