Von Moerdern und anderen Menschen
war offenbar zuviel für Klatt. «Ich denke ja gar nicht daran, Sie…» In Schlägereien nicht ungeübt, drang er auf Czapalla ein.
Czapalla kassierte zwar einen schmerzhaften Schlag in die Nieren, dafür gelang es ihm aber, Klatts Oberkörper zu umklammern. «Da – mach, dette rauskommst!» Er versetzte Klatt einen heftigen Stoß, und Klatt stürzte mit einem Aufschrei die steile Treppe hinunter, einen Teil des Geländers mitreißend.
Durch den Lärm oben aufgeschreckt, kam Wolfgang Czapalla die Kellertreppe hochgerannt und beugte sich über den am Boden liegenden Klatt.
«Mensch – der hat janz schön wat abjekriegt!» sagte er.
«Det seh ick selba.» Czapalla atmete schwer.
«Mit’m Kopp jenau uff’n Heizkörpa. Wie det blutet!»
«Los, ruf an, hol ‘n Arzt, hol ‘n Krankenwagen!» rief Czapalla.
«Dein Jähzorn, Mann! Imma detselbe!»
Czapalla lief völlig aufgelöst in der Diele umher. «Wat muß ich denn nu anrufn, wie heißt ‘n der Arzt, zu dem Mutta imma jeht…?!»
«Mann, det sieht doch ooch der letzte Heini: Der braucht keenen Arzt mehr, den hat’s erwischt – Abpfiff, aus!» Wolfgang warf Klatt eine Tischdecke über den Kopf.
«Du spinnst ja!»
«Ick spinne nich, du spinnst. Ick hab wohl schon ‘n paar Tote mehr jesehn wie du – meinste, ich war die drei Jahre umsonst bei die Lebensrettungsjesellschaft draußen?»
«Wassaleich’n, ja. Aber nich sowat wie hier», wandte Czapalla ein.
«Tot is tot!» sagte Wolfgang.
Czapalla konnte oder wollte es nicht begreifen. «Das Blut… ‘n Verband… Ruf ‘n Arzt an oda die Feuawehr – eins, eins, zwei…»
«Quatsch, Mensch; der hat doch überhaupt keenen Puls mehr… Ick seh’s doch, ooch an die Oojen. Bei dem is Sense – absolut! Hier, kiek ma uff den kleenen Spiejel hier – keen Hauch mehr druff. Da hilft nich ma beten mehr.»
«Aba trotzdem – so jeht’s doch nich, daß der hier so… Ich kann doch nich für. Das wollt ich doch nich. Das is doch nich meine Schuld.
Ich kann doch keina Flieje was zuleide…»
Wolfgang beutelte ihn hin und her. «Mensch, nu hör uff zu jammern! Du weeßt doch jenau, wat Oma damals jesacht hat: Der Walta, der mit seinem Jähzorn, der kommt damit noch ma ins Kittchen. Det war damals, da war ick fünf, da warste mit’m Rohr vom Staubsauga hinta mir her – imma druff! Nur weil ick ‘n Topp Farbe uff’n Boden jekippt hatte.»
«Jetz freuste dich wohl ooch noch drüber, wat?»
Wolfgang wurde sarkastisch. «Sicha freu ick ma drüba – wat meinste, wie mir det hilft, wenn ich ma bei na neuen Firma vorstelle und die dann fragen: Ihr Vata, der is auch aus derselben Branche? Und ick dann antworte: Nee, der sitzt jrade in Tejel und klebt Tüten. Nischt schlimmet weita; der hat nur eenen umjebracht.»
«Ick hab ihn nich umjebracht!» schrie Czapalla.
«Nee, haste nicht, der hat plötzlich jedacht, er is ‘n Vogel und wollt ma ‘n bißchen fliegen üben. Dein Jeschrei hab ick doch bis in ‘n Kella jehört.»
Czapalla suchte sich zu rechtfertigen. «Du weeßt ja nich, wat det für ‘n Schwein war, ‘n Schnüffla, der hier rumspioniert hat – Hausfriedensbruch war det! Jrundjesetz: in meina Wohnung hat keena wat zu suchen… Is doch mein jutet Recht jewesen; ick mußte ma doch wehrn. Die könn’n doch nich einfach jemand von de Firma herschicken und…»
Wolfgang hielt nichts von dieser Rechtfertigung. «Du spinnst ja, Mensch!»
«Ick spinne nich – Rudi hat ma doch jrade anjerufen und jesacht, die schicken jetz einen rum, der neue Personalfritze da, Dr. Horlach…»
«Rudi, Rudi!» höhnte Wolfgang. «Der kleene Zwerch Allwissend. Der vablödet doch imma mehr, seita da stundenlang in’t Wassa starrt und uff seine jebratenen Flundan wartet. Sowat jibt et doch ga nich.»
«Kuck doch ma nach, vielleicht hatta wat in ‘ne Tasche oben drin, wat…» sagte Czapalla.
Wolfgang kniete sich wieder neben den Toten. «Hier, in’t Jackett, .?»
«Ja, faß ma oben in ‘ne Brusttasche rin.»
Wolfgang fand einiges. «Brieftasche… Scheckkarte… Hier, ‘n Notizbuch.»
«Zeich ma!» Czapalla blätterte darin herum. «Mona, Christina, Karen – allet bloß Mädchennamen. Janz schöna Vabrauch in ‘n letzten Tagen», stellte er fest.
«Zeich doch ma her…» Wolfgang nahm seinem Vater das Notizbuch wieder aus der Hand. «Wat steht ‘n unta heute drin?»
«Wat soll schon drinstehn: Czapalla, Walter, Heiljensee, Silbahammawech 94.»
«Hier, ja…» bestätigte Wolfgang. «Wat soll ooch
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