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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Berlin. Die Frage ist nur, wie Mahnke ihn wiedergefunden hat.» Koch zog die Gardine zur Seite, um besser zum Nebenhaus hinübersehen zu können, wo eine junge Frau Fenster putzte.
    «Das auch. Aber woher hat Mahnke überhaupt gewußt, wer das Ding da in Dornrath gedreht hat?»
    Koch warf der arbeitsamen Hausfrau eine Kußhand zu. «Wahrscheinlich hatten sie’s zusammen geplant, und der andere hat ihn dann abgehängt.»
    «Kann sein, ja…» Mannhardt verfolgte Kochs Nebentätigkeit mit wachsendem Unmut.
    «Na, bitte, wenn das nichts ist!» Koch zog die Gardine wieder zu, denn die Fensterputzerin hatte ihm den Vogel gezeigt.
    Mannhardt stand auf. «Ja, denn werd ich mal gleich bei uns anrufen und den ganzen Apparat in Gang setzen: Mahnkes Vorstrafen, Mahnkes Freundeskreis… Und die Fahndung nach dem Passat noch verstärken.» Er begann schon zu wählen. «Das vor allem.»
    Unweit des City-Hotels hatte man, als Teil des Kudamm-Karrees, ein acht Ebenen hohes Parkhaus zwischen die alten Gebäude gequetscht, sich aber im Hinblick auf die Auslastung ziemlich falsche Hoffnungen gemacht. Nicht der hohen Gebühren wegen, sondern infolge der Abneigung vieler Berliner, insbesondere der einkaufenden Frauen, gegen die dunkel-verwinkelten Betonwaben – nein: Grüfte, obwohl meterhoch über der Erde.
    So konnte man den Mann unten im Glaskasten, den Kassierer und Aufpasser, auf keinen Fall als streßgeplagt bezeichnen. Dennoch reagierte er überaus heftig, als Wolfgang Czapalla jetzt Anstalten machte, in die Ausfahrt hineinzufahren. Als zu alledem noch eine mannequin-schöne Dame mit hupendem Mercedes nach unten rollte, geriet er fast aus dem Häuschen.
    «Könnse nich lesen?» schrie er. «Da is die Ausfahrt! Merkense denn nich, det die Dame da raus will?»
    Wolfgang kurbelte die Scheibe herunter. «Nun regen Sie sich bloß nicht so auf – ich war hier noch nie.»
    «Se wer’n doch wohl rot und jrün untascheiden können – oda? Da hinten jeht’s rin!»
    «Und da krieg ich auch einen Parkschein?» fragte Wolfgang, so wie seine Strategie es verlangte: Auffallen um jeden Preis!
    «Wennse wolln, sogar zwee», sagte der Parkhauswächter.
    «Okay!» Wolfgang setzte den Wagen zurück und bemühte sich weiter um ein unauffälliges Hochdeutsch. «Entschuldigen Sie vielmals, tut mir leid…» Mit einem aufwendigen Wendemanöver, das einen kleinen Verkehrsstau verursachte, gelangte er endlich zur richtigen Schranke und zog sich einen Parkschein aus der Box.
    «So, meine Dame, Ihren Parkschein bitte…» Der Parkhauswächter streckte der Mercedes-Dame die Hand entgegen. «Menschen gibt’s!»
    «Hier, bitte…» Sie überreichte ihm den gewünschten Beleg.
    «Danke…» Der Parkhauswächter steckte den Schein in seinen Tischcomputer. «Ich dachte schon, der fährt Ihnen uffn Kühla ruff.»
    Die Mercedes-Dame lächelte. «Der war wohl ‘n bißchen durcheinander, der Herr.»
    «Zwei Mark dann bitte.»
    «Können Sie auf Fünfzig rausgeben?»
    «Klar, kann ick.» Er suchte in seiner Kasse herum. «So… erstma achte in Silber, den Rest in Papier. Zehn, zwanzig, dreißig, vierzig… Jeht’s? Renkense sich nich ‘n Arm aus.»
    «Danke, es geht schon.» Sie nahm das Wechselgeld in Empfang.
    Plötzlich faßte er sich an den Kopf. «Sagense ma… War det nich eben ‘n phoenixroter Passat?»
    «Der mich da nicht rauslassen wollte? Ja.»
    «Mensch, so eenen suchense doch – hat mir doch vorhin ‘n Funkwaren Bescheid jesagt!»
    «Da gibt’s ja wohl mehrere von. Aber rufen Sie trotzdem mal an… Wiedersehen.»
    Der Parkhauswächter schob sein Fenster zu. «Wiedersehn, die Dame! Dann wem wa ma…» Er fand die Nummer, die die Beamten ihm gegeben hatten. «3 – 9 – 9 – 0 – 1…»
    «Polizeivermittlung City, guten Tag.»
    «Ja, Parkhaus Uhlandstraße, ich möchte bloß schnell was melden…»
     
     
    Es hatte damals, der Krieg war gerade vorbei, ein mächtiges Theater gegeben, als Irma ihren Eltern von Czapalla erzählte und daß sie ihn heiraten wolle. Als wenn du nichts Besseres gefunden hättest! Ein Arbeiter war schon schlimm genug, und dann noch einer, der dauernd was von einer neuen Gesellschaftsordnung faselte… Das nimmt noch mal ein böses Ende – denk an meine Worte!
    Hier lagen wohl die tieferen Gründe dafür, daß Irma Czapalla, die fröhlich und nichtsahnend nach Hause gekommen war, nun schon seit mehr als einer Viertelstunde zusammengesunken am Küchentisch saß und schluchzte. Erst hemmungslos und heftig, jetzt

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