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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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einer prosperierenden Industrienation gilt.
    Nach drei Stunden Fahrt erreichten wir Peddie. Wir fanden ein Bed und Breakfast, in dem mich die Ankündigung „Porridge zum Frühstück“ davon überzeugte, mich am Abend satt zu essen. Für dieses Vorhaben kannte Uli den richtigen Ort und so kamen wir ins Urban City – im Gegensatz zum Namen ein gemütliches Lokal, das neben Steak und Hummer auch ordentliches Bier auf der Karte stehen hatte. Alle schmissen ein paar Runden und als wir zur nachtschlafenden Zeit aus dem Urban City wankten, schwor ich mir, weder morgen noch übermorgen und überhaupt nie mehr in meinem Leben etwas zu mir zu nehmen. In der Pension fiel ich wie ein Stein ins Bett und träumte davon, dass mich eine Herde Wildtiere, in denen Schlachtermesser und Grillgabeln steckten, durch die Steppe jagten.
    Sie kamen näher und näher und sahen nicht so aus, als wollten sie mit mir über Marx, Engels und die Sorgen des Proletariats diskutieren. Aber ich konnte nicht weglaufen, denn meine Füße steckten in einer Schüssel Porridge, der hart war wie Zement. Schweißgebadet schrak ich auf. Neben mir schlief Beate den gesunden Schlaf der Vegetarierin, die erfrischt von einer Variation knackiger Salate an Diätjoghurt-Dressing von blühenden Landschaften vor herrlich blauem Berge Saum träumt. Mir dagegen war schlecht und ich brauchte Medizin. Zum Glück war diese nicht weit. Ich musste nur bis zum Morgen durchhalten. Denn in Peddie gibt es einen großen Markt für Heilpflanzen. Während sich die anderen über das Porridge hermachten, als hätten sie seit Tagen nichts zwischen die Zähne gekriegt, machte ich mich gleich auf den Weg. Mich lockte der Markt.
    Ich liebe altertümliche Märkte, während mir die moderne Variante in allen ihren perversen Formen gestohlen bleiben kann. Um jeden Supermarkt, jede Mall und jedes Schnäppchen-Outlet schlage ich einen weiten Bogen. Dagegen kann ich mich auf Märkten und Souks stundenlang aufhalten. Dort arbeiten Augen, Ohren und Nase auf Hochtouren. Vor allem die Nase, die nicht mit abgestandener Luft aus einer Klimaanlage malträtiert wird, sondern mit Gerüchen, die mir die Sinne schwinden lassen. Wer jemals in Istanbul, Peking oder Aleppo beim uralten Händler mit einem Gesicht wie ein Stück Leder vor Bergen unbekannter Gewürze stand, der weiß, dass man in Aromen ertrinken kann. Ich lasse mir dann immer dieses, jenes und das-da-drüben-auch-noch zeigen und am Ende schleppe ich Taschen mit Kräutern, Knollen, Wurzeln und Gewürzen nach Hause.
    Das alles hatte Peddie auch zu bieten. Schon morgens um neun herrschte auf dem zentralen Platz der Stadt ein Tohuwabohu, als sei Südafrika soeben Fußball-Weltmeister geworden. Hunderte von Omnibussen standen dicht an dicht und einkaufswillige Passagiere stiegen gut gelaunt aus. Wer irgendwo wohnte, wo kein Bus hinkam, nahm das Busch-Taxi – ein meist abenteuerliches Gefährt, voll gepfercht mit Menschen. Ich sah einen Lieferwagen, dem sein Besitzer kurzerhand das Dach weg geflext hatte. Um seine Passagiere vor Verletzungen zu schützen, hatte er die scharfen Kanten umgedengelt. 13 Leute stiegen aus, und als ich dachte, jetzt muss aber Schluss sein, wälzte sich eine Frau aus dem Wagen, die ihn hätte alleine füllen können. Wer wie ich täglich vor dem Einschlafen das Guinness-Buch der Rekorde durchblättert, um mit dem beruhigenden Gedanken einzuschlummern, welch Geistes Kind die Mitmenschen sind, stößt auf eine Vielzahl von Spitzenleistungen dieser Art.
    Meistens stechen dabei Engländer hervor, für die es ein Volkssport ist auszuprobieren, wie viele Leute in eine Telefonzelle passen oder in den Kofferraum eines Mini Cooper. Ist ja verständlich, wenn man auf einer Insel lebt, auf der die Nationalmannschaft mit schöner Regelmäßigkeit im Elfmeterschießen ausscheidet. Was bleibt einem da anderes übrig, als sich im Gummistiefelweitwurf zu üben und im Fröschewettessen?
    Als der nächste Kleinwagen zwei Dutzend Marktbesucher ausspuckte, dachte ich darüber nach, ob das Schicksal, lange Jahre britische Kolonie gewesen zu sein, die Südafrikaner zu ihren seltsamen Hobbys geführt hatte. Schließlich spielt man hier auch Cricket. Das ist eine unglaublich spannende Sportart, in der Menschen in Sonntagsanzügen mit einem Holzschläger einen Ball durch kleine Plastiktore treiben, wobei sie darauf achten müssen, die Teetasse in der anderen Hand nicht zu verschütten. Als ich genug gesehen hatte, ging ich ins Café Victoria.

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