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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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fanden den Heiler Mashwabada Caga bei den Ständen, die Fleisch anboten. Sein Gesicht war wie ein Voodoo-Zauberer mit einer weißen Paste beschmiert. Mit der Miene des Kenners begutachtete er einen abgeschnittenen Schafskopf. Leon stellte mich vor, und da Mashwabada Caga kein Englisch sprach, dolmetschte er für uns.
    „Ist die Gesichtsbemalung wichtig?“, fragte ich ehrfurchtsvoll.
    „Oh ja“, lachte Leon. „Gegen die Sonne. Auch schwarze Haut bekommt Sonnenbrand.“
    „Was ist mit dem Schafskopf? Braucht er ihn für die Behandlung?“
    Mashwabada schaute dem Schaf in den blutigen Hals, als sei darin die große Medizin versteckt.
    „Den braucht er für den Kochtopf“, übersetzte Leon die Antwort. „Morgen hat er ein großes Familienfest.“
    Wir tendieren dazu, Gesehenes zu verklären, zu interpretieren und falsch wiederzugeben. So entstehen die mannigfaltigen Vorurteile über Menschen, Länder, Sitten und Gebräuche. Natürlich gibt es exotische Gegebenheiten, die wir nicht gleich verstehen. Aber in der Regel klärt sich nach einigem Nachfragen einiges auf, und immer häufiger stelle ich fest: Auch am Ende der Welt legen die Uhren den Tag in 24 Stunden zurück. In Peddie war es nicht anders. Da erledigte der traditionelle Heiler eben seinen ganz normalen Samstagseinkauf, bevor er sich auf die Suche nach Kräutern und Heilpflanzen machte.
    Am Schafskopf hatte Mashwabada Caga eine Menge auszusetzen. Hätte ich auch, denn er wimmelte nur so vor Fliegen. Der Händler legte ihn zurück und schaute beleidigt drein wie die schwäbische Ladenbesitzerin, die einem nachruft: „Andere sin’ net so schleckig“.
    Ein paar Stände weiter wurde er fündig. Es war eine Hähnchenbraterei und so erfuhr ich, dass es zum morgigen Fest „Grillhähnchen à la Heiler“ geben würde.
    Vor ein paar Jahren habe ich angefangen, Mützen zu kaufen, wann immer ich unterwegs bin. Mittlerweile kann ich ein Mützenmuseum eröffnen und auch Peddie enttäuschte mich nicht. Der Markt bot Mützen aller Art und auf den meisten prangte ein Emblem von Jesus Christus mit Sinnsprüchen wie „Jesus is Lord“ oder „Christ loves you“.
    Ich blieb an einem Stand hängen, an dem eine energische junge Frau in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Ich Chef. Du nix“ in mir sofort den perfekten Kunden sah. Sie setzte mir Mütze um Mütze auf, schien unzufrieden, probierte die nächsten, schien wieder unzufrieden und wählte am Ende die mit Abstand hässlichste aus. Dafür wollte sie eine Stange Geld, und weil ich mit Frauen in ausdrucksstarken T-Shirts nicht handeln kann, reichte ich es ihr. Sie steckte die Mütze in eine Tasche, dazu eine zweite, eine dritte, eine vierte und eine fünfte, und erst da wurde mir klar, dass ich den Stand leer gekauft hatte. Ich würde mein Museum erweitern müssen. Um dem vorzubeugen, verteilte ich meinen Einkauf freigiebig unter Leon und Mashwabada, und so zogen wir durch die Stadt, zwei Schwarze und ein Weißer mit knallroten Mützen und der Aufschrift „Jesus is my Homeboy“.
    Als wir die Straße der Heilpflanzenverkäufer erreichten, sah ich Stände, die sich unter Bergen von Wurzeln, Knollen und Kräutern bogen. Hatte Mashwabada beim Schafskopfhändler den kritischen Kunden gegeben, lief er jetzt zur Hochform auf. Wählerisch schlich er um die Ware, rieb seltsam aussehende Wurzeln zwischen den Fingern, kostete, verzog das Gesicht, handelte und feilschte, wollte genau wissen, wann und wie diese und jene Pflanze geerntet wurde. Fast alles, was an den Ständen feilgeboten wurde, stammte aus der Wildnis und ich stellte mir vor, auch wir könnten uns auf lokalen Märkten mit Heilpflanzen eindecken, gesammelt von weisen Kräuterfrauen.
    „Ich weiß, für welche Krankheiten ich welche Heilpflanzen brauche“, beantwortete er meine Frage. „Manche sammle ich selbst, einige baue ich an und andere muss ich kaufen, weil sie in unserer Gegend nicht vorkommen.“
    „Behandelst du alle Patienten mit Heilpflanzen?“
    Leon übersetzte und aus Mashwabada Caga sprudelte es nur so heraus. Ganz offenbar war das ein wunder Punkt.
    „Früher ja“, fasste Leon zusammen. „Heute gibt es Bestimmungen und Verordnungen. Jetzt muss er mit synthetischen Medikamenten arbeiten, ob er will oder nicht. Bei denen weiß er allerdings nicht, welche Nebenwirkungen sie haben. Über die Pflanzen weiß er alles.“
    Wie gesagt: Auch am anderen Ende der Welt legen die Uhren den Tag in 24 Stunden zurück. Synthetisch hergestellte Medikamente

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