Von Namibia bis Südafrika
National Congress. Der ANC trat dafür ein, dass das weiße Minderheitsregime der schwarzen Mehrheit politische, soziale und wirtschaftliche Rechte einräumte, und damit machte sich Mandela keine Freunde. Sechs Jahre später, als die Rassentrennung rigoros durchgezogen wurde, engagierte sich Mandela in der Widerstandskampagne des ANC und wurde wegen Hochverrats angeklagt. Der Mammut-Prozess zog sich fünf Jahre hin und endete mit einem Freispruch. Aber schon ein Jahr später wurde Mandela erneut verhaftet und dieses Mal verurteilt. Von nun an sollte er für eine halbe Ewigkeit nicht mehr aus dem Gefängnis kommen. Erst am 11. Februar 1990 wurde Mandela freigelassen, und noch am selben Tag hielt er vor 120 000 Menschen im Stadion von Soweto seine berühmte Rede, in der er zur Versöhnung aufrief. Vier Jahre später leitete er als erster schwarzer Präsident Südafrikas die Umgestaltung von Staat und Gesellschaft ein. Neben dem Friedensnobelpreis wurde er mit über fünfzig Ehrendoktorwürden und zahlreichen Orden überschüttet, darunter der Order of St. John durch Königin Elisabeth II., der Bharat Ratna, Indiens höchster Auszeichnung, und der Presidential Medal of Freedom durch George W. Bush. Mandela scheute sich trotzdem nicht, den damaligen amerikanischen Präsidenten und dessen Juniorpartner, den britischen Premierminister Tony Blair, wegen ihrer Irakpolitik die Leviten zu lesen, wonach ihm die Hardliner im Weißen Haus den Orden wieder abnehmen wollte. Ich bin mir sicher, Mandela hätte auch das verkraftet. Wahrscheinlich freute er sich ohnehin mehr über die Auszeichnung des 10. Dan, der höchsten Graduierung im Karate, die ihm die World Karate Federation verlieh. Denn Durchschlagskraft war es, die Mandela in seinem Land mehr als alles andere benötigte, nachdem die Apartheid alle sozialen und wirtschaftlichen Strukturen zerstört hatte. Für seine Arbeit wurde er gelobt, mitunter auch kritisiert. Vor allem das Unvermögen der Regierung, die Aids-Krise in den Griff zu bekommen, wurde ihm angelastet. Anders als der spätere Präsident Mbeki behauptete Mandela nie, dass Aids eine Propaganda des Westens sei, um Südafrika zu diskriminieren. Sein Sohn Makgatho starb 2005 selbst an der Immunschwächekrankheit. Als sich Nelson Mandela aus der aktiven Politik zurückzog, hinterließ er eine Lücke, die bis heute nicht geschlossen werden konnte.
Es dämmerte bereits, als wir in Port Elizabeth landeten, und wir mussten uns sputen, denn es lag ein weiter Weg vor uns. Am Schalter der Autovermietung wählten wir aus Gewohnheit einen VW-Bus und erhielten ein Exemplar, bei dem weder Licht noch Bremsen funktionierten.
„Hätte ich aber gerne“, sagte ich zum Mann vom Service. „Licht zum Schauen, Bremsen zum Halten.“ Statt schlicht „Verstehe ich, nehmen Sie den Wagen dort drüben“ zu sagen, beharrte er darauf, dass seine Rostlaube ausreichend für eine Fahrt in die Transkei sei. Auf diplomatische Art machte ich ihm klar, dass ich auf einen funktionstüchtigen Wagen bestand. Die Botschaft kam an und so erhielten wir einen japanischen Bus, welchen Rolf liebevoll Eierbecher auf Rädern taufte. Immerhin passten alle hinein: Rolf und Bigy. Beate und ich. Uli klemmte sich hinters Steuer.
Rund um Port Elizabeth ist das industrielle Südafrika angesiedelt. Zementwerke, Petroindustrie und Maschinenbaufabriken verleihen der Region Ruhrgebietsatmosphäre, nur dass man sich am Indischen Ozean befindet. Südafrika ist die bedeutendste Wirtschaftsnation Afrikas und wird sowohl von der UN als auch von der EU der Ersten Welt zugerechnet, auch wenn es in den ehemaligen Homelands ganz anders aussieht. Doch der enorme Reichtum an Bodenschätzen wie Gold, Diamanten, Platin, Chrom, Eisenerz und Kohle machen das Land zum geschätzten Handelspartner westlicher Industrienationen, und den will man nicht mit dem beleidigenden Prädikat „Schwellenland“ verprellen. Zugleich ist Südafrika der weltweit drittgrößte Exporteur von Agrarprodukten, und weist trotzdem eine Arbeitslosenquote von bis zu 50 Prozent in manchen Regionen auf.
„Auf dem Land gibt's noch immer kaum bezahlte Jobs“, sagte Uli, während wir an einer Raffinerie vorbeifuhren. Brennendes Gas erleuchtete die Nacht. Es war Schichtwechsel und ein Strom von Autos bog in das Werkstor ein. Ich sah deutsche, japanische, französische Mittelklassewagen und noch ein paar Marken, die ich nicht kannte. Mittlerweile werden in Südafrika viele Autos gebaut, was als Indikator
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