Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
ihn immer weiter aufpustet. Gleichzeitig waren einige römische Herrscher zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung des Ballons weder Vorbilder noch stark genug, um den Laden zusammenzuhalten. Es wurde gehurt und gemordet, selbst die nächste Verwandtschaft, wenn es einem in den Kram passte. Es wurde geprasst, und es wurden Intrigen angezettelt. Nicht zufällig stammt «intrigieren» aus dem Lateinischen und heißt «jemanden in Verlegenheit bringen». Auch heute wird in der Politik mit Leidenschaft intrigiert, was man nicht mit integrieren verwechseln darf, das genau das Gegenteil meint.
Auch ein anderes Phänomen, das den Römern zu schaffen machte, kennen wir heute nur zu gut: der demographische Faktor. Rom litt unter Bevölkerungsrückgang, einer alternden Gesellschaft. Augustus versuchte, den Geburtenrückgang zu stoppen, indem er andere Steuergesetze erließ: Wer Kinder bekam, wurde steuerlich begünstigt. Wer keine bekam, musste Strafsteuern bezahlen. Doch vergeblich. Die Anreize liefen ins Leere wie unser heutiges Elterngeld.
Gleichzeitig vergrößerte sich die Schere zwischen Arm und Reich. Kommt einem irgendwie bekannt vor, oder? Auf fünfzig bis achtzig Millionen Menschen wird die Bevölkerung im Römischen Reich nach Christi Geburt geschätzt, nur ein Prozent von ihnen verfügte über Reichtum. Sklaven verdienten sowieso nichts, aber ein einfacher, freier Römer brachte es auch nur auf vier Sesterzen am Tag. Gleichzeitig konnte sich der reiche Nachbar einen Haussklaven für hunderttausend Sesterzen kaufen.
Die Unzufriedenheit wurde immer größer, der Hass auf die Verschwendungssucht der antiken High Society wuchs.
Ein Pferd wird zum Senator ernannt
Mit ein Grund für das Ende der bis dahin am höchsten entwickelten Gesellschaft der Welt war angeblich auch jene berühmte Dekadenz, die vor nicht allzu langer Zeit ein deutscher Außenminister bei Hartz- IV -Empfängern ausgemacht haben will. Jaja, Arbeitslose können ein Lied über die Probleme mit den Sklaven singen, die einem das Arbeitsamt geschickt hat. Nie lassen sie einem rechtzeitig das Bad ein, den Rücken massieren sie auch nur stümperhaft, und jedes Mal muss man sie erst dazu auffordern, einen mit Weintrauben zu füttern.
Der Vergleich des Außenministers ist natürlich keiner, es ist schwer, an die Dekadenz der Römer heranzureichen: Als man z.B. entdeckte, dass Wein in Amphoren am bestens kühlt, wenn man das Gefäß permanent befeuchtete und ihm die ganze Nacht auf dem Dach Luft zufächelte, konnte man fortan unzählige Sklaven beobachten, die über der dunklen Stadt fächelten, bis die Sonne aufging. Liberale mögen denken, klasse, das belebt die Wirtschaft, auch schlecht ausgebildete Kräfte haben die Chance auf einen Ein-Sesterzen-Job! Aber die meisten anderen würden es als Verfall von Anstand und Sitte ansehen.
In diesem Zusammenhang wird oft die Tatsache erwähnt, dass Kaiser Caligua sein Pferd zum Senator ernannte. Ist das ein Zeichen spätrömischer Dekadenz oder nicht doch eher exzentrisch? Wie dem auch sei, das Pferd ist weder durch dumme Vorschläge noch durch lausige Reden aufgefallen, im Hinblick auf die Leistungen menschlicher Politiker hat es also keinen schlechten Job gemacht. Oder anders gesagt: Ob nun Philipp Rösler Wirtschaftsminister ist oder ein Pferd – wer würde den Unterschied bemerken?
Die Bohnenmatschmaske von Neros Frau
Was soll eine Regierung eigentlich machen? Regieren. Doch 54 n. Chr. fing Kaiser Nero an, sich in seinem Amt zu langweilen. Er hielt sich für einen begabten Schauspieler und nervte die ganze Stadt mit seinen Auftritten. Als Kaiser hat man die Macht, sich die Hauptrollen zu geben, und so umgab sich Nero mit Claqueuren, die jeden seiner Sätze hysterisch beklatschten. «Claquer» kommt aus dem Französischen und heißt «klatschen». Heute nennt man die Anklatscher im Fernsehen
Warm Upper
, und wer Zeuge ist, wie das Publikum nach einem schlechten Gag in einer Late Night Show ausrastet, bekommt einen Eindruck davon, auf welchen Zuspruch sich Nero bei seinen Vorstellungen verlassen konnte.
Vielleicht war auch die Langeweile daran schuld, dass sich Nero in eine Frau namens Poppaea verknallte, obwohl er verheiratet war. Kurzerhand lässt er seine Mutter und seine Frau hinrichten, um für seine neue Flamme frei zu sein. Selbige funktionierte den gemeinsamen Palast zur Beauty Farm um. Über einhundert Assistentinnen waren damit beschäftigt, sie unentwegt zu schminken, einzucremen und ihre
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