Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
schicken Katholiken ihr Geld nach Rom, es gibt wenige Banken, die noch älter sind. Selbst unsere heutigen Sparkassen und Postbanken sind italienisch geprägt. Wie bitte? Das ist Ihnen bisher nicht aufgefallen? Haben Sie denn noch nie das italienische Flair beim Betreten Ihrer Sparkassenfiliale bemerkt? Was haben wir denn dort? Wir haben ein
Girokonto
, nehmen
Kredite
auf, und wenn es schlecht läuft, sind wir im
Dispo
. Allesamt italienische Begriffe. Ebenso geht der berühmte Lombardsatz, der Zinssatz, zu dem eine Zentralbank Geld an Banken verleiht, auf die italienischen Lombarden zurück: Da in der Neuzeit viele Banker aus der Lombardei kamen, wurde die Bezeichnung für ihre Einwohner das Synonym für Banker allgemein.
Friedrich der Kleine
Deutschen scheint das Revoltieren nicht in den Genen zu liegen. Bis auf wenige Ausnahmen waren sie immer erschreckend brav, so brav, dass noch im 20 . Jahrhundert der russische Oberrevolutionär Lenin ätzen sollte: «Revolution in Deutschland? Das wird nie was. Wenn Deutsche einen Bahnhof stürmen wollen, lösen sie vorher eine Bahnsteigkarte.» Tatsächlich gibt es heute noch in Hamburg und München eine Bahnsteigkartenpflicht, und rund zwanzigtausend Deutsche lösen dort jährlich ein solches Ticket, auch ohne Revolution.
Doch wir wollen fair sein: Zwischen Gutenbergs Buchdruckrevolution 1450 , Luthers Kirchenrevolution ab 1517 und den Bauernkriegen ab 1524 , die in Wirklichkeit eine Bauernrevolution waren, hatten unsere Vorfahren genug revoltiert. Vielleicht wurde ihnen der Daueraufstand mit der Zeit auch zu viel, schließlich sorgte die Kirchenspaltung noch bis 1648 für Unruhe. Auf jeden Fall kehrten die Deutschen bald wieder zu altbekannter Bravheit zurück. Reformen, die fortan in anderen Ländern von ganz normalen Menschen erkämpft wurden, kamen bei uns von Königen, die zu intelligent waren, um ihr Volk ausschließlich zu unterdrücken.
So ab 1712 in Preußen, das es zwar schon seit dem Mittelalter gab, nun aber auf eine Größe heranwucherte, die sich angesichts des sonstigen Flickenteppichs deutscher Ministaaten geradezu herausragend ausnahm. Hier lebte Friedrich, gerne als der Große bezeichnet. Wie wir alle hat er aber klein angefangen: als Kind. Und er taugte als Kind und Jugendlicher genauso wenig wie jeder andere Angehörige dieser Altersgruppe. Vor allem in den Augen seines Vaters. Denn der kleine Friedrich war außerordentlich musisch veranlagt und interessierte sich weder für Politik noch fürs Militärische, was damals ungefähr dasselbe war. Er spielte lieber Querflöte, drehte sich Locken ins Haar und schwadronierte über philosophische Fragen mit seinem französischen Freund Voltaire. Das wäre auch überhaupt kein Problem gewesen, wenn sein Vater auch Philosoph gewesen und Querflöte gespielt hätte. Aber Friedrichs Vater, Friedrich – ja auch der Vater hieß Friedrich, zwar zusätzlich noch Wilhelm I ., aber das hilft uns nicht, da es bis zum Ende des deutschen Kaiserreiches 1918 vor lauter Friedrichen und Wilhelmen und Friedrich-Wilhelmen nur so wimmeln wird –, aber dieser Vater hatte einen Beinamen, der sich leicht erinnern lässt: der Soldatenkönig. Der Mann war derart militaristisch, dass Preußen als Armee mit angehängtem Staat gesehen wurde.
Sein Sohn war in seinen Augen ein hoffnungsloser Waschlappen, sein Interesse für die schönen Künste eine Katastrophe. Die Not des Vaters war in etwa so groß, wie es die von Hitler gewesen wäre, hätte er einen Sohn gehabt, der ihm eines Tages gebeichtet hätte: «Du Papa, ich möchte Balletttänzer werden.»
Irgendwann erwischte der Soldatenkönig den kleinen Friedrich dabei, wie er Gedichte schrieb, und damit war das Fass übergelaufen. Er ließ ihn einsperren, sicherlich eine der höchsten Strafe fürs Gedichteschreiben bis dahin. Doch dem kleinen Friedrich gelang die Flucht, und er versuchte zusammen mit seinem besten Freund Katte nach England zu gelangen, das Land, in dem es den Rechtsstaat und Freiheit schon gab.
Aber sie schafften nur wenige Kilometer, wurden festgesetzt – und dann kam es dicke: Der Vater verurteilte seinen Sohn und dessen Freund zum Tode. Das eigene Kind! Später wurde das Urteil seines Sohnes auf Stubenarrest abgemildert, der Freund aber vor den Augen des jungen Friedrich exekutiert. So grausam das war, die vom Soldatenvater intendierte Wirkung verfehlte diese Hinrichtung nicht. Friedrich wurde härter.
Eine Ironie der Geschichte, die auch die Unschärfe von
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