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Von Natur aus kreativ

Von Natur aus kreativ

Titel: Von Natur aus kreativ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Poeppel , Beatrice Wagner
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hebt an um den verherrlichten Sohn.
    Siehe, da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
    Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
    Auch ein Klagelied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
    Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.
    Was hat es also auf sich mit Gedichten, wenn man sie mit einer eher naturwissenschaftlichen Perspektive in den Blick nimmt? Es sind zwei Bereiche, die in dieser Sichtweise bedeutsam sind, nämlich zum einen anthropologische Universalien und zum anderen individuelle oder kulturelle Spezifika. Die hier vorgenommene Auswahl von Gedichten ist zumeist der „leichteren Art“, und eine Vorliebe für Joachim Ringelnatz oder Robert Gernhardt ist offenkundig. Die allgemeinen Regeln scheinen aber für alle Tonarten zu gelten und nicht nur für diese kleine Stichprobe, die aus Tausenden von Gedichten extrahiert wurde. Es gilt einerseits die Regel, dass von Dichtern in allen Kulturkreisenzeitliche Strukturen beachtet werden, die offenbar vom intuitiven Wissen getragen werden. Des Weiteren spiegeln sich in Gedichten die verschiedenen linguistischen Kompetenzen als anthropologische Universalien: die lexikalische Kompetenz für unseren Wortvorrat; die syntaktische Kompetenz für die Konstruktion von Sätzen; die semantische Kompetenz für die Vermittlung von Bedeutung; die sprachlautliche Kompetenz als Indikator menschlicher Sprache; die prosodische Kompetenz zum Ausdruck der Gefühle; die pragmatische Kompetenz für die Einschätzung von Situationen; die kognitive Kompetenz als Hinweis auf geistige Gesundheit. Hinzu kommen optische Muster, indem das Schriftbild selbst Inhalte assoziieren lässt. Schließlich können mathematische Regeln eine äußere Form vorgeben, an die sich der Dichter halten muss, er wird dann dazu gezwungen, das Gemeinte so weit zu variieren, dass es in die Form passt, wodurch sich eine schöne Wechselwirkung zwischen Form und Inhalt ergibt. Neben diesen formalen Prinzipien werden andererseits Themen behandelt werden, die auch zum wissenschaftlichen Geschäft gehören, wie Fragen nach der Identität, des inneren Gleichgewichts oder der Homöostase, der Kreativität, des Beginns des Lebens und seines Endes. Dies alles sind auch Themen der Wissenschaft. Was folgt daraus? Kunst und Wissenschaft sprechen über dasselbe, auch wenn die Weise, wie es gesagt wird, dies maskieren mag.

Teil 5
Kreativität in den Augen anderer
    Dies ist eine besondere Art von Literaturverzeichnis, mit weiteren Ansichten dazu, „wie wir von Natur aus gemeint sind“, nämlich kreativ und stets ein Gleichgewicht suchend – und mit Anmerkungen dazu, was eigentlich von solchen Verzeichnissen über die Veröffentlichungen anderer zu halten ist.
Eine anarchistische Vorbemerkung
    Hinweise auf die Veröffentlichungen anderer, Fußnoten, aus denen hervorgeht, von wem man etwas übernommen hat, das sind eigentlich sinnlose Unternehmen. Das gilt insbesondere bei einem Buch wie diesem hier, doch auch für die meisten wissenschaftlichen Artikel, die sich an ein Fachpublikum richten. Wo fängt man an mit den Hinweisen auf andere, wenn man der Auffassung ist, auch auf sehr allgemeine Erkenntnisse Bezug nehmen zu müssen? Wo hört man auf, bei welcher Ebene von Details meist technischer Art, auf die sich andere bezogen haben, um etwas zu erarbeiten?
    Es geht immer darum, zu prüfen, wer etwas zuerst gesagt hat. Was aber heißt „gesagt“? „Gesagt“ heißt in diesem Zusammenhang etwas anderes, nämlich „schriftlich festgehalten“. Etwas muss irgendwo schriftlich, typischerweise in einer wissenschaftlichen Zeitschrift oder in einem Buch, festgehalten sein, um als Veröffentlichung zu gelten. Doch wenn jemand etwas in Anwesenheitanderer tatsächlich gesagt hat, ist das nicht auch „veröffentlicht“, und fordert der Betreffende dann nicht mit Recht, dass sein nur mündlich geäußerter Gedanke, eine Hypothese etwa, von anderen entsprechend gewürdigt wird? Da dies meist nicht geschieht, sprechen manche Forscher zum eigenen Schutz nicht mehr offen über ihre wissenschaftlichen Projekte, aus Angst, die Priorität der Publikation einer Entdeckung zu verlieren. Im Feld der Wissenschaft geht es immer um Priorität, darum, etwas zuerst zu veröffentlichen. Ein Weiteres: Ist das, was in den sozialen Medien verbreitet wird, als eine Veröffentlichung zu werten? Eigentlich schon, schließlich ist es ja öffentlich.
    Daraus ergibt sich ein Problem, das die beiden Autoren dieses Buches

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