Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
trotzig.
„O doch, mein Junge. Denn ohne mich gäbe es dich heute gar nicht, weil du schon im Mutterleib gestorben wärst.“
Niklas öffnete seinen Mund, um dem Vampir zu widersprechen, doch er schloss ihn wieder. Er wusste von seiner Mutter, dass sie es in der Nacht seiner Geburt nur mit Mühe bis ins Krankenhaus geschafft hatte und er durch einen Kaiserschnitt geholt werden musste. Seine Gedanken wurden durch Lyonel unterbrochen:
„Deine Eltern haben dir also wirklich nie etwas von mir erzählt?“
„Nein“, bestätigte Niklas.
Als er sah, wie sich tiefe Enttäuschung in die Augen des Vampirs schlich, begann er, diesem zu glauben, dass er etwas mit seiner Geburt zu tun gehabt hatte – und seine Neugierde erwachte.
Niklas schob sich im Bett etwas höher, um bequemer liegen zu können, und fragte:
„Was ist damals passiert?“
Lyonel senkte seinen Blick und rieb sich gedankenverloren mit dem Knöchel seines Daumens über seine rechte Augenbraue. Schließlich seufzte er leise und blickte wieder in Niklas moosgrüne Augen, die ihn erwartungsvoll ansahen. Nicht zum ersten Mal seit ihrer Begegnung stellte der Vampir fest, dass der junge Mann dieselben, intensiven Augen besaß, wie die Frau, die ihm vor Jahren sein Herz gestohlen hatte.
„Ich bin Rachel, deiner Mutter, das erste Mal vor dreißig Jahren begegnet. Sie war damals erst siebzehn Jahre alt und ging spät am Abend alleine durch einen dunklen Park.“
Niklas beobachtet, wie der Blick des Vampirs sich in der Vergangenheit verlor, und lauschte gebannt dessen Erzählung:
„Der Zeitpunkt ihres Spazierganges war wirklich äußerst schlecht gewählt, denn zufällig war dort ein Vampir, der noch nicht allzu lange verwandelt war, auf der Jagd nach Beute. Er hatte große Schwierigkeiten, seinen Blutdurst in den Griff zu bekommen und hatte bereits eine blutige Spur in verschiedenen Städten hinterlassen. Deswegen war ich auf der Suche nach ihm. Entweder wollte ich ihn töten, oder wenn es noch nicht zu spät dazu sein sollte, ihn unter meine Fittiche nehmen, um ihm beizubringen, seine Gier nach Blut in den Griff zu bekommen. Ihm klar machen, dass er seine ausgesaugten Opfer nicht einfach so herumliegen lassen kann. Dass er mit Verstand auf die Jagd gehen musste, denn eines unserer Vampirgesetze lautet, dass wir nicht auffallen dürfen. Die Allgemeinheit der Menschen muss glauben, dass wir nur ein Mythos sind, denn es ist auch so schon schwer genug für uns, unerkannt zu bleiben, um nicht gnadenlos gejagt zu werden.
Jedenfalls hatte der Vampir nicht nur mich auf sich aufmerksam gemacht, sondern auch den Vampirjäger Marcel Maelzer, deinen Vater. Er war damals ebenfalls im Park und wir wollten beide Rachel beschützen. Also kämpften wir gemeinsam gegen den völlig außer Kontrolle geratenen Vampir und töteten ihn.
Während des Kampfes habe ich auch Marcel das Leben gerettet, weswegen dieser davon Abstand nahm, mich zu jagen. Wir haben es zwar nie ausgesprochen, aber wir trafen eine Art Waffenstillstand … und wir verliebten uns beide in Rachel.
Wir begannen, ihr den Hof zu machen und es störte deinen Vater überhaupt nicht, dass er zehn Jahre älter war als sie. Und auch ich ignorierte die paar Jährchen, die zwischen mir und ihr lagen. Sie war zwar erst siebzehn Jahre alt, aber sie hatte etwas Besonderes an sich. Sie faszinierte mich.“
Lyonel starrte auf einen Ring an seiner linken Hand und erzählte nach einigen Sekunden leise weiter:
“Rachel liebte lange Spaziergänge, aber ihre eigentliche Leidenschaft galt der Malerei. Schon damals war ihre Fantasie unbeschreiblich und ihre Bilder atemberaubend.“
Er zeigte auf ein Bild, das hinter Niklas an der Wand hing.
„Ich weiß natürlich, dass deine Mutter ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat und heute eine erfolgreiche Malerin ist. Obwohl mich die Bilder immer wieder an sie erinnern, konnte ich es nicht lassen, einige ihrer beeindruckenden Kunstwerke zu kaufen.“
Niklas drehte sich um und betrachtete das Bild an der Wand. Es zeigte eine fantasievolle, majestätische Burg, umrahmt von bewaldeten Hügeln. Das Faszinierendste jedoch war ein gigantischer Wasserfall, der im Hintergrund in die Tiefe stürzte und dessen feiner Wassernebel die Burg einhüllte. Es war eindeutig ein Bild seiner Mutter.
„Hast du dieses Talent geerbt?“
Niklas wandte sich wieder Lyonel zu und zu dessen Überraschung spielte um seine Mundwinkel ein leichtes Lächeln. Für den Moment hatte der junge Mann vergessen, dass er sich mit
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