Von Ratlosen und Löwenherzen
Arundel wurde der Wortführer der Kritikerfraktion. Derweil geißelten die Commons im Parlament die heillose Verschwendung an Richards Hof.
1385 führte Richard eine Armee auf den peinlichsten Schottlandfeldzug aller Zeiten: Nach zwei Wochen ohne Feindkontakt kam der König zurück, weil Schottland ihm zu ungemütlich und das Lagerleben zu unbequem war. Mit dieser Farce machte er nicht nur Lancasters jahrelange Friedensbemühungen zunichte, er verlor auch das Ansehen seiner Untertanen.
Die Zahl der Kritiker wuchs, und mancher Lord liebäugelte damit, den jungen, verantwortungslosen König abzusetzen. Das hatten ihre Väter und Großväter vor rund sechzig Jahren schließlich schon mal gemacht, darum war die Hemmschwelle jetzt weitaus niedriger.
König Richard hatte es allein seinem Onkel Lancaster zu verdanken, dass er auf seinem Thron Platz behalten durfte, denn Lancaster – immerhin selbst ein Königssohn – glaubte an die Unantastbarkeit des Königtums.
Doch 1386 verließ der Duke of Lancaster England für einen, wie sich herausstellen sollte, beinah dreijährigen Feldzug nach Kastilien, und kaum war er davongesegelt, brach der Konflikt zwischen König Richard und den Lords offen aus. Spät imHerbst 1387 verlangten Arundel und König Richards Onkel, der Duke of Gloucester, das »Impeachment«-Verfahren gegen einige von Richards engsten Vertrauten und Freunden einzuleiten.
Richard stimmte zum Schein zu, schickte seinen Freund, den Earl of Oxford, aber gleichzeitig aus, um eine Truppe aufzustellen. Am 20. Dezember kam es bei Radcot Bridge (unweit von Oxford) zur Schlacht zwischen den Anhängern des Königs und seinen Kritikern, denen sich inzwischen auch Lancasters Sohn, Henry Bolingbroke, angeschlossen hatte.
Richards Freunde holten sich eine blutige Nase.
Im »gnadenlosen Parlament« von 1388 kehrten die siegreichen Lords mit eisernem Besen, und Richards engste Vertraute wurden, so sie nicht nach der Schlacht von Radcot Bridge ins Ausland geflohen waren, hingerichtet. Der König behielt seine Krone, aber die Macht übernahmen die fünf führenden Lords, die sich die »Appellanten« nannten: Richards Onkel Gloucester, sein Cousin Henry Bolingbroke, die Earls of Arundel und Warwick und ein Mann namens Thomas Mowbray, der einmal zu Richards engsten Vertrauten gezählt hatte.
Als Lancaster 1389 nach England zurückkehrte, konnte er eine Versöhnung zwischen dem König und den Appellanten herbeiführen, und für ein paar Jahre schien alles gut. Richard brachte sogar einen langfristigen Waffenstillstand mit Frankreich zustande, betätigte sich als Mäzen und erfreute sich mit seiner geliebten, aber kinderlosen Königin Anna des Hoflebens. Aber weder seine Verschwendungssucht noch seine Hinterhältigkeit hatte er abgelegt, und er hielt sich ein ganzes Regiment walisischer und englischer Bogenschützen als persönliche Leibgarde. Sein despotisches Auftreten und sein Misstrauen gegen die Lords wurden schlimmer. Manche glauben heute, dass Richard psychotisch war. Jedenfalls wurde er immer unberechenbarer, und als seine Anna 1394 starb, ließ er den Palast, in dem sie gestorben war, dem Erdboden gleichmachen. Das fanden die Engländer ziemlich eigenartig.1397 endlich holte Richard zum Gegenschlag gegen die fünf Appellanten aus: Sein Onkel Gloucester wurde verhaftet, nach Calais gebracht und dort in aller Stille ermordet, weil er so mächtig war, dass Richard nicht riskieren konnte, ihn vor dem Parlament anzuklagen. Genau das tat er aber mit Arundel und Warwick. Der Erste wurde hingerichtet, der Zweite bat um Gnade und wurde verbannt.
Blieben sein Cousin Henry Bolingbroke und sein einstiger Kumpel Mowbray. Erst einmal passierte gar nichts, was die beiden ganz schön nervös gemacht haben dürfte. Dann zerstritten Bolingbroke und Mowbray sich, und Richard entschied, der Streit solle nach guter alter Sitte im ritterlichen Zweikampf, also per Gottesurteil, entschieden werden.
Der Zweikampf wurde auf den 16. September 1398 festgelegt, und als die beiden Kontrahenten auf das Trefflichste gerüstet vor einer großen Zuschauermenge in Coventry antraten, blies König Richard den Turnierkampf auf Leben und Tod ab, ehe er begonnen hatte, und verbannte die beiden Streithähne aus England, Mowbray lebenslänglich, Henry für sechs Jahre.
Das war ein ziemlicher Paukenschlag. Henry fügte sich der Verbannung jedoch notgedrungen, ging an den Hof in Paris, und sein Vater, der inzwischen greise Lancaster, bemühte sich, Richards
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