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Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)

Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)

Titel: Von sündiger Anmut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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sondern nur mein eigenes Interesse. Und so habe ich sie verletzt.«
    Mary Anne wusste um Elizabeths Geheimnis und konnte sich gut vorstellen, wie groß ihre Angst gewesen sein musste, bloßgestellt zu werden und für immer ruiniert zu sein. Es hätte sich auf ihre ganze Familie ausgewirkt. Übelkeit stieg in ihr auf. War Thomas Wythorne am Ende genau wie die anderen Männer? Oder gar wie ihr Onkel, der sich einer Frau aufdrängte?
    »Ist das der Grund, warum Elizabeth sich so überstürzt mit Peter verlobt hat?«, wollte sie wissen. »Musste sie diesen Schritt tun, um vor Ihnen sicher zu sein?«
    »Ich weiß nicht, was für eine Beziehung die beiden zueinander haben«, erklärte er mit leiser Stimme. »Doch ja – ich denke, sie wandte sich an Ihren Bruder um Hilfe.«
    Dieses neue Wissen warf die alte Frage auf, die Mary Anne sich anfangs so oft gestellt hatte, nämlich ob Elizabeth sich überhaupt etwas aus Peter machte. Oder ob alles vielleicht nur Theater war.
    Vor allem wurde sie mit einem Schlag völlig unsicher, was sie nun mit Thomas Wythorne anfangen sollte. Was sie durchgemacht hatte, wollte sie nicht ein zweites Mal erleben. Entschlossen schaute sie ihn an. Es lag in ihrer Macht, sich ein für alle Mal dem Zugriff eines Mannes zu entziehen.
    »Miss Derby?« Auf Thomas’ Gesicht spiegelten sich Verwirrung und Sorge, aber da stürzte sie auch schon an ihm vorbei und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren, um in der Menge unterzutauchen.
    »Mary Anne!«
    Sie hörte seine Stimme und auch die Panik, die darin mitschwang, doch sie ließ sich nicht beirren, stürzte zum Ausgang, wo Mietdroschken warteten. Sie behielt ihre Maske auf, die ihr Gesicht bis auf den Mund bedeckte. Den Mund, der zum ersten Mal überhaupt geküsst worden war.
    Sie wollte diese Küsse nicht mehr. Sie traute ihnen nicht. Und sie wusste die perfekte Lösung, wie sie sicherstellen konnte, dass kein Mann je wieder auf die Idee kam, ihr den Hof zu machen.
    Erst nachdem sie dem Kutscher die Adresse von Peters Club gegeben hatte, ließ Mary Anne sich in die Polster sinken.
    Nach einem Abendessen im Kreis der Familie zog Elizabeth sich auf ihr Zimmer zurück, denn sie würde heute ohnehin keine angenehme Gesellschafterin abgeben. Außerdem stellte die Mutter ihr bestimmt nur Fragen, auf die sie keine Antworten geben konnte.
    Sie machte sich Gedanken wegen der Differenzen mit Peter. Sie fühlte sich einfach übergangen, weil er direkt an William herangetreten war. Auch wenn er im Prinzip recht hatte, fiel es ihr im Augenblick denkbar schwer, das zuzugeben. Wenn er doch bloß zu ihr gekommen wäre, um mit ihr darüber zu reden.
    Auch die Geschichte mit Mary Anne war nicht dazu angetan gewesen, die Stimmung zwischen ihnen zu bessern. Da fühlte er sich ausmanövriert, und auch sie empfand ein leichtes Unbehagen, denn Vauxhall Gardens war nicht gerade ein ideales Ambiente für ein unschuldiges Mädchen. Wenn ihr nun dort etwas passierte? Peter würde ihr das nie verzeihen – und sie sich auch nicht.
    Elizabeth sah aus dem Fenster in die dunkle Nacht und sagte sich, dass sie für den Moment nichts unternehmen konnte. Sie musste einfach abwarten. Aber wie war das gleich? Manchmal lohnte es sich, ein Risiko einzugehen. Elizabeth musste herausfinden, was mit Mary Anne war. Ob alles sich nach ihren Wünschen entwickelt hatte.
    Sie ging zu ihrem Kleiderschrank und wühlte darin herum. Tief unten vergraben fand sie die Jungensachen, die sie an jenem Abend getragen hatte, als sie mit ihren Cousinen das Gemälde aus dem Club zu stehlen versuchte. Damals war niemandem auf der Straße Verdächtiges aufgefallen, und sie vertraute darauf, dass es auch dieses Mal klappen würde.
    Sie zog sich um und schlüpfte durch einen Seiteneingang nach draußen in den Garten, rannte an den Stallungen vorbei auf die Gasse, die hinter dem Grundstück verlief. An der Ecke gelang es ihr, eine Droschke anzuhalten, die sie zum Haus der Derbys bringen sollte.
    Als sie sich den Eingangsstufen näherte, wurde ihr klar, dass sie dem Butler nicht in dieser Aufmachung gegenübertreten konnte. Während sie versuchte, sich den Grundriss des Hauses in Erinnerung zu rufen, um abzuschätzen, welches Fenster zu Mary Annes Zimmer gehörte, sah sie einen schmalen Streifen Licht entlang der Haustür, die nur angelehnt war.
    Sie schlich die Treppe hoch, versetzte der Tür einen leichten Stoß und schaute hinein. In der Eingangshalle sah sie niemanden, doch aus James’ Arbeitszimmer fiel

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