Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
höchstem Stand war. Sie konnte nur froh sein, dass ihr so etwas erspart geblieben war. Dank ihrer Vorkehrungen und Peters Hilfe.
Noch bei dem Empfang später am Tag ging ihr diese bedauernswerte Frau nicht aus dem Kopf. Darüber vergaß sie fast, Vermutungen anzustellen, wer unter den Besuchern wohl von ihrem Geheimnis wissen konnte, und um ein Haar hätte sie Lord Thomas Wythorne übersehen.
Er kam relativ spät, als bereits etwa ein Dutzend Verehrer anwesend waren. Ein selbstbewusstes Lächeln lag auf seinem Gesicht, und er legte grüßend die Hand an die Stirn, doch die Ironie dieser Geste blieb ihr nicht verborgen. Abwartend blieb er in gewisser Entfernung stehen, als ob er sie herausfordern wollte. Hatte er vielleicht bereits etwas läuten gehört?
Sie freute sich schon darauf, ihm ihre Verlobung mitzuteilen.
Mitten in einem Gespräch mit zwei Gentlemen über die bevorstehende Hochzeit eines anderen Mitglieds der Gesellschaft schlug sie verlegen die Augen nieder und sagte errötend: »Ich bin ja so aufgeregt, weil ich auch etwas Wichtiges zu verkünden habe.«
Die beiden Männer sahen einander überrascht an.
Ihre Augen wurden ganz groß, und sie legte eine Hand auf ihren Mund. »Ach herrje, ich sollte doch bis zur offiziellen Ankündigung warten! Egal, jetzt ist es heraus: Ich habe mich verlobt!«
Den letzten Satz sprach sie so laut aus, dass er nicht zu überhören war. Hinter ihr begann man bereits zu tuscheln, während Thomas zweifelnd eine dunkle Augenbraue hochzog, als würde er dieses Gerede für blanken Unsinn halten.
In diesem Moment traf Peter ein, das Haar noch vom Wind zerzaust. Als er sie in dem vollen Raum erspähte, ging ein strahlendes Lächeln über sein Gesicht, das in gleicher Weise Bewunderung wie Besitzerstolz ausdrückte.
Und sie? Spontane, ehrliche Freude wallte in ihr auf, ehe sie überhaupt an den tatsächlichen Sachverhalt dachte, dass alles nur eine Schau war.
Sie reichte ihm ihre Hand, und er zog sie an seine Lippen.
»Elizabeth.«
Er sprach ihren Namen so aus, als würde allein ihr Anblick seinen Tag zum Strahlen bringen. Mehrere Männer, die Zeuge dieser Begrüßung wurden, sahen einander bedeutungsvoll an.
»Peter«, hauchte sie und schaute lächelnd zu ihm auf. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, aber ich habe es nicht für mich behalten können.«
Keiner machte sich mehr die Mühe, desinteressiert zu tun. Aller Augen und Ohren waren nur auf dieses Paar gerichtet.
Peter grinste und ließ den Blick über die Verehrer schweifen. »Lady Elizabeth hat mir die große Ehre erwiesen, meinen Heiratsantrag anzunehmen.«
Sie beobachtete, wie alle hektisch miteinander zu tuscheln begannen. Nicht wenige musterten Peter, als könne nur ein Irrtum vorliegen. Die Schwester des Duke of Madingley und ein Nichts aus nicht sonderlich betuchtem niederem Landadel, der selbst als Bürgerlicher galt. Die Familie konnte solch eine Mesalliance bestimmt nicht arrangiert haben. Würde sie sie überhaupt tolerieren? Auf Liebesheiraten pflegte man in diesen Kreisen normalerweise nicht allzu viel zu geben.
Nun ja, die Cabots bildeten da möglicherweise eine Ausnahme.
Eine Weile steckten die Männer die Köpfe zusammen, redeten miteinander und warfen ihnen immer wieder Blicke zu. Peter blieb die ganze Zeit an ihrer Seite und spielte seine Rolle mit unglaublicher Perfektion.
Schließlich kamen die Gäste, nachdem sie sich einigermaßen von dem Schock erholt hatten, einer nach dem anderen zu ihnen, gratulierten höflich und verabschiedeten sich schnell, um sich anderweitig, in den Clubs vermutlich, über diese unmögliche Verbindung weiter das Maul zerreißen zu können.
Sogar Thomas sprach seine Glückwünsche aus, grinste sie allerdings in einem unbeobachteten Moment vielsagend an. Es war, als wolle er ihr zu verstehen geben, dass er sie nach wie vor am Haken hatte. Als er kurz darauf ging, mahnte Elizabeth sich zur Ruhe. Sie musste jetzt einfach abwarten, ob Thomas zu einem Gegenschlag ausholte.
Sobald sie alleine im Salon zurückgeblieben und auch die Lakaien gegangen waren, sah Peter sie an, als würde er sie am liebsten gleich wieder küssen. Und sie wünschte es sich beinahe, obwohl es bestimmt ein Fehler war. Wenn sie nur an die heftige Erregung dachte … Und jetzt sein begehrlicher, lodernder Blick, der sich keinen Moment von ihrem Mund löste. Sie brachte sich hinter einem Tisch in Sicherheit.
»Peter, bitte setz dich. Möchtest du Tee? Ach je, ich hätte die Lakaien darum
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