Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
gleichaltrige Frau da mehr ausrichten kann als zwei Brüder.«
»Billard«, meinte Elizabeth nachdenklich, während sie ihre Tasse absetzte und Peter musterte. Das leicht überhebliche Lächeln, das er gerne zur Schau stellte, war verschwunden. Er schien sich ernstlich um seine Schwester zu sorgen. »Wer hat ihr das Spiel eigentlich beigebracht?«
Er seufzte. »Wahrscheinlich weißt du’s schon, denn sonst würdest du ja nicht fragen. Ich war es, vor mehreren Jahren. Es machte ihr Spaß, mir zuzuschauen, und bald fing sie an, kluge Fragen zu stellen. Sie lernte schnell, und ehe ich mich versah, hatte sie selbst ein Queue in der Hand. Aber Männern etwas vorzumachen, damit man ihnen leichter das Geld aus der Tasche ziehen kann, das geht eindeutig zu weit.«
»Ja, das stimmt. Und ich muss gestehen, dass mich dein Problem fasziniert.«
Er überraschte sie, als er plötzlich aufstand, um den Tisch herumkam und sich neben sie setzte. Sie lehnte sich zurück, doch er griff nur nach ihrer Hand.
»Kein Mensch würde glauben, dass ich so lange mit dir zusammensitzen könnte, ohne dich berühren zu wollen«, murmelte er und drückte zart ihre Finger.
Sie sah auf ihre ineinanderverschränkten Hände, die jetzt auf ihrem Knie lagen. Die seine war größer und gröber als ihre, und sie erinnerte sich daran, wie er mit diesen Händen ihre Taille umfasst und sie an sich gezogen hatte. Ohne dass sie sich wehrte. Es weder wollte noch konnte, denn viel zu sehr genoss sie seine Berührung. Und seinen Kuss, der sie den letzten Rest von Misstrauen und Widerstand vergessen machte. Und das, obwohl sie einen anderen zu lieben glaubte. Was sagte das alles über sie aus?
»Brauchst du Zeit, um es dir zu überlegen?«, fragte er angespannt.
»Natürlich nicht«, versicherte sie ihm. »Mary Anne ist dir wichtig. Ich bin froh, aus Dankbarkeit etwas für dich tun zu können – außer dir bei passender Gelegenheit die Wahrheit über das Gemälde zu sagen.«
»Das habe ich nicht vergessen«, erwiderte er. »Aber bei dem einen handelt es sich um eine Sache zwischen Männern, während Mary Anne eine Herzensangelegenheit für mich ist. Was meinst du, könnten wir tun?«
»Wir? Ich dachte, dass ich mich um Mary Anne kümmern soll. Ich glaube nicht, dass es klug wäre, wenn du dich einmischt. Sonst schöpft sie womöglich bloß Verdacht, dass du hinter dem Ganzen steckst.«
»Aber …«
»Im Moment denkt sie noch, dass ich bald ihre Schwägerin sein werde. Dadurch habe ich die Möglichkeit, eine engere Beziehung zu ihr aufzubauen.«
Er wandte den Blick ab.
»Peter, was ist los?«
Er stieß einen Seufzer aus. »Mary Anne könnte unter Umständen etwas dagegenhaben, dass du dich um sie bemühst. Sie ist nicht gerade begeistert darüber, dass ich dich heiraten will.«
Elizabeth richtete sich auf. »Wie bitte?« Sie versuchte ihm ihre Hand zu entziehen.
»Sie macht sich Sorgen, dass ich zu hoch hinaus will, und ist der Meinung, dass eine Ehe nicht funktionieren kann, wenn die Partner aus so unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten stammen.«
»Du bist doch kein Schornsteinfeger«, meinte sie verärgert und fast schon ein wenig beleidigt. »Glaubt sie etwa, dass ich dich nicht für das lieben kann, was du bist, sondern nur nach Titeln schiele?«
»Ich weiß es nicht – ist dir ein Titel wichtig?«
»Der Mann, den ich liebe, hat ebenfalls keinen großartigen Titel«, erwiderte sie kühl. »Daran siehst du schon, dass mir daran nicht viel liegt.«
Er sah sie wortlos an, und sie wusste, dass er in ihren Worten nach einem Hinweis suchte. Er wollte alles wissen. Sie hätte nie gedacht, dass es so schwierig sein würde, vor ihm etwas geheim zu halten.
»Du weißt, wie wichtig Äußerlichkeiten für meinen Vater waren«, erklärte Peter. »Und er war neidisch auf alle, die über ihm standen. Deshalb mochte er auch deinen Vater nicht. Es war eine reine Qual für meine Mutter.«
»Lag es vielleicht an der Herkunft meiner Mutter?«, fragte Elizabeth. »Es gab viele, die meinem Vater das ankreideten.«
»Das glaube ich nicht. Ich denke eher, dass er einfach das Gefühl hatte, es gebe da auf dem Land eine Art Wettstreit, wem mehr Respekt gebührt … Und dabei fühlte er sich natürlich immer als Verlierer und fand das ungerecht.«
»Tut mir leid, Peter. Glaubst du, dass Mary Anne genauso empfindet?«
»Ich weiß es nicht. Sie hat nichts Derartiges gesagt, sondern begründet ihre Einwände mit ihrer Sorge um mich.«
»Dann solltest du
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