Von Traeumen entfuehrt (eShort)
Unterschrift trägt, weshalb ich sofort zu Vincents Zimmer renne. Und dort steht sie, an seinem Bett, auf dem sein kalter, toter Körper liegt, und flippt aus wie eine Schauspielerin in einem schwarzweiß Horrorklassiker.
Ich spüre, dass ein volanter Revenant anwesend ist. »Ich glaube, das Spiel ist aus, Vince«, sage ich.
Kapitel 7
K ate bekommt am nächsten Morgen ihre Einführung in La Maison, nachdem sie Vincent gesehen hat, der wieder zu sich gekommen ist. Dann erklären wir ihr, wer wir sind. Sie kommt damit besser klar, als ich gedacht hätte. Nicht, dass ich erwartet hätte, dass sie schreiend davonrennt, aber die meisten Sterblichen würden wohl durchdrehen, wenn sie erfahren, dass es noch eine weitere Dimension innerhalb der ihnen bekannten Menschenwelt gibt, in der sich unsterbliche Superhelden problemlos bewegen. Direkt unter ihnen, in unmittelbarer Nachbarschaft. Aber Kate steckt diese Information mühelos weg. Sie ist gerade mal sechzehn und akzeptiert trotzdem alles, was wir erzählen, kühn und anmutig. Ich bin hochoffiziell überrascht.
Jean-Baptiste hingegen ist rasend vor Wut, weil eine Sterbliche, die er quasi nicht mal im Voraus genehmigen konnte, nicht nur das Haus betreten, sondern sogar unser Geheimnis erfahren hat. Und während er Vincent zusammenstaucht, kommt Kate einfach so zu uns in die Küche, um mit uns zu frühstücken – also mal ganz davon abgesehen, dass wir an sich schon ein Haufen Unbekannter für sie sind, hat sie noch dazu gerade erst erfahren, dass es sich bei uns im Prinzip um Monster handelt. Erst bleibt sie ein wenig unschlüssig in der Tür stehen, bis Ambrose sie mit den Worten: »Tritt ein, Menschenkind!« hereinbittet. Der Aufforderung kommt sie sofort lachend nach und setzt sich neben mich.
Sie lernt Jeanne kennen, und es ist nicht zu übersehen, dass es sie beruhigt, noch eine weitere Sterbliche im Haus zu wissen. Und noch bevor Jeanne Brot und Kaffee vor sie stellen kann, plaudert sie bereits mit uns allen, als würde sie uns schon ewig kennen.
Als Gaspard irgendwann den Kopf durch die Tür steckt und Kate grünes Licht gibt, das Haus verlassen zu dürfen, ergreife ich die Gelegenheit beim Schopf und bringe sie erst mal zu Vincent. Nachdem sie sich von ihm verabschiedet hat, erwarte ich sie im Flur. Ganz Kavalier der alten Schule, des neunzehnten Jahrhunderts um genau zu sein, verbeuge ich mich und lege ihre Hand auf meinen Arm, um sie so zur Haustür zu führen. Kaum sind wir dort, kann ich endlich das machen, was ich schon den ganzen Morgen über tun wollte: Mich entschuldigen.
»Hör mal, es tut mir sehr leid, dass ich so unhöflich zu dir war. In meinem Atelier und im Museum. Ich schwöre dir, das war nicht persönlich gemeint. Ich wollte dich und Vincent schützen. Und jeden Einzelnen von uns. Jetzt ist es ein bisschen spät für all das, aber ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung trotzdem an.«
Sie betrachtet mich fragend, ganz so, als könne sie sich nicht entscheiden, ob ich das ernst meine oder nicht. Dann schnappt sie sich ihre Tasche und hängt sie sich um. »Ich kann dich voll und ganz verstehen«, sagt sie und lächelt mich mit geschlossenem Mund an, ihre Augen glitzern spöttisch. »Was hättest du denn sonst tun sollen?«
Dieses Mädchen ist wirklich der Liebreiz in Person, gar nicht unähnlich der jungen Audrey Hepburn. Ich verstehe plötzlich, was Vincent an ihr findet. Da sie ja jetzt vermutlich häufiger hier rumschwirren wird, geize ich mal nicht mit meinem Charme.
Ich lege mir die Hand auf die Brust. »Zum Glück, sie hat mir vergeben.« Dann mache ich einen Schritt auf sie zu, sodass uns nur noch wenige Zentimeter trennen. »Und du kommst sicher allein nach Haus?«, frage ich, hebe dabei eine Augenbraue und lächle sie verführerisch an.
Sie lehnt ab, läuft aber tiefrot an – pink verteilt sich die Wärme auf ihren Wangen. Wie gewohnt, rauscht ein Glücksgefühl durch mich. Ich liebe flirten, mehr als essen. Oder kämpfen. Wenn ein Mädchen errötet, ist das eins der befriedigendsten Erlebnisse, die ich mir vorstellen kann.
Ich mag sie . Bei diesem Gedanken ertappe ich mich. Ich freue mich richtig darauf, sie öfter zu sehen.
In der nächsten Woche kommt Vincent an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit diesem breiten Grinsen auf dem Gesicht nach Hause, was nur eins bedeuten kann: Dass er sich mit Kate getroffen hat.
»Du enthältst sie uns also vor«, scherze ich auf dem Weg in die Waffenkammer. »Endlich ist ein hübsches
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