Von wegen Liebe (German Edition)
einer dämlichen Sportveranstaltung verbrachten.
Ich hasste so ziemlich alles, was Schulgeist erforderte, ganz einfach weil ich keinen hatte. Ich hasste die Hamilton High. Ich hasste die grauenhaft grellen Schulfarben, das unfassbar unoriginelle Maskottchen, und ich hasste mindestens neunzig Prozent der Schüler. Deswegen konnte ich es auch nicht erwarten, meinen Abschluss zu machen.
»Du hasst alles«, hatte Casey heute Mittag zu mir gesagt, als ich ihr erklärte, warum ich absolut keine Lust hatte, zu dem Basketballspiel zu gehen.
»Das stimmt nicht.«
»Doch. Du hasst alles, aber ich hab dich trotzdem lieb. Und Jess. Und als deine beste Freundin bitte ich dich, mit ihr zum Spiel zu kommen.«
Als Jess verkündete, sie würde sich abends gern mit uns treffen, hatte ich vorgeschlagen, dass wir uns bei mir einen gemütlichen Abend machen sollten. Casey konnte allerdings nicht, weil sie mit ihren Cheerleadern das Basketballteam anfeuern musste. Natürlich hätten Jess und ich uns auch allein treffen können, aber Casey hatte es unbedingt kompliziert machen müssen. Erstens wollte sie Jess sehen, zweitens wollte sie, dass wir ihr endlich mal wieder bei einem ihrer Cheerleader-Einsätze zuschauten. Selbst wenn es gegen alles ging, wofür ich stand.
»Komm schon, B«, sagte sie und klang ein bisschen sauer. »Es ist doch nur ein Spiel.«
Sie war in letzter Zeit oft sauer. Vor allem auf mich. Und ich wollte mich nicht mit ihr streiten.
Jedenfalls war das der Grund, warum ich bei diesem dämlichen Spiel gelandet war, mich auf einer unbequemen Tribünenbank zu Tode langweilte und von den ohrenbetäubenden Anfeuerungsrufen in der Halle eine üble Migräneattacke bekam. Ganz, ganz toll.
Ich hatte mir gerade überlegt, nach dem Spiel noch zu Wesley zu fahren, als Jess mir den Ellbogen in die Seite stieß. Erst dachte ich, sie hätte mich beim Herumwedeln mit ihren Pompoms aus Versehen angerempelt, aber dann spürte ich, wie sie mich am Ärmel zupfte. »Bianca.«
»Hm?« Ich schaute sie an, aber ihr Blick war auf eine Gruppe von Schülerinnen ein paar Reihen unter uns gerichtet.
Drei große hübsche Mädchen – Elftklässlerinnen, wie ich vermutete – saßen mit übereinandergeschlagenen Beinen nebeneinander; alle drei mit Pferdeschwanz und in hautengen Designer-Hüftjeans. Dann kam ein viertes Mädchen den Gang entlang, klein, blass, mit kurzen schwarzen Haaren – und definitiv erst in der Neunten –, die ein Tablett mit Wasserflaschen und Hotdogs balancierte.
Ich beobachtete, wie sie lächelnd das Wasser und die Hotdogs verteilte. Sah, wie die anderen Mädchen die Sachen entgegennahmen, ohne sie dabei eines Blickes zu würdigen, geschweige denn sich bei ihr zu bedanken. Wie sie sich auf den freien Platz neben den dreien setzte, die angeregt miteinander plauderten, und versuchte, sich an ihrem Gespräch zu beteiligen. Aber sie ignorierten sie einfach. Irgendwann richtete eine von ihnen kurz das Wort an sie, wandte sich dann aber sofort wieder den anderen zu. Die kleine Schwarzhaarige stand erneut auf und ging, weiter tapfer lächelnd, zum Imbissstand zurück. Wahrscheinlich um den Befehl auszuführen, den sie gerade erhalten hatte.
Als ich Jess ansah, hatten ihre Augen sich verdunkelt und wirkten … traurig. Vielleicht auch wütend. Das war bei ihr schwer zu sagen, weil sie ihre negativen Gefühle nur selten zeigte.
So oder so, ich wusste, was in ihr vorging.
Jess war einmal genau wie diese Neuntklässlerin gewesen. So hatten Casey und ich sie kennengelernt. Ein paar Mädchen aus der Zwölften, mit denen Casey in einem Team war – totale Cheerleader-Klischees: zickig, blond und tussig –, hatten damit angegeben, sich eine dumme kleine Zehntklässlerin als »Haustier« zu halten. Und Casey hatte mehr als einmal mitbekommen, wie gemein sie das Mädchen behandelten.
»Wir müssen irgendwas dagegen unternehmen, B«, hatte sie mich gedrängt. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sie so mit ihr umgehen.«
Casey wurde von dem Bedürfnis getrieben, die ganze Welt zu retten – so wie sie mich damals auf dem Spielplatz gerettet hatte. Ich war also daran gewöhnt. Nur wollte sie dieses Mal, dass ich ihr dabei half. Normalerweise hätte ich ihr den Gefallen sofort getan, einfach weil es Casey war, die mich darum bat. Aber ich hatte nicht das geringste Bedürfnis, Jessica Gaither kennenzulernen, geschweige denn sie zu retten.
Nicht dass ich herzlos gewesen wäre. Ich wollte nur einfach nichts mit Jake Gaithers
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