Von wegen Liebe (German Edition)
war.
Ich beugte mich über das Geländer und schaute ins Wohnzimmer hinunter. »Ja?«
»Was ist eigentlich aus Wesley geworden?«
Ich erstarrte. »Was?«
»Dein Freund. Der, der neulich Abend … du weißt schon … hier war.« Er sah von der Couch zu mir hoch und rückte seine Brille zurecht. »Du erzählst gar nichts mehr von ihm.«
»Wir sehen uns nicht mehr.« Mein Tonfall signalisierte ihm unmissverständlich, keine weiteren Fragen zu stellen. Jedes Mädchen beherrscht diesen Tonfall und setzt ihn gegenüber seinem Vater mit Beginn der Pubertät regelmäßig ein. Für gewöhnlich wird der unausgesprochenen Aufforderung Folge geleistet. So hielt es auch mein Vater. Er wusste sofort, dass es besser war, nicht weiter nachzubohren.
Kluger Dad.
»Ach so … ich hab mich nur gefragt.«
»B!« Meine Zimmertür flog auf, und Jess stürmte in einem neonorangefarbenen Schlafanzug heraus, lief mir auf der Treppe entgegen und packte mich am Arm. »Wo bleibst du denn? Wir sterben fast vor Neugier!«
Jess strahlte so aufgeregt, dass ich fast vergaß, dass Dad Wesley erwähnt hatte.
Aber nur fast.
»Gute Nacht, Mr Piper!«, rief Jess, während sie mich in mein Zimmer zog.
Doch der Anblick meiner kreischend auf und ab hüpfenden besten Freundinnen machte mir klar, dass ich gerade mit dem Jungen meiner Träume das beste Date meines Lebens gehabt hatte, und ich ließ mich von ihrer ausgelassenen Freude mitreißen.
Ich hatte ein Recht darauf, darüber glücklich zu sein. Selbst wir Zynikerinnen dürfen uns ab und zu mal eine Nacht lang freinehmen, oder?
ZWEIUNDZWANZIG
Meine gute Laune hielt bis Montagnachmittag an. Es gab auch nichts, worüber ich mich hätte aufregen können. Zu Hause war wieder alles beim Alten. Ich war wochenlang davon verschont geblieben, ins Nest zu gehen. Und ich hatte gerade ein perfektes Date mit einem perfekten Jungen gehabt. Kein Grund zur Klage also.
»Ich glaube, ich hab dich noch nie so glücklich gesehen«, rief Casey, als wir vom Schulparkplatz fuhren. Sie war total überdreht, ein unschöner Nebeneffekt ihres Cheerleadertrainings. »Das ist so total toll!«
»Gott, Casey, wenn man dich reden hört, könnte man glatt meinen, ich wäre selbstmordgefährdet gewesen.«
»Quatsch«, sagte sie. »Aber du bist in letzter Zeit nicht mehr so zynisch und hart und das ist zur Abwechslung mal echt angenehm.«
»Ich bin nicht hart.«
»Oh doch, bist du.« Sie tätschelte mein Knie. »Und das ist in Ordnung, B. Es ist einfach ein Teil deiner Persönlichkeit, den wir akzeptiert haben. Aber gerade bist du viel weicher als sonst und das ist wirklich cool. Ist nicht böse gemeint.«
»Wenn du meinst«, brummte ich, musste dann aber lächeln.
»Siehst du!«, rief Casey. »Du lächelst. Du kannst einfach nicht damit aufhören. Es ist, wie ich gesagt habe – so glücklich hab ich dich noch nie erlebt.«
»Okay, vielleicht hast du ein winziges bisschen recht«, gab ich zu. Es stimmte irgendwie. Ich vertrug mich wieder mit Casey und Jess. Dad hatte seine Krise überwunden. Alles war so, wie es sein sollte.
»Ich habe immer recht.« Sie beugte sich vor und wechselte den Sender, auf dem irgendein blöder Charthit lief. »Also – wie läuft es mit dir und Toby? Gibt es irgendwelche Neuigkeiten, die ich unbedingt erfahren muss?«
»Nicht wirklich. Er kommt heute Nachmittag bei mir vorbei.«
»Ohhhh!« Sie lehnte sich ins Polster zurück und zwinkerte mir zu. »Das klingt mir aber nach einer extrem wichtigen Neuigkeit. Du hast doch hoffentlich daran gedacht, dir extragroße Kondome zu besorgen?«
»Halt die Klappe«, sagte ich. »Darum geht es nicht und das weißt du auch. Er kommt nur vorbei, damit wir uns gegenseitig bei unserer Abschlussarbeit für Politik helfen können und …«
Ich wurde vom Klingelton meines Handys unterbrochen, das in der Becherhalterung steckte. Sofort verkrampfte sich mein Griff um das Lenkrad. Ich wusste, für wen ich diesen Klingelton eingerichtet hatte, und die ersten paar Akkorde reichten, um meinen ganzen Nachmittag entgleisen zu lassen.
»Britney Spears? Du hast ›Womanizer‹ als Klingelton? Großer Gott, B, der Song ist echt so was von … keine Ahnung … 2008?«, lachte Casey.
Ich sagte nichts.
»Gehst du nicht dran?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht mit ihm sprechen möchte.«
»Mit wem?«
Als ich nicht antwortete, nahm sie das Telefon aus der Halterung und schaute aufs Display. Ich hörte, wie sie ein wissendes Seufzen von sich gab. Ein
Weitere Kostenlose Bücher