Von Zweibeinern und Vierbeinern
Polly und ihrer Familie.
»Sie sind niedlich, nicht?« sagte sie, als wir in die Box auf die zwölf stämmigen kleinen Schweinchen blickten, die um ihre Mutter herumspielten.
»Wirklich, das sind sie, Tess«, antwortete ich. »Dein erster Versuch mit der Schweinezucht ist ein großer Erfolg gewesen, aber ich glaube wirklich, du hast das vor allem deinem Vater zu verdanken. Er hat sich großartig verhalten.«
Bert lächelte mich schief an, dann verzog er das Gesicht bei der Erinnerung daran. »Na ja, mag sein, aber ich denke, es hat sich gelohnt. Nur, eines kann ich Ihnen sagen: Spaß hat es mir nicht gemacht.«
Kapitel 12
»Fühlst du dich gut, Helen?«
Ich sah meine Frau besorgt an, als sie unruhig in ihrem Sitz hin- und herrutschte. Wir waren im Kino in Brawton, und ich war überzeugt, daß wir nicht hier sein sollten.
Schon morgens hatte ich zu ihr gesagt: »Es ist zwar unser freier Nachmittag, Helen, aber meinst du nicht, jetzt wo das Baby jeden Augenblick kommen kann, sollten wir lieber in Darrowby bleiben?«
»Nein, auf keinen Fall«, sagte Helen lachend und zugleich entrüstet über den bloßen Gedanken, daß wir aufs Ausgehen verzichten sollten, das für uns beide immer wie eine Oase der Ruhe in unserem aufregenden Leben war. Für mich war es eine Flucht vor Telefon, Dreck und Gummistiefeln und für Helen eine Pause von ihren vielen Hausfrauenpflichten und darüber hinaus noch der Luxus, eine Mahlzeit vorgesetzt zu bekommen, die ein anderer gekocht hatte.
»Du hast gut lachen«, sagte ich. »Was ist, wenn es nun plötzlich losgeht? Soll unser zweites Kind in Smith’s Buchhandlung oder im Auto geboren werden?«
Als Jimmy unterwegs war, war es noch schlimmer gewesen. Damals war ich bei der Royal Air Force gewesen und in eine Art Weltuntergangsstimmung geraten. Ich hatte mehr als zwanzig Pfund an Gewicht verloren, woran nicht nur der Drill schuld war. Manche Leute machen darüber Witze, aber ich fand es gar nicht komisch. Das Kinderkriegen war schon so eine Sache. In der letzten Zeit war ich oft um Helen herumgeschlichen und hatte jede ihrer Bewegungen beobachtet – sehr zu ihrem Amüsement übrigens –, und in den letzten Tagen war ich noch nervöser gewesen.
Aber Helen wollte ihren freien Nachmittag nicht einer solchen Kleinigkeit wegen opfern, und nun saßen wir im Kino, wo Humphrey Bogart vergebens um meine Aufmerksamkeit kämpfte und ich mit steigendem Blutdruck zusah, wie Helen auf ihrem Sitz herumrutschte.
Als ich sie verstohlen aus dem Augenwinkel musterte, zuckte sie gerade ein wenig zusammen, und ihre Lippen öffneten sich zu einem leisen Stöhnen. Mir brach der Schweiß aus. Im nächsten Augenblick wandte sie sich mir zu und flüsterte: »Ich glaube, wir gehen jetzt besser, Jim.«
In der Dunkelheit über die ausgestreckten Beine stolpernd, führte ich sie den Gang zwischen den Sitzreihen hinauf. In meiner Panik war ich überzeugt, daß die Katastrophe über uns hereinbrechen würde, ehe wir die Platzanweiserin erreichten, die hinten mit ihrer Taschenlampe stand.
Ich war dankbar, als wir auf der Straße standen und ich den Wagen nur ein paar Meter vom Eingang entfernt stehen sah. Als wir losfuhren, bemerkte ich plötzlich das Rumpeln und Stoßen der alten Federn wie nie zuvor. Es war das erste und letzte Mal in meinem Leben, daß ich mir wünschte, ich besäße einen Rolls-Royce.
Die fünfundzwanzig Meilen nach Darrowby schienen mir endlos. Helen saß ganz ruhig neben mir. Sie schloß nur gelegentlich die Augen und hielt die Luft an, während mein Herz mir gegen die Rippen trommelte. Als wir unsere kleine Stadt erreichten, bog ich nach rechts ab, zum Marktplatz.
Helen sah mich überrascht an. »Wo fährst du hin?«
»Na, zu Schwester Brown natürlich.«
»Oh, sei nicht albern. Es ist noch viel zu früh.«
»Woher willst du das wissen.«
»Ich weiß es eben.« Helen lachte. »Ich habe schon mal ein Baby bekommen, erinnerst du dich nicht daran? Komm, fahr nach Hause.«
Schweren Herzens fuhr ich nach Skeldale House und bewunderte Helens Haltung.
Sie fühlte sich offensichtlich nicht sehr behaglich, als sie schließlich im Bett lag, war aber – im Gegensatz zu mir – ganz ruhig.
Ich verfiel, glaube ich, in einen, wie man so sagt, unruhigen Schlaf. Es war sechs Uhr morgens, als Helen mich am Arm zupfte.
»Es ist Zeit, Jim.« Ihre Stimme klang ganz sachlich.
Ich schoß wie ein Stehaufmännchen im Bett hoch, warf mich in meine Kleider und rief Tante Lucy, die wegen der
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