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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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bis­lang we­nig Be­deu­tung bei­ge­mes­sen, nun aber glaub­te ich mehr dar­in zu le­sen. Er hat­te näm­lich be­merkt, daß nach dem Tod von Lady Li­di­ja, der ers­te Ehe­frau un­se­res Gast­ge­bers, sich am Him­mel nächst dem Schloss zahl­rei­che Baum­wölk­chen ein­ge­s­tellt hat­ten. Die­se wa­ren ihm zu­vor nur aus der Li­te­ra­tur be­kannt ge­we­sen, er hat­te sie noch nie be­merkt, von nun an aber be­stan­den sie eine lan­ge Wei­le. Ins­ge­samt zähl­te er neun Mo­na­te. Als Arzt war die­se Zeit­span­ne für mich na­tür­lich mit Be­deu­tung ge­tränkt, und so schi­en es mir auch mög­lich, eine Ver­bin­dung zum ge­walt­sa­men Ein­drin­gen ei­nes Eis­men­schen in die Schlaf­kam­mer ei­ner Frau zu ge­ben. Der Baum war ein Frucht­bar­keits­sym­bol, und auch eine jun­ge Frau ist ein sol­ches. Merk­wür­dig und sinn­los aber schi­en nur, daß statt ei­nes Zeu­gungs­ak­tes die Ent­haup­tung ei­ner Frau die­se Fül­le von Baum­wölk­chen aus­ge­löst ha­ben soll­te. Man konn­te das eine mit dem an­de­ren nicht in Deckung brin­gen. Tat­sa­che aber schi­en zu sein, daß laut Shiff­ko­witz nach Ab­lauf je­ner neun­mo­na­ti­gen Pe­ri­ode erst­mals wie­der neu ein Schwer­trit­ter am Ho­ri­zont auf­ge­taucht sei. Schwer­trit­ter und Baum schie­nen sich am Him­mel aus­zuschlie­ßen, die üb­ri­gen For­ma­tio­nen be­stan­den durch all die Jah­re. Es wird den Le­ser also nicht ver­wun­dern, daß ich au­gen­blick­lich Him­mel und Ho­ri­zont nach Baum­wölk­chen ab­such­te, die bis­lang in un­se­rer Kar­tei nicht auf­ge­taucht wa­ren. Der wol­ken­lo­se Him­mel aber blieb un­er­gründ­lich blau. Und was noch be­deut­sa­mer war: Ich konn­te an die­sem Mor­gen kei­nen der schwar­zen Vö­gel se­hen. Sie wa­ren wie vom Erd­bo­den ver­schwun­den. Ich wies Hol­mes dar­auf hin, der lei­se lach­te und mein­te: „Und die ver­damm­ten Din­ger konn­ten nicht ein­mal flie­gen. Sie wer­den wohl alle im Meer er­sof­fen sein.“
     
    Ich saß im Sa­lon, wo das Früh­stück ge­deckt war und hat­te Hol­mes nicht ein­tre­ten hören. Als ich mich um­wand­te, saß er be­reits in ei­nem der be­que­men Ses­sel, die um den Sa­mo­war grup­piert wa­ren, und rühr­te in ei­ner Tas­se Tee. Er hat­te einen ver­schmitzten Ge­sichts­aus­druck, und ich wuss­te, daß ich gleich sei­ne Aus­le­gung der Er­eig­nis­se der ver­gan­ge­nen Nacht be­kom­men wür­de. Um ihn et­was zu ir­ri­tie­ren, setzte ich mich wort­los vor ihn hin, schenk­te mir eben­falls eine Tas­se Tee ein aß Plätz­chen und blät­ter­te in ei­ner drei Tage al­ten Aus­ga­be der „Eve­ning Post“, ohne mich im Ge­rings­ten um ihn zu küm­mern. Bald aber war mei­ne Neu­gier­de un­er­träg­lich ge­wor­den und ich blick­te hin­ter der Zei­tung hoch. „Was?“
    „ In­ter­essan­te Lek­tü­re?“ frag­te Hol­mes.
    „ Gut, ich gebe es auf“, sag­te ich, und leg­te das Blatt weg.
    Hol­mes ließ sich Zeit, während er sei­ne Pfei­fe stopf­te. Es war im Sa­lon an­ge­nehm warm ge­wor­den, die Son­ne ließ die schwe­ren Bor­düren auf­leuch­ten, und dort, wo die Son­ne di­rekt durch das Glas her­ein­fiel, glit­zer­ten in der Luft win­zi­ge Staub­par­ti­kel.
    „ Ha­ben Sie sich schon einen Reim auf das al­les ge­macht?“ frag­te Hol­mes.
    „ Nein, aber ... ab­ge­se­hen da­von, daß sei­ne Lord­schaft ges­tern Nacht wohl ver­such­te, mit Ge­walt in die Kam­mer sei­ner Ehe­frau ein­zu­drin­gen. Wenn wir dann nicht die­ses – wir sol­len wir es nen­nen?“
    „ Den Eis­men­schen.“
    „ Ja, wenn wir dann nicht den Eis­men­schen ge­fun­den hät­ten, hät­te ich be­haup­tet, al­les er­klä­re sich von selbst, die Cum­ber­ton-Shoy­les sei­en eine Sip­pe von Trieb­tätern, die dazu nei­gen, ihre Ehe­frau­en zu ent­haup­ten. An­de­rer­seits, das kön­nen sie im­mer noch sein, denn wenn die Tür of­fen­ge­stan­den hät­te, wäre Lady El­ins Le­ben wohl in Ge­fahr ge­we­sen.“
    „ Nicht un­be­dingt“, wi­der­sprach Hol­mes. „Ich bin der An­sicht, daß sei­ne Lord­schaft wohl ver­such­te, ihr Le­ben zu be­schüt­zen. Es war näm­lich zu­erst in Lady El­ins Kam­mer er­heb­li­cher Tu­mult ent­stan­den, und als ich hin­zu­kam,

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