Voodoo Holmes Romane (German Edition)
ich, daß dieses Gebilde aus Eis geformt war, genauer gesagt, aus Schneebatzen, wie man sie manchmal im späten Winter findet, mit Rändern aus Eis. Es lag reglos auf dem Boden. Ein Arm lag ausgestreckt und hatte ein Schwert ergriffen, das ebenso weiß und zersplittert die Marmorfließen bedeckte. Man hatte den Eindruck einer Skulptur, die auf dem Balkoneingang gestanden haben mochte und vornüber gekippt zerschellt war. Genauer gesagt: Man hatte den Eindruck, eine derartige Statue sei durch den Balkoneingang in das Zimmer geschwebt und dann in der Mitte leblos in sich zusammengebrochen. Ich blickte auf Mylady hin, die unversehrt in ihrem Nachtgewand in der entferntesten Ecke des Raumes auf einem Stuhl saß. Dort am Feuer glomm noch Glut, und warf einen dunkelroten Schein auf die reglose Gestalt. Holmes ging zum Balkon und schloss das Fenster. Er wies einen Dienstboten an, sich um Lady Elin zu kümmern, und als diese in ein anderes Gemach gebracht wurde (sie sprach nicht und folgte willenlos wie ein Kind), an dessen Tür er Wachen aufzustellen befahl, schloss Holmes die Kammer von außen ab. Wir sahen nach Cumberton-Shoyle, der mittlerweile reglos und nicht erweckbar auf meinem Bett lag. Die Dienstboten brachten ihn in sein Bett, das auf der anderen Seite des Zimmers von Holmes lag. Dort wurde ein Dienstbote abgestellt, seinen Schlaf zu überwachen und in der Kammer eingeschlossen. Darauf gingen wir in die Bibliothek, die unweit von unserer Schlafgemächern den Gang hinab und ein Stockwerk höher gelegen war. Wir trugen die Photokamera samt Stativ hinab und fertigten, während ich mithilfe einer Magnesiumlampe ausreichende Lichtverhältnisse zu schaffen versuchte, mehrere Bilder von dem Koloss an, der bereits zu schmelzen begonnen hatte. Danach entfernte Holmes einen Rahmen aus Draht, den er um den Durchgangsbereich der Balkontür gezogen hatte und führte mich nebenan in sein Schlafgemach, das dem ihrer Ladyschaft auf der anderen Seite benachbart war. Dort zog er einen Verbindungsdraht zurück, der an einer Elektrisierungsmaschine befestigt war, und wir packten diese Maschine samt den anderen Utensilien zurück in den Koffer, dem sie entnommen waren. Die Maschine hatte Holmes, wie er mir nun erklärte, in einer Kammer im Schloss gefunden, sie gehörte einem Physiker namens Pyle, der sie schon vor siebzehn Jahren hierher gebracht hatte im Versuch, das Phänomen der Wolkenformationen zu studieren. Ich war voller Fragen, vor allem aber erleichtert, daß Holmes bei dieser Untersuchung das Heft in die Hand genommen und keineswegs seine Zeit mit Albernheiten verbracht hatte. Obwohl ich verwirrt war und übermüdet, spürte ich nun, daß ich mich um das weitere Schicksal des jungen Holmes keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Er wusste, was er tat, auch wenn er mir noch weniger darüber erzählen würde als sein älterer Bruder. Ich war also nicht nur schockiert und aufgewühlt, ich war zugleich erleichtert.
„ Schonen Sie Ihre Kräfte, lieber Freund“, sagte mir Holmes, bevor ich den Mund öffnen konnte. „Wir werden sie morgen brauchen.“
Und mit diesen Worten wurde ich ins Bett geschickt und schlief dankbar einen traumlosen Schlaf.
8
Am folgenden Morgen schien die Sonne und es war ungewöhnlich hell. Ich begab mich nach dem Frühstück, das von einem übernächtigen und sichtlich mitgenommenen Dienstmädchen am Bett serviert wurde, sogleich in die Bibliothek. Es war mir etwas eingefallen, das eine Erklärung für die Vorgänge der letzten Nacht bieten konnte, und ich wollte meine Vermutungen gleich vor Ort überprüfen. In den Aufzeichnungen unseres Vorgängers Shiffkowitz gab es nämlich eine vielsagende Bemerkung. Ich hatte ihr
Weitere Kostenlose Bücher