Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Amphore mit den Überresten des Eishauptes vermengte. Aber ich brachte es nicht umhin, Holmes davon zu erzählen.
„ Immerhin haben wir einen Teil der Masse, die ihn ausgemacht hat, der Zirkulation entzogen“, fuhr er in seinen Gedanken fort. „Das kann heißen, daß das Gespenst, wenn es denn auftritt, womöglich auf einem Bein hinken würde. Es kann aber auch heißen, daß es erst dann wieder leben kann, wenn wir den Stöpsel der Amphore herausziehen.“
„ Das wäre dann so eine Art Geist in der Flasche.“
„ Gut möglich.“
9
Das Dinner, das an jenem Abend wie jedem anderen Abend zuvor im Speisesaal des Schlosses abgehalten wurde an einer langen Tafel, unterschied sich kaum von den vorhergehenden. Es wurden die gleichen Speisen aufgetragen (Neben den schwarzen Fischen nahm Yorkshire Pudding dabei eine prominente Stellung ein, offenbar, weil die stellvertretende Chefköchin aus jener Gegend kam), der Ablauf der kargen Gespräche, die Choreographie der Bedienung unterschieden sich in nichts. Man hätte bei oberflächlicher Betrachtung glauben können, es hätte sich bei den Vorgängen der vergangenen Nacht um ein Trugbild gehandelt. Berücksichtigte man aber die blauen Flecken, die unser Gastgeber im Laufe des Ringkampfes davongetragen hatte, und beachtete man die völlige Niedergeschlagenheit im Gesichtsausdruck seiner Gattin, die während des gesamten Abendessens nur das Nötigste sprach, dann stellte man rasch fest, daß beide bemüht waren, durch Beherrschung und Verschweigen eine Oberfläche zu bewahren, die jederzeit vom Aufschrei der Urgewalten zerrissen werden konnte. Übrigens wechselte das Ehepaar kein Wort. Dabei möchte ich erwähnen, daß Lady Cumberton heute eine merkwürdige Art an den Tag legte, ihre Speisen einzunehmen. Schon beim Salat fiel mir auf, daß sie an der Scheibe Brot mit den Zähnen die Rinde losknabberte, bevor sie das weiche Innere fraß. Dieses Verhalten zog sich bis zum Nachtisch durch, wo sie den Muskattrauben mit den Zähnen die Haut abzog. Während dieser ganzen Unternehmungen sah sie uns mitunter völlig unvermittelt und bedeutungsvoll an.
Die Lage besserte sich erst, als sich Mylady zurückzog und die Männer in den Rauchersalon wechselten. Cumberton-Shoyle, der sich wie jeden Abend eine dicke Zigarre gönnte, hielt es dann beim Sherry für notwendig, einen Bezug zur vergangenen Nacht herzustellen, als er anmerkte: „Nun, ich hoffe, Sie verstehen Spaß.“
„ Wie bitte?“ fragte Holmes, der genau wusste, worum es sich handelte.
„ Ich gebe zu, daß Ihr Sinn für Humor kürzlich stark strapaziert wurde. Andererseits muß ich sagen, daß dergleichen in unserer Familie fast gewöhnlich ist und sozusagen ein Basisrisiko, daß Sie eingehen, schon wenn Sie die Einladung annehmen, nach Tyne zu kommen. Solche Dinge passieren eben.“
Holmes hatte sich eben eine Pfeife angezündet, was seiner freundlichen Gleichgültigkeit noch einen gewissen Pfiff verlieh. „Oh, durchaus“, meinte er. „Sofern ich nicht meinerseits Anlass gab, Ihren Sinn für Humor zu stark in Anspruch zu nehmen.“
„ Keineswegs, lieber Holmes, nein, Sie wissen schon: Körperliche Ertüchtigung, und so weiter.“
„ Ein Gerangel unter Freunden“, meinte Holmes.
„ Genau. Und wenn wir schon beim Thema sind: Was zum Teufel ist eigentlich gestern Nacht passiert?“
„ Erinnern Sie sich daran?“
Seine Lordschaft grinste verlegen. „Ja, gewissermaßen. Ich glaube, wir kamen uns vor der Kammer meiner Frau in die Quere.“
„ Sie waren vielleicht etwas zu rasch geweckt worden ...“ deutete Holmes an.
„ Das allerdings.“
„ Durch Hilferufe, nicht wahr?“
„ Ja. Ich dachte, Elin sei in Gefahr.“
Holmes
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