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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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an­leg­te, die eher aus folk­lo­ris­ti­schen Grün­den in die­ser Kam­mer steht. Ich hat­te sie noch nie ge­tra­gen, und stieg doch geis­tes­ab­we­send in sie hin­ein, um mit Ver­blüf­fung fest­zus­tel­len, daß sie wie an­ge­gos­sen pass­te. Drau­ßen auf dem Bal­kon brann­ten noch die Gas­lam­pen – Sie wis­sen, daß ich bei völ­li­ger Dun­kel­heit nicht ein­schla­fen kann und des­halb den Bal­kon schon seit Jah­ren er­leuch­tet hal­te – und be­schie­nen ei­ni­ge Mee­res­ra­ben, die sich dort ger­ne auf­grund der klei­nen Wär­me auf­hal­ten, die von den Lam­pen aus­geht. Das Glit­zern der Vo­gelau­gen brach­te mich au­ßer Fas­sung, ich kann Ih­nen nicht er­klären, warum, da ich sonst über­haupt nicht auf der­glei­chen Ein­zel­hei­ten ach­te. Es schi­en mir, ich wer­de von Ih­nen be­wacht, und die ge­rings­te Be­we­gung könn­te mich ver­ra­ten. In dem Au­gen­blick gell­te der Schrei mei­ner Frau, eine Be­stäti­gung al­ler Be­fürch­tun­gen. Ich ver­gaß die Ge­fahr, die zu­vor noch mir selbst gel­ten woll­te, riss das Schwert, das über dem Ka­min hing, von der Wand und stürz­te wie be­sin­nungs­los aus mei­ner Kam­mer. Mit ei­nem Mal sah ich Sie, Hol­mes, und ver­zei­hen Sie mir, aber, ich konn­te es nicht glau­ben, daß Sie es wirk­lich wa­ren, denn über Ih­rem Kopf, ja, dar­über, schweb­te ein wei­te­rer Kopf, gla­sig und weiß, wie von in­nen durch­leuch­tet, in Form ei­nes Vo­gel­kop­fes, mit ei­nem Schna­bel, und dar­in glit­zer­te die­sel­be Bos­heit, hä­mi­sche, tri­um­phie­ren­de Bos­heit, die ich schon kann­te. Es war wie Hohn dar­über, daß man mei­ner Frau längst einen Scha­den an­ge­tan hat­te, daß ich zu spät war. Der Scha­den wür­de nie mehr be­ho­ben wer­den, selbst wenn sie noch leb­te, sie war ver­gif­tet und auf im­mer für mich ver­lo­ren. In dem Mo­ment ging ich auf Sie los, aber Hol­mes, bit­te neh­men Sie noch ein­mal mei­ne Ent­schul­di­gung da­für ent­ge­gen, ich mein­te nicht Sie, ich mein­te den Ra­ben. Er lach­te, und tückisch schleu­der­te er sei­nen Schna­bel nach mir, traf mich am Arm und ent­waff­ne­te mich. Da­nach weiß ich nichts mehr.“
    Cum­ber­ton-Shoy­le hat­te ge­drängt ge­spro­chen, und das Grau­en sei­ner Er­in­ne­rung hielt ihn ge­packt, als er fast erster­bend sei­ne Erzäh­lung be­en­de­te.
    „ Ich verste­he“, sag­te Hol­mes. Ich be­trach­te­te ihn, ver­such­te, in sei­nen Mie­nen zu le­sen, ob er von der Erzäh­lung eben­so be­ein­druckt war wie ich, ob er sie glaub­te oder in das Reich der Phan­ta­sie ver­bann­te. Wohl wuss­te ich aus mei­ner me­di­zi­ni­schen Vor­bil­dung, daß epi­lep­ti­sche At­tacken oft mit il­lu­sio­nären Ver­ken­nun­gen ein­her­ge­hen, die man Au­ren nennt. So konn­te er die Fackel, die Hol­mes als Waf­fe be­nutzte, als den hell durch­schei­nen­den Kopf ei­nes Vo­gels ver­kannt ha­ben. Und doch be­stürz­te mich die Vors­tel­lung, es kön­ne sich da­bei schon um den Kopf des Eis­manns ge­han­delt ha­ben, der nach dem Sturz der Skulp­tur aus Schnee vom Kör­per brach, de fac­to ge­köpft und da­durch frei wur­de. Ich ver­fluch­te mich, den Kopf die­ser Skulp­tur, als wir sie fan­den, nicht be­wusst ge­sucht zu ha­ben, ich hielt ihn für zer­schmet­tert zur amor­phen Mas­se Schnee.
    „ Wie groß war die­ser Kopf, be­schrei­ben Sie ihn doch ge­nau­er, Sir Os­win“, bat Hol­mes. Der An­ge­spro­che­ne wisch­te sich mit ei­nem Ta­schen­tuch über das Ge­sicht. Er sog an sei­ner Zi­gar­re, aber sie war aus­ge­gan­gen. Ich sah, daß sei­ne Hän­de zit­ter­ten, als er ver­such­te, sie wie­der an­zuzün­den. „Ich wür­de sa­gen, etwa dop­pelt so groß“, sag­te er.
    „ Wie groß war der Schna­bel?“
    „ Nicht sehr lang. Eher wie der ei­nes Ad­lers.“
    „ Es war ein Vo­gel­kopf, kein Men­schen­kopf?“
    „ Ja.“
    „ Konn­te man einen Hals se­hen?“
    „ Nein.“
    „ Und die Au­gen wa­ren schwarz oder weiß oder ...“
    „ Eher wie zwei Höhlen. Und doch fühl­te man sich be­ob­ach­tet.“
    „ Gab es eine fes­te Ver­bin­dung mit mei­nem Kör­per?“
    „ Nein. Wenn ich es ge­nau über­le­ge, dann hat­te ich den Ein­druck, die Er­schei­nung ste­he hin­ter Ih­nen, lie­ße

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